Max Uhlig wirkt nicht wie das Klischee eines Künstlers, wenn man ihn so zwischen seinen Bildern stehen sieht - fast schmal, in grauem Anzug und mit schwarzem Umhängetäschchen, der leise und beinahe schüchtern spricht. Seine Portraits scheinen da auf den ersten Blick ganz anders gestimmt zu sein. Aus einer verknäulten Vielzahl von Linien wachsen Köpfe und Gesichter hervor wie wildes Rankengewebe, das so aussieht, als habe es der Zeichner großformatig in einem exstatischen Schwung aufs Papier geworfen und als wäre dieser Zeichner ein exaltierter, nervöser Seismograph, ein "wilder Mann" vom Typ Jackson Pollock.
Doch die verschiedenen Schubladen, in die man Uhlig manchmal gesteckt hat, trügen gewaltig. Weder war er je der laute Künstler-Rebell, noch ein expressiver Zeichner oder Maler.
Die Auswahl von Portraitzeichnungen zwischen den sechziger und neunziger Jahren, mit denen das Leonhardi-Museum Uhlig zu seinem siebzigsten Geburtstag würdigt, sind nicht darauf angelegt, das Innere einer Figur nach außen zu kehren - auch wenn es so scheint, als zerflössen die Gesichter gleichsam in den breiten, geschwungenen Linien aus schwarzer Lithotusche.
Im Gegenteil: Uhlig ist ein höchst filigraner, dabei auch von Grund auf skrupulöser Konstrukteur des Figürlichen als abstrakter Form. Seine Zeichnungen tasten sich mit der allmählichen Verdichtung ihres Liniengeflechtes an ein Gesicht und dessen spezifischen Ausdruck heran, bis ein Gleichgewicht entstanden ist zwischen formaler Strenge und empfundener Präsenz eines Körpers. Die Portraits wirken nicht so, als müssten sie uns etwas Persönliches von sich mitteilen, eher als warteten sie geduldig, bis die Form, die der Zeichner ihnen gibt, sich ihnen anpasst, ihnen nahe kommt.
Ein solches Verfahren zeugt von einem höchsten Maß der Beherrschung künstlerischer Mittel. In den frühen Portraits aus den sechziger Jahren wird deutlich, wie sehr der Zeichner zwischen genialem erstem Eindruck und ständigen Zweifeln operiert, wie er sich dem Modell tastend annähert, mit einer Vorsicht, die man klassischerweise von Cézanne oder auch van Gogh und Giacometti kennt und die das Risiko des Scheiterns ständig vor Augen führt. Dass Uhlig diese Annäherungskunst zur Methode und zur Meisterschaft entwickelt hat, macht sein Werk singulär in der Nachkriegskunstgeschichte. Nicht nur bezogen auf Portraits, sondern auch auf Landschaften, die jedoch bei dieser Ausstellung in dem kleinen Dresdner Museum keinen Platz fanden.
Auch zu Zeiten der DDR, in der Uhlig seit Ende der sechziger Jahre freischaffend tätig war und nebenbei als Handdrucker für Lithografie und Radierung arbeitete, war er als Künstler durchaus anerkannt, wenngleich er sich der offiziellen sozialrealistischen Kunstdoktrin nie gebeugt hat und immer im Hintergrund stand gegenüber den echten Staatskünstlern.
Andererseits hat er sich auch nie auf die Seite eines wie auch immer motivierten Künstler-Rebellentums geschlagen, wie Baselitz oder Penck, sondern seine Eigenheit und Opposition in der kontinuierlichen Arbeit gefunden.
Nicht von ungefähr kommt Uhlig im Gespräch auf Hermann Glöckner, jenen Grand Old Man eines deutschen Konstruktivismus, der erst als alter Mann seine erste Ausstellung und allgemeine Anerkennung in einer westlichen Galerie gefunden hat. Glöckner wie Uhlig waren unabhängig allein durch die Kunst, die sie machten und dadurch, wie sie sie machten.
Und wie Glöckner erfuhr auch Uhlig erst nach der Wiedervereinigung eine heftige Umarmung durch den westlichen Kunstbetrieb, mit großen und preisgekrönten Präsentationen unter anderem auf der Biennale von Sao Paulo, zahlreichen weiteren Preisen und einer zu DDR-Zeiten undenkbaren Professur an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden. Momentan wird sein Werk auf vielsagende Weise in großen Ausstellungen in China entdeckt.
