Genau auf der Insel Madeira findet sich denn auch eine verwitterte, auf das Jahr 1875 datierte Inschrift "Hier wurde zum ersten Mal auf portugiesischem Boden Fußball gespielt." Der Pionier war der Engländer Harry Hilton, der sich einen Lederball aus der Heimat hatte schicken lassen. Auch Cascais bei Lissabon reklamiert für sich, Wiege des nationalen Fußballs zu sein. Hier fand 1888 das erste Spiel statt, in dem sich zweimal elf Mann gegenüberstanden. Erneut weist die Spur nach England. Der Organisator des historischen Spiels hatte dort studiert.
Die Kunde von dem populären Sport erreichte schnell den portugiesischen König. Der Monarch wollte der wachsenden republikanischen Stimmung Herr werden und gab sich deshalb betont volkstümlich. Da kam ihm der Fußball gerade recht. König Carlos stiftete die erste offizielle Trophäe. Auswahlmannschaften der Regionen Porto und Lissabon traten 1894 gegeneinander an. Lissabon gewann zwei zu Null, und ganz nebenbei war die große Rivalität des portugiesischen Fußballs geboren. Dem König half die Hinwendung zum Volk über den Sport nicht - 1908 wurde er ermordet. Der Aufstieg des Fußballs blieb aber auch in der jungen Republik unaufhaltsam. Vereine schossen wie Pilze aus dem Boden. Überall wurden Fußballplätze angelegt.
1921 fand das erste Länderspiel statt und brachte eine eins zu drei Niederlage gegen Spanien in Madrid. Auch später kam erst einmal nur der Nachbar als Länderspielgegner in Frage. Alles andere wäre von den Reisekosten her zu teuer gewesen. Schon in den frühen Jahren dominierten die Clubs, die bis heute in Portugal als "die großen drei" bekannt sind: Benfica und Sporting aus Lissabon sowie der F.C. Porto, der auch die erste portugiesische Liga-Meisterschaft gewann. Das war 1939.
Da war Portugal schon viele Jahre eine Diktatur. Der starke Mann hieß Salazar. Für den Premierminister war Fußball ein Mittel, um das Volk ruhig zu stellen. Brot und Spiele eben. Fußballstadien waren fast die einzigen Orte, an denen sich mehr als fünfzig Menschen ungestraft versammeln durften. Benfica holte in den 60er Jahren zwei Mal den europäischen Meistercup. Die Nationalmannschaft wurde bei der WM 1966 in England sensationell Dritter. All das nutzte auch dem Regime in Lissabon. Die Erfolge sollten über die Armut hinwegtrösten und die Kriege in den Kolonien verdrängen.
Aus einer dieser Kolonien kam der Mann, der die große Zeit des portugiesischen Fußballs geprägt hat - der Mosambikaner Eusébio. Auf ihn und die anderen afrikanischen Fußballstars verwies das Salazar-Regime gerne. Die Propaganda-Botschaft lautete: in Portugal gehören weiß und schwarz, Mutterland und Kolonien fest zusammen.
Die Nelken-Revolution vom 25. April 1974 stürzte die Diktatur. Der Fußball dümpelte erst einmal eine Weile vor sich hin. Mit dem Ende des Kolonialreichs war auch der Strom der Talente aus Mozambique und Angola versiegt.
In den Achtzigern löste der Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft einen Boom aus. Auch für den Sport gab es bessere Voraussetzungen - und neue Erfolge. 1984 erreichte Portugal mit Stars wie Futre und Nené bei der ersten EM Teilnahme gleich das Halbfinale. Und 1987 schlug der F.C. Porto im Endspiel um den europäischen Meistercup den hohen Favoriten Bayern München.
Auch für die Nachwuchs-Förderung gab es mehr Geld und eine bessere Infrastruktur. Die Junioren wurden mehrfach Weltmeister. Für die Spieler um Luis Figo und Rui Costa war schnell der Begriff "goldene Generation" gefunden. Sie haben sich inzwischen bei den großen Clubs in Europa durchgesetzt, aber noch keinen großen Erfolg mit der Nationalmannschaft gewonnen.
