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Eine füllige Partnerin soll es sein

Medizin. – Partnersuche und Sexualität haben für manche und manchen nicht nur angenehme Seiten. Doch was Mitglieder der einen oder anderen Gattung aus dem Tierreich veranstalten und über sich ergehen lassen, um sich fortzupflanzen, nimmt mit unter bizarre Formen an. Besonders exzentrisch lassen es Löcherkraken angehen. Ihre gerade zwei Zentimeter messenden Männchen suchen zeitlebens ihre Traumfrau: Sie sollte 100 mal größer und 40.000 mal schwerer sein.

    Die meiste Zeit ihres Lebens wandeln Löcherkraken auf Liebespfaden, um die passende Partnerin zu finden. Und findet sich schließlich eine attraktive Gefährtin, dann ist die Bindung für das Leben sprichwörtlich, denn sie bedeutet für den Gatten ein schnelles Ende - Löcherkrakenmännchen sterben direkt nach der Paarung. Erst kürzlich entdeckten australische Biologen am Großen Barriere Riff erstmals eine lebende männliche Löcherkrake. Mit einer Länge von gerade zwei Zentimetern beeindruckt das seltene Wesen zunächst wenig. Umso ungewöhnlicher fällt jedoch der sexuelle Geschmack des Winzlings aus, denn die Angebetete sollte schon etwa 100 mal größer sein als er selbst und möglichst rund 40.000 mal schwerer. "Das Weibchen ist etwa so groß. "Das Weibchen ist etwa so groß wie ein Mensch, obwohl es natürlich wegen seiner zarten Struktur viel leichter ist: Das Männchen dagegen hat ungefähr die Größe einer Walnuss und ist damit gerade so groß wie das Auge des Weibchens. Das ist ein ungeheurer Größenunterschied zwischen den beiden", berichtet Tom Tregenza. Der Biologe von der Universität Leeds forschte gerade in Australien, als seinen Kollegen das winzige Tintenfisch-Männchen ins Netz ging.

    Tregenza glaubt, dass der bizarre Größenunterschied dennoch Sinn macht: "Wenn die Männchen sehr klein bleiben, werden sie sehr schnell geschlechtsreif und können sich früher fortpflanzen." Der Grund zur Eile liegt nicht allein in schnellem Sex und einer raschen Generationsfolge. Vielmehr treffen die kleinen Kraken-Liebhaber nur sehr selten auf ein Weibchen und wenn das passiert, dann muss man eben bereit sein, denn es könnte die einzige Chance in einem kurzen Leben sein, ihren genetischen Schatz in die Nachwelt zu retten. Das ist zwar plausibel, doch erklärt es nicht, warum die Krakendamen in einem völlig anderen Maßstab daher kommen. Auch hierfür hat Tom Tregenza eine Erklärung: "Der Grund dafür ist ziemlich sicher, dass es eigentlich immer Vorteile für Weibchen hat, groß zu werden. Denn je größer sie sind, desto mehr Eier können sie legen. Sie können umso mehr und größeren Nachwuchs zeugen. Für ein Weibchen erhöht sich also der reproduktive Erfolg mit zunehmender Größe." Männchen dagegen hätten von einem größeren Wuchs nur dann Vorteile, wenn sie bei der Aufzucht der Jungen helfen oder mit anderen Männchen konkurrieren müssten. Da sie die aber genauso selten treffen wie Weibchen, lohnt es nicht, dafür zu wachsen.

    Trifft der kleine Oktopus-Mann nun doch einmal auf ein Weibchen, dann geht er gleich in die Paarungsoffensive. Eigens hierfür besitzt er einen besonderen Tentakel, der mit Sperma gefüllt ist. Bei der Paarung reißt der Arm kurzerhand ab und wandert in eine Körperhöhlung des Weibchens, wo sie ihn aufbewahrt. Dazu der britische Biologe: "Wenn das Weibchen dann Eier legen möchte, fasst sie in ihre Körperhöhlung, kramt einen der Arme heraus, die dort lagern, und quetscht das Sperma aus ihm wie aus einer Zahnpastatube. Sie verteilt den Inhalt über ihre Eier und befruchtet sie so." So besteht die einzige Konkurrenz der kleinen Krakenmännchen in der Lotterie ihrer Geschlechtsärmchen. Doch diesen Moment erleben sie nicht – sie sterben, wenn sie ihren Arm verlieren.

    [Quelle: Barbara Witthuhn]