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Eine Mumie im Schönheitssalon

Archäologie. - Die Ägypterin Ni-Maat-re starb mit 25 Jahren, irgendwann zwischen 270 und 210 vor Christus. Allerdings kann sie keine Adlige oder Königin gewesen sein, denn ihre Einbalsamierung verlief doch eher schlammpig. Heute liegt die Mumie in den vatikanischen Museen in Rom und wurde gerade aufwändig restauriert.

Von Thomas Migge |
    "Die Mumie befand sich in einem extrem schlechten Zustand. 1894 wurde sie Papst Leo XIII. geschenkt und seit 1991 lag sie in unseren Magazinen, weil sich ihr Zustand ständig verschlechterte. Die schlecht balsamierte Haut hatte sich auf dem gesamten Rücken zersetzt. Die Knochen traten heraus."

    Und so entschieden sich die in den vatikanischen Museen arbeitende Ägyptologin Alessia Amenta und ein Team aus Biologen der Uni Pisa, aus Paläontologen, Radiologen, Restauratoren der vatikanischen Museen und Medizinern Ni-Maat-Re zu restaurieren. Das weltweit erste Projekt einer kompletten Mumien-Restaurierung begann vor rund sechs Jahren und ist jetzt als abgeschlossen. Ein Pionierprojekt, das beweist, dass Mumien in schlechtem Zustand gerettet werden können. Alessia Amenta:

    "Wir haben die Mumie auf den Bauch gelegt. Das wagte bisher niemand, weil das sensible Haut- und Knochenmaterial bei solchen Aktionen in 1000 Stücke zerfallen kann. Wie nutzten für diesen Versuch Gips. Die Vorderseite des toten Körpers bedeckten wir zunächst mit einem antistatischen Stoff, um die ursprünglichen Materialien der Bandagen nicht zu beschädigen, und dann mit einer Gipsschicht."

    Anschließend entfernte man die noch weiche Gipsform. Nachdem sie trocken und hart war, legten die Forscher sie erneut auf die leiblichen Überreste von Ni-Maat-Re und konnten sie dann umdrehen - ohne Gefahr zu laufen, dass die Mumie zu Schaden kam. Auf diese Weise konnte die zersetzte Rückenpartie eingesehen und erforscht werden: Alessia Amenta und ihre Kollegen entnahmen sämtliche Innereien, untersucht sie und legten sie später wieder in den Körper. Mit einer Sonde maßen die Forscher die inneren Dimensionen des Oberkörpers aus und rekonstruierten am Computer die ursprüngliche Form der Wirbelsäule. Die einzelnen auf dem Sarkophagboden lose herumliegenden Wirbel wurden dafür digital erfasst und virtuell wieder so zusammengesetzt, wie sie zu Lebzeiten aufeinander lagen. Mit den Jahrhunderten waren die Wirbel auseinander gebrochen. Alessia Amenta:

    "Nach der Wiederherstellung der ursprünglichen Wirbelsäulenform gingen wir an die Rekonstruktion der äußeren Rückenpartie der jungen Frau. Dafür nutzten wir leicht formbares Epoxidharz von hoher Festigkeit und chemischer Beständigkeit. Die rekonstruierte Wirbelsäule, die jetzt von einer hauchdünnen Kunstharzschicht zusammengehalten wird, und die Schulterknochen gaben uns ja wesentliche Informationen über die mögliche Form der Rückenpartie."

    Den Brustkorb von Ni-Maat-Re, der bis auf vertrocknete Gewebereste leer war, füllte das Restauratorenteam mit Kunststoffkissen aus, um die einstigen Körperwölbungen der Ägypterin wieder herzustellen. Anschließend wickelten die vatikanischen Mumienretter diejenigen Stellen der toten Dame, die in früheren Zeiten mit Bandagen geschützt waren, von denen sich die meisten zersetzten, neu ein. Mit einem Nylonmaterial, das zuvor bereits am ägyptischen Museum in Turin erfolgreich getestet wurde. Es handelt sich um simplen Nylonstoff, der die gleiche Farbe hat wie die antiken Bandagenreste. Auf diese Weise konnte der altägyptische Bandagenkonkon komplett rekonstruiert werden. Die Mumie sieht nun wieder so aus, als ob man sie gerade erst aus ihrem Grab geholt hätte.