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Eiszeit bei der Energiewende

Deutschland will bis 2020 vierzig Prozent an CO2 einsparen im Vergleich zu 1990. Dafür müssen Gebäude in Deutschland besser gedämmt werden. Die energetische Gebäudesanierung soll Eckpfeiler der Energiewende sein. Doch Bund und Länder streiten weiter darüber.

Von Andreas Baum | 09.02.2012
    Bund und Länder haben sich im Vermittlungsausschuss einmal mehr nicht über die Einzelheiten der energetischen Gebäudesanierung einigen können. Es geht im Kern um einen Steuervorteil, mit dem Hausbesitzer Teile der Sanierung von Gebäuden absetzen können. Dadurch könnten der öffentlichen Hand bis zu 1,5 Milliarden Euro an Einnahmen verloren gehen. Die Länder wehren sich bislang dagegen, auch nur einen Teil der Ausfälle zu tragen. Die Bundesregierung hat den Schuldigen für die Blockade bereits ausgemacht: Bundesumweltminister Norbert Röttgen sieht die von SPD und Grünen regierten Länder in der Pflicht, sich zu bewegen – am Ende, sagt er, wird ihnen nichts anderes übrig bleiben, als einzulenken.

    "Ich sehe schon gewisse Bewegung, denn die Position der rot-grünen Länder ist ja inakzeptabel. Alle sagen, die Energiewende muss vorangehen, und an einem Punkt müssen dann auch mal die Länder mitmachen, und dann sagen sie Nein. Wir sind für die Energiewende, aber es darf nichts kosten, nach diesem Prinzip kann man nicht Politik machen, und ich glaube es bröselt etwas bei den rot-grünen Ländern, weil es eine nicht akzeptable Verweigerungshaltung ist."

    Noch deutlicher wird Bundeswirtschaftsminister Philip Rösler (FDP). Er wirft der Opposition eine plumpe Verweigerungshaltung aus machtpolitischem Kalkül vor. Die Koalition trage die Energiewende allein, Union und FDP haben seiner Ansicht nach die Mittel für die energetische Gebäudesanierung in Eigenregie aufgestockt, die am Ende zu 10.000 neuen Arbeitsplätzen führen werden. Scheitert die Gebäudesanierung, dann ist die Energiewende in Gefahr, auch Stefan Müller, für die CSU im Vermittlungsausschuss, sieht dies so.

    "Die Gebäudesanierung ist ein wesentlicher Baustein, damit Deutschland seine Klimaziele erreichen kann. Deswegen setzen wir weiter auf die Einsichtsfähigkeit der SPD-geführten Länder, hier auch mitzumachen. Sofern keine Einigung möglich ist, was ich nicht hoffe, wird es Alternativen geben müssen, beispielsweise über ein separates Programm bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau."

    Bisherige Entwürfe sehen vor, dass Hausbesitzer zehn Jahre lang bis zu zehn Prozent ihrer Kosten steuerlich geltend machen können. Bei einem Sanierungspreis von 70.000 Euro wären das bis zu 21.000 Euro Steuervorteil. Die SPD-Länder wollen die ganze Sache anders aufziehen, weniger der kleine Häuslebauer soll ihrer Ansicht nach bevorteilt werden, sondern auch und vor allem öffentliche Bauträger, Kommunen und Länder, die für Schulen, Kindergärten und Anderes verantwortlich sind. Der sozialdemokratische Finanzminister von Nordrhein-Westfalen, Norbert Walter-Borjans, glaubt trotz der fehlenden Einigung im Vermittlungsausschuss daran, dass am Ende ein Gesetz in Kraft treten wird.

    "Es ist zunächst mal vertagt, und jetzt muss man sehen, wie man dieses von allen für wichtig gehaltene Ziel wirklich auch auf die Schiene bringt. Im Übrigen finde ich, sollte man auch nicht ganz außen vor lassen, dass bei einer steuerlichen Förderung die Sanierung öffentlicher Gebäude etwas ist, was dabei hinten runterfallen kann und ich glaube, dass gerade die öffentliche Hand, an dieser Stelle auch in die Lage versetzt werden sollte, mit gutem Beispiel voranzugehen."

    Die SPD fordert derweil Bundesbauminister Ramsauer auf, weitere 600 Millionen Euro zum Programm der energetischen Gebäudesanierung zuzuschießen. Ramsauer wird vor allem vorgeworfen, sich in seiner Weigerung, dies zu tun, hinter Bundesfinanzminister Schäuble zu verstecken. Die Koalition kontert und unterstellt den SPD-Ländern, nicht zu bereit zu sein, die Verantwortung für die Kosten der Energiewende mit zu übernehmen.