Bei der EM vor vier Jahren brillierte Portugal und scheiterte wie schon 1984 erst im Halbfinale in der Verlängerung an Frankreich. Doch die WM in Japan und Korea vor zwei Jahren war dann wieder eine komplette Enttäuschung. Vielleicht gelingt der Durchbruch ja diesmal bei der EM im eigenen Land. Für die goldene Generation, die inzwischen silberne Haare an den Schläfen hat, ist es die letzte Chance.
Gesendet im Deutschlandfunk, "Sport am Sonntag", 30.5.2004
Die Kunde von dem populären Sport erreichte schnell den portugiesischen König. Der Monarch wollte der wachsenden republikanischen Stimmung Herr werden und gab sich deshalb betont volkstümlich. Da kam ihm der Fußball gerade recht. König Carlos stiftete die erste offizielle Trophäe. Auswahlmannschaften der Regionen Porto und Lissabon traten 1894 gegeneinander an. Lissabon gewann zwei zu Null, und ganz nebenbei war die große Rivalität des portugiesischen Fußballs geboren. Dem König half die Hinwendung zum Volk über den Sport nicht - 1908 wurde er ermordet. Der Aufstieg des Fußballs blieb aber auch in der jungen Republik unaufhaltsam. Vereine schossen wie Pilze aus dem Boden. Überall wurden Fußballplätze angelegt.
1921 fand das erste Länderspiel statt und brachte eine eins zu drei Niederlage gegen Spanien in Madrid. Auch später kam erst einmal nur der Nachbar als Länderspielgegner in Frage. Alles andere wäre von den Reisekosten her zu teuer gewesen. Schon in den frühen Jahren dominierten die Clubs, die bis heute in Portugal als "die großen drei" bekannt sind: Benfica und Sporting aus Lissabon sowie der F.C. Porto, der auch die erste portugiesische Liga-Meisterschaft gewann. Das war 1939.
Da war Portugal schon viele Jahre eine Diktatur. Der starke Mann hieß Salazar. Für den Premierminister war Fußball ein Mittel, um das Volk ruhig zu stellen. Brot und Spiele eben. Fußballstadien waren fast die einzigen Orte, an denen sich mehr als fünfzig Menschen ungestraft versammeln durften. Benfica holte in den 60er Jahren zwei Mal den europäischen Meistercup. Die Nationalmannschaft wurde bei der WM 1966 in England sensationell Dritter. All das nutzte auch dem Regime in Lissabon. Die Erfolge sollten über die Armut hinwegtrösten und die Kriege in den Kolonien verdrängen.
Aus einer dieser Kolonien kam der Mann, der die große Zeit des portugiesischen Fußballs geprägt hat - der Mosambikaner Eusébio. Auf ihn und die anderen afrikanischen Fußballstars verwies das Salazar-Regime gerne. Die Propaganda-Botschaft lautete: in Portugal gehören weiß und schwarz, Mutterland und Kolonien fest zusammen.
Die Nelken-Revolution vom 25. April 1974 stürzte die Diktatur. Der Fußball dümpelte erst einmal eine Weile vor sich hin. Mit dem Ende des Kolonialreichs war auch der Strom der Talente aus Mozambique und Angola versiegt.
In den Achtzigern löste der Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft einen Boom aus. Auch für den Sport gab es bessere Voraussetzungen - und neue Erfolge. 1984 erreichte Portugal mit Stars wie Futre und Nené bei der ersten EM Teilnahme gleich das Halbfinale. Und 1987 schlug der F.C. Porto im Endspiel um den europäischen Meistercup den hohen Favoriten Bayern München.
Auch für die Nachwuchs-Förderung gab es mehr Geld und eine bessere Infrastruktur. Die Junioren wurden mehrfach Weltmeister. Für die Spieler um Luis Figo und Rui Costa war schnell der Begriff "goldene Generation" gefunden. Sie haben sich inzwischen bei den großen Clubs in Europa durchgesetzt, aber noch keinen großen Erfolg mit der Nationalmannschaft gewonnen.
Bei der EM vor vier Jahren brillierte Portugal und scheiterte wie schon 1984 erst im Halbfinale in der Verlängerung an Frankreich. Doch die WM in Japan und Korea vor zwei Jahren war dann wieder eine komplette Enttäuschung. Vielleicht gelingt der Durchbruch ja diesmal bei der EM im eigenen Land. Für die goldene Generation, die inzwischen silberne Haare an den Schläfen hat, ist es die letzte Chance.
Gesendet im Deutschlandfunk, "Sport am Sonntag", 30.5.2004