Southampton, England; zwei Computer, ein Konferenztisch im Parterre eines Stadthauses, an den Wänden Kinderbilder. In diesem bescheidenen Ambiente publiziert der simbabwische Journalist Wilf Mbanga mit seiner Frau Trish das vielleicht wichtigste Medium seines Landes – die Wochenzeitung "The Zimbabwean".
"Mir wurde klar, dass wir dreieinhalb Millionen Simbabwer in der Diaspora alle ein gleiches Anliegen haben: Wir wollen wissen, was in unserer Heimat vor sich geht. Um diesem Bedürfnis zu entsprechen, ging ich nach Großbritannien und gründete im März 2005 den "Zimbabwean" – eine Zeitung, die sowohl meine Landsleute im Exil erreichen als auch das Informationsbedürfnis im Lande selbst befriedigen soll."
In den 70er Jahren war Mbanga Redakteur des Johannesburger "Star" und glühender Bewunderer Robert Mugabes. Damals galt er noch als Kämpfer gegen die Rassendiskriminierung, unter der der Farbige Wilf und seine weiße Frau Trish Tag für Tag litten. Nach Mugabes Machtübernahme wurde Wilf Chef der staatlichen Nachrichtenagentur Simbabwes. Erst, als in den 90er Jahren immer mehr Oppositionelle verschwanden und bei der Wahl 1995 unübersehbar betrogen wurde, distanzierte sich der Journalist von seinem Idol. 1999 gründete er Simbabwes erste unabhängige Tageszeitung, die "Daily News" - ein nüchtern berichtendes Blatt, das binnen weniger Monate die staatliche Konkurrenz "Herald" ausstach.
Das Regime jedoch schlug zurück – mit Bombenanschlägen, mit Verhaftungen von Redakteuren und im Jahr 2003 mit dem berüchtigten AIPA-Gesetz, nach dem Medien und Journalisten nur mit staatlicher Genehmigung arbeiten dürfen.
Am 3. September besetzten Polizisten die Redaktion der "Daily News", beschlagnahmte Computer, Möbel, Fahrzeuge; Mbanga floh ins Exil. Das Geld für eine neue Zeitung gaben ihm die Stiftung der britischen Zeitung "Guardian", der Philanthrop George Soros und alte Freunde aus der Anti-Rassismus-Szene, die 20 Jahre zuvor Mugabe unterstützt hatten.
"Wir halten Mugabe den Spiegel vor, indem wir seine Menschenrechtsverletzungen dokumentieren, seinen Bruch der Gesetze, seine Manipulation von Wahlen, die Zerstörung der Demokratie in Simbabwe. Wir fühlen uns als Stimme derer im Lande, die den Mund halten müssen und vielfach in Hoffnungslosigkeit verfallen sind. – Der Zimbabwean jedoch hält die Fahne hoch; er zeigt den Simbabwern Licht am Ende des Tunnels; er dokumentiert – in Bildern, Berichten und Zeugenaussagen – Mugabes Verbrechen gegen das Volk; für jenen Tag, an dem die Schuldigen hoffentlich zur Verantwortung gezogen werden."
Im Townhouse der Mbangas laufen täglich Hunderte von E-Mails ein: Korrespondenten aus Neuseeland, Australien und Kanada berichten über die simbabwische Exilszene; Mitarbeiter in Simbabwe selbst sind Journalisten, Jesuitenpater und einfache Bürger. Honorare gibt es nicht, und…
"Niemand weiß, wer unsere Mitarbeiter sind; und sie kennen sich auch gegenseitig nicht – aus gutem Grund: Wenn einer verhaftet wird, kann er auch unter der Folter keinen anderen verraten. Diese Mitarbeiter mailen uns ihre Berichte; und bisweilen bitten wir sie, die Story eines Kollegen zu überprüfen. Das muss natürlich äußerst diskret geschehen, weil keiner unserer Autoren als Journalist registriert ist. Geht einer zur Regierung und stellt dort peinliche Fragen, landet er sehr leicht im Gefängnis."
Dafür, dass der Zimbabwean pünktlich und in seriöser Aufmachung fertig wird, ist Trish Mbanga verantwortlich. Die erfahrene Zeitschriftenredakteurin bestimmt das Gesicht der Zeitung – eines aufgeräumt wirkenden Blattes mit detaillierten politischen Berichten, Kultur-Features, wirtschaftlichen Analysen und klugen Kommentaren. Jeden Dienstagabend mailt Trish 24 Seiten per Breitband-Internet an Druckereien in London und Johannesburg. Dass die Mbangas bis heute den Zimbabwean nach Harare einfliegen können, verdanken sie einer Lücke in der Gesetzgebung Mugabes – und der Diktator gilt als ausgesprochen penibler Legalist.
"Das AIPA-Gesetz schreibt vor, dass Zeitungen, die in Simbabwe produziert und gedruckt werden, registriert und lizenziert sein müssen. Über ausländische Zeitungen sagt das Gesetz nichts – was wir hemmungslos ausnutzen: Wir haben in Südafrika eine Firma gegründet, die den Zimbabwean in Johannesburg drucken lässt – womit er formal eine südafrikanische Zeitung ist. Von dieser südafrikanischen Zeitung senden wir allerdings 15.000 Exemplare nach Zimbabwe."
Es ist zehn Uhr abends in jenem Southamptoner Townhouse, wo zur Zeit das Herz der simbabwischen Pressefreiheit schlägt. "Gestern", sagt Trish Mbanga, "hat Mugabes Regierungssprecher Maßnahmen gegen den Zimbabwean angekündigt. Mag sein, den Verkauf der Zeitung in Simbabwe verbietet".
