Archiv


Ein Schwimmbad im Baucontainer

Berlin - Stichwort: arm, aber sexy - weiß, worauf es bauen kann, auf Tourismus, auf Kultur, auf die sogenannte kreative Klasse, auf seine ganz speziellen vielfältigen urbanen Qualitäten. Der Senat hat einen Urban Intervention Award ausgelobt, der Wettbewerb untersteht der Senatsbaudirektorin Regula Lüscher.

Regula Lüscher im Gespräch mit Beatrix Novy |
    Beatrix Novy: Berlin – Stichwort "arm, aber sexy" – weiß, worauf es setzen kann, nämlich auf Tourismus, auf Kultur, auf die sogenannte kreative Klasse, auf seine ganz speziellen vielfältigen urbanen Qualitäten. Aber was ist eine Urban Intervention, eine urbane Intervention? Ist das vielleicht der zum Plansch- und Schwimmbecken umgerüstete Baucontainer, der auf einer Web-Seite zum Urban Intervention Award abgebildet ist, oder ist es die Sache mit den Farbeimern, die auf dem Rosenthaler Platz mal ausgekippt wurden (den Rest besorgten dann Radfahrer und Autofahrer) – Farben am Rosenthaler Platz? – Der Senat hat einen Urban Intervention Award ausgelobt. Dieser Wettbewerb untersteht der Senatsbaudirektorin Regula Lüscher. Frau Lüscher, auf einer Internet-Seite werden Sie gelobt, weil die urbane Intervention jetzt also auch beim Berliner Senat angekommen sei. Heißt das also, urbane Intervention, das ist schon ein fest umrissener Begriff?

    Regula Lüscher: Ja, offensichtlich. Ich habe diese Internet-Seite auch gelesen. Aber ehrlich gesagt, erst nachdem wir unser Preisausschreiben sogenannt haben, weil wir einfach noch mal sehen wollten, was läuft eigentlich sonst noch unter diesem Titel. Für uns ist es aber schon wichtig, dass es um gebaute Projekte geht einerseits. Es geht um Architektur, natürlich. Es geht aber auch um Projekte, die in einem städtischen Kontext eine Intervention machen, einen Eingriff machen, der eben auch Stadtentwicklungsprozesse initiiert. Und weil das oftmals nicht nur fertig gebaute Projekte sind, Projekte, die für immer stehen, sondern es eben auch viele temporäre Projekte und Interventionen gibt, wollen wir in diesem Preis sowohl gebaute Projekte auszeichnen, als auch temporäre Interventionen. Also es gibt zwei Preise, die zu vergeben sind.

    Novy: Das heißt, der Fantasie sind im zweiten Fall dann auch keine Grenzen gesetzt? Temporäre Nutzungen von Brachen, von Grundstücken, die gerade nicht genutzt werden, das gibt es ja viel, gerade in Berlin. Was kann man sich denn vorstellen? Nennen Sie doch nur ein Beispiel, was Sie denken, was da ankommt, wenn diese Wettbewerbsbeiträge bei Ihnen einlaufen?

    Lüscher: Ich könnte mir vorstellen, dass zum Beispiel das Badeschiff, das an der Spree aufgebaut wurde, dass das ein Projekt ist, das man hätte eingeben können. Jetzt ist es natürlich so, dass ich möglichst jetzt nicht Projekte nennen will, die eine Chance haben, einen Preis zu gewinnen, aber einfach so was könnte man sich vorstellen. Oder vielleicht auch ein ausländisches Beispiel, das in Wien stattgefunden hat. Das ist so eine Intervention unter einer Brücke, eine Ansammlung von Containern, allerdings von einem Architekten gestaltet, und dort drinnen gab es viele kulturelle Veranstaltungen, und dieses Projekt hatte aber auch nur einen begrenzten Zeitraum.
    Für uns ist es wichtig, dass es aber nicht nur um Architektur geht – das auch -, aber dass wir gleichzeitig eine Kooperation unter verschiedenen Partnern auszeichnen wollen, kluge innovative Nutzungskonzepte und eben auch exzellente Gestaltung. Also es ist so eine Mischung, dass wir auch ein bürgerschaftliches Engagement fördern wollen und die Zusammenarbeit zwischen ganz unterschiedlichen Partnern, öffentliche Hand mit Privaten, mit Investoren, mit Künstlern, mit Bürgern, je nachdem welche Kooperationen sich eben ergeben.

    Novy: Sie suchen Pioniere, die also im Stadtgeschehen neue Möglichkeiten aufmachen. Es soll ja wohl auch eine Anregung für Berlin sein, oder?

    Lüscher: Eine Anregung für Berlin, oder vielleicht viel mehr ein in die Welt hinaustragen, welche Qualitäten und welche Initiativen eben in Berlin sind.

    Novy: Da möchte ich noch mal auf einen Text in der Auslobung kommen. Hier steht, "dabei geht es vor allem um die kreative Entwicklung neuer urbaner Orte von hoher architektonischer Qualität, die in ihrer vitalen Ausstrahlung auf das Umfeld Vorbildcharakter haben". So weit ein Teil der Ausschreibung. Nun gibt es ja in Berlin solche Orte, zum Beispiel das Tacheles oder die Nutzung des Postfuhramts. Beide sind bedroht, beziehungsweise werden wegfallen.

    Lüscher: Ja. Ich glaube, ein solcher Preis kann auch das Verständnis für die Wichtigkeit solcher Initiativen einfach nach außen tragen, und ich glaube, dass ein solcher Preis auch zeigen kann, es geht nicht immer nur um Investoren-Architektur oder um öffentliche Bauten, die Stadtentwicklung auslösen, sondern es geht eben auch darum, dass Private die Initiative ergreifen und dann aber – und ich glaube, das ist ein wesentlicher Punkt – Projekte umsetzen, die eben auch eine architektonische Qualität und Exzellenz haben. Es ist schlussendlich doch auch ein Architektur- und Städtebaupreis.

    Novy: Dank an Regula Lüscher, Senatsbaudirektorin in Berlin. Der Wettbewerb Urban Intervention Award läuft noch, ist noch offen. Im Herbst wird man dann mehr davon hören.

    Weitere Informationen:
    Projektaufruf: Urban Intervention Award