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Ein weiterer Kommissar aus Malta mit Problemen

Maltas Außenminister Tonio Borg startet seine Norminierung zum EU-Gesundheitskommissar gleich mich Hindernissen: Denn die Opposition im eigenen Land macht ihn schon im Vorfeld madig, wirft ihm vor, offen homophob zu sein. Bereits sein Vorgänger musste auf Druck von EU-Kommissionspräsident Barroso schnell abdanken.

Von Tilmann Kleinjung | 22.10.2012
    Tonio Borg wird es nicht leicht haben, wenn er dem EU-Parlament als nominierter Kommissar Rede und Antwort stehen muss. Dabei wird es weniger um die Kompetenz des maltesischen Außenministers in seinem künftigen Tätigkeitsfeld gehen: Gesundheit und Verbraucher. Die Parlamentarier werden vermutlich auch die Frage stellen, wie denn Tonio Borg über Homosexualität, Abtreibung und Ehescheidung denkt. Borg sei offen homophob, außerdem sei der überzeugte Katholik in der Vergangenheit durch seine strikt ablehnende Position bei Ehescheidung und Abtreibung aufgefallen. So macht Maltas Labour-Opposition den neuen Kommissar schon vor Amtsantritt madig. Doch der zeigte sich vor seinem Abflug nach Brüssel im maltesischen Fernsehen erst einmal demütig:

    "Meine parlamentarische Erfahrung wird mir sicherlich helfen, die Beziehung zu stärken, die ein Kommissar zum EU-Parlament haben sollte. Das ist natürlich besonders wichtig, nachdem das Parlament durch den Vertrag von Lissabon mehr Macht bekommen hat."

    Zu den Kompetenzen des EU-Parlaments zählt die Befragung jedes Kandidaten für die Kommission mit dem Recht, danach eine Stellungnahme abzugeben. Die "Times of Malta" erinnert in diesem Zusammenhang an die gescheiterte Kandidatur des Italieners Rocco Buttiglione im Jahr 2004, der mit seinen Äußerungen zur Homosexualität und zur Rolle der Frau in der Gesellschaft im Parlament angeeckt war. Tonio Borg sagt: Man darf niemanden in eine Schublade stecken. Und: "Man darf mich nicht meiner Werte berauben."

    "Jetzt treffe ich mich am Montag erst einmal mit dem Kommissionspräsidenten. Und dann bereite ich mich auf den Posten vor. Die Prüfung durch das Parlament ist ein gutes System, wo man seine Argumente darlegen kann, wie man der Kommission dienen will. Meine Vorbereitung darauf wird natürlich etwas Zeit brauchen."

    Tonio Borg soll seinen Landsmann John Dalli als Gesundheitskommissar ersetzen. Der musste zurücktreten, weil ein maltesischer Geschäftsmann behauptet hatte, er könne mit Geld Einfluss auf den Kommissar und die neue Tabakrichtlinie der EU nehmen. 60 Millionen Euro soll der Lobbyist vom schwedischen Tabakkonzern Swedish Match gefordert haben, um eine Aufhebung des EU-weiten Handelsverbots für den Lutschtabak "Snus" durch Dalli zu erreichen.

    "Ich dementiere, etwas von einem solchen Geschäft gewusst zu haben", sagte Dalli der Zeitung "Malta Today". Besonders enttäuscht sei er von Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso, der ihm keine Gelegenheit gegeben habe, die Vorwürfe zu prüfen, geschweige denn sich zu verteidigen.

    "Ich habe ihn um 24 Stunden gebeten, um darüber nachzudenken und rechtlichen Beistand zu suchen. Und er sagte: Ich gebe dir 30 Minuten. So geht man nicht mit Leuten um. Die bürgerlichen Rechte jeder Person müssen gewahrt bleiben."

    In Malta empfindet man den Rücktritt des Ex-Kommissars als ungerecht, vor allem die Umstände dieses Rücktritts. Auch Dallis designierter Nachfolger Tonio Borg erwartet, dass bei den anstehenden Untersuchungen alle Personen die Gelegenheit haben, "ihre Position zu rechtfertigen".