"Sollte das geschehen, werden wir in den Untergrund gehen und von dort aus mit modernster Technologie operieren – mit dem High-Tech-Äquivalent, sozusagen, zu den rumpelnden Hektographierapparaten von früher. Und es gibt viele Simbabwer, die uns dabei helfen würden."
"Mir wurde klar, dass wir dreieinhalb Millionen Simbabwer in der Diaspora alle ein gleiches Anliegen haben: Wir wollen wissen, was in unserer Heimat vor sich geht. Um diesem Bedürfnis zu entsprechen, ging ich nach Großbritannien und gründete im März 2005 den "Zimbabwean" – eine Zeitung, die sowohl meine Landsleute im Exil erreichen als auch das Informationsbedürfnis im Lande selbst befriedigen soll."
In den 70er Jahren war Mbanga Redakteur des Johannesburger "Star" und glühender Bewunderer Robert Mugabes. Damals galt er noch als Kämpfer gegen die Rassendiskriminierung, unter der der Farbige Wilf und seine weiße Frau Trish Tag für Tag litten. Nach Mugabes Machtübernahme wurde Wilf Chef der staatlichen Nachrichtenagentur Simbabwes. Erst, als in den 90er Jahren immer mehr Oppositionelle verschwanden und bei der Wahl 1995 unübersehbar betrogen wurde, distanzierte sich der Journalist von seinem Idol. 1999 gründete er Simbabwes erste unabhängige Tageszeitung, die "Daily News" - ein nüchtern berichtendes Blatt, das binnen weniger Monate die staatliche Konkurrenz "Herald" ausstach.
Das Regime jedoch schlug zurück – mit Bombenanschlägen, mit Verhaftungen von Redakteuren und im Jahr 2003 mit dem berüchtigten AIPA-Gesetz, nach dem Medien und Journalisten nur mit staatlicher Genehmigung arbeiten dürfen.
Am 3. September besetzten Polizisten die Redaktion der "Daily News", beschlagnahmte Computer, Möbel, Fahrzeuge; Mbanga floh ins Exil. Das Geld für eine neue Zeitung gaben ihm die Stiftung der britischen Zeitung "Guardian", der Philanthrop George Soros und alte Freunde aus der Anti-Rassismus-Szene, die 20 Jahre zuvor Mugabe unterstützt hatten.
"Wir halten Mugabe den Spiegel vor, indem wir seine Menschenrechtsverletzungen dokumentieren, seinen Bruch der Gesetze, seine Manipulation von Wahlen, die Zerstörung der Demokratie in Simbabwe. Wir fühlen uns als Stimme derer im Lande, die den Mund halten müssen und vielfach in Hoffnungslosigkeit verfallen sind. – Der Zimbabwean jedoch hält die Fahne hoch; er zeigt den Simbabwern Licht am Ende des Tunnels; er dokumentiert – in Bildern, Berichten und Zeugenaussagen – Mugabes Verbrechen gegen das Volk; für jenen Tag, an dem die Schuldigen hoffentlich zur Verantwortung gezogen werden."
Im Townhouse der Mbangas laufen täglich Hunderte von E-Mails ein: Korrespondenten aus Neuseeland, Australien und Kanada berichten über die simbabwische Exilszene; Mitarbeiter in Simbabwe selbst sind Journalisten, Jesuitenpater und einfache Bürger. Honorare gibt es nicht, und…
"Niemand weiß, wer unsere Mitarbeiter sind; und sie kennen sich auch gegenseitig nicht – aus gutem Grund: Wenn einer verhaftet wird, kann er auch unter der Folter keinen anderen verraten. Diese Mitarbeiter mailen uns ihre Berichte; und bisweilen bitten wir sie, die Story eines Kollegen zu überprüfen. Das muss natürlich äußerst diskret geschehen, weil keiner unserer Autoren als Journalist registriert ist. Geht einer zur Regierung und stellt dort peinliche Fragen, landet er sehr leicht im Gefängnis."
Dafür, dass der Zimbabwean pünktlich und in seriöser Aufmachung fertig wird, ist Trish Mbanga verantwortlich. Die erfahrene Zeitschriftenredakteurin bestimmt das Gesicht der Zeitung – eines aufgeräumt wirkenden Blattes mit detaillierten politischen Berichten, Kultur-Features, wirtschaftlichen Analysen und klugen Kommentaren. Jeden Dienstagabend mailt Trish 24 Seiten per Breitband-Internet an Druckereien in London und Johannesburg. Dass die Mbangas bis heute den Zimbabwean nach Harare einfliegen können, verdanken sie einer Lücke in der Gesetzgebung Mugabes – und der Diktator gilt als ausgesprochen penibler Legalist.
"Das AIPA-Gesetz schreibt vor, dass Zeitungen, die in Simbabwe produziert und gedruckt werden, registriert und lizenziert sein müssen. Über ausländische Zeitungen sagt das Gesetz nichts – was wir hemmungslos ausnutzen: Wir haben in Südafrika eine Firma gegründet, die den Zimbabwean in Johannesburg drucken lässt – womit er formal eine südafrikanische Zeitung ist. Von dieser südafrikanischen Zeitung senden wir allerdings 15.000 Exemplare nach Zimbabwe."
Es ist zehn Uhr abends in jenem Southamptoner Townhouse, wo zur Zeit das Herz der simbabwischen Pressefreiheit schlägt. "Gestern", sagt Trish Mbanga, "hat Mugabes Regierungssprecher Maßnahmen gegen den Zimbabwean angekündigt. Mag sein, den Verkauf der Zeitung in Simbabwe verbietet".
"Sollte das geschehen, werden wir in den Untergrund gehen und von dort aus mit modernster Technologie operieren – mit dem High-Tech-Äquivalent, sozusagen, zu den rumpelnden Hektographierapparaten von früher. Und es gibt viele Simbabwer, die uns dabei helfen würden."