Diese persönliche Geschichte kann, wer will, im Zeichenstil Uhligs mitlesen: eine durch keine politische oder wirtschaftliche Doktrin beeinflussbare Selbstverpflichtung zum Zweifel, zur Vorsicht gegenüber dem Gegenstand, zur steten Annäherung an ein Gleichgewicht und im ständigen Bewusstsein, auch scheitern zu können.
Doch die verschiedenen Schubladen, in die man Uhlig manchmal gesteckt hat, trügen gewaltig. Weder war er je der laute Künstler-Rebell, noch ein expressiver Zeichner oder Maler.
Die Auswahl von Portraitzeichnungen zwischen den sechziger und neunziger Jahren, mit denen das Leonhardi-Museum Uhlig zu seinem siebzigsten Geburtstag würdigt, sind nicht darauf angelegt, das Innere einer Figur nach außen zu kehren - auch wenn es so scheint, als zerflössen die Gesichter gleichsam in den breiten, geschwungenen Linien aus schwarzer Lithotusche.
Im Gegenteil: Uhlig ist ein höchst filigraner, dabei auch von Grund auf skrupulöser Konstrukteur des Figürlichen als abstrakter Form. Seine Zeichnungen tasten sich mit der allmählichen Verdichtung ihres Liniengeflechtes an ein Gesicht und dessen spezifischen Ausdruck heran, bis ein Gleichgewicht entstanden ist zwischen formaler Strenge und empfundener Präsenz eines Körpers. Die Portraits wirken nicht so, als müssten sie uns etwas Persönliches von sich mitteilen, eher als warteten sie geduldig, bis die Form, die der Zeichner ihnen gibt, sich ihnen anpasst, ihnen nahe kommt.
Ein solches Verfahren zeugt von einem höchsten Maß der Beherrschung künstlerischer Mittel. In den frühen Portraits aus den sechziger Jahren wird deutlich, wie sehr der Zeichner zwischen genialem erstem Eindruck und ständigen Zweifeln operiert, wie er sich dem Modell tastend annähert, mit einer Vorsicht, die man klassischerweise von Cézanne oder auch van Gogh und Giacometti kennt und die das Risiko des Scheiterns ständig vor Augen führt. Dass Uhlig diese Annäherungskunst zur Methode und zur Meisterschaft entwickelt hat, macht sein Werk singulär in der Nachkriegskunstgeschichte. Nicht nur bezogen auf Portraits, sondern auch auf Landschaften, die jedoch bei dieser Ausstellung in dem kleinen Dresdner Museum keinen Platz fanden.
Auch zu Zeiten der DDR, in der Uhlig seit Ende der sechziger Jahre freischaffend tätig war und nebenbei als Handdrucker für Lithografie und Radierung arbeitete, war er als Künstler durchaus anerkannt, wenngleich er sich der offiziellen sozialrealistischen Kunstdoktrin nie gebeugt hat und immer im Hintergrund stand gegenüber den echten Staatskünstlern.
Andererseits hat er sich auch nie auf die Seite eines wie auch immer motivierten Künstler-Rebellentums geschlagen, wie Baselitz oder Penck, sondern seine Eigenheit und Opposition in der kontinuierlichen Arbeit gefunden.
Nicht von ungefähr kommt Uhlig im Gespräch auf Hermann Glöckner, jenen Grand Old Man eines deutschen Konstruktivismus, der erst als alter Mann seine erste Ausstellung und allgemeine Anerkennung in einer westlichen Galerie gefunden hat. Glöckner wie Uhlig waren unabhängig allein durch die Kunst, die sie machten und dadurch, wie sie sie machten.
Und wie Glöckner erfuhr auch Uhlig erst nach der Wiedervereinigung eine heftige Umarmung durch den westlichen Kunstbetrieb, mit großen und preisgekrönten Präsentationen unter anderem auf der Biennale von Sao Paulo, zahlreichen weiteren Preisen und einer zu DDR-Zeiten undenkbaren Professur an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden. Momentan wird sein Werk auf vielsagende Weise in großen Ausstellungen in China entdeckt.
Diese persönliche Geschichte kann, wer will, im Zeichenstil Uhligs mitlesen: eine durch keine politische oder wirtschaftliche Doktrin beeinflussbare Selbstverpflichtung zum Zweifel, zur Vorsicht gegenüber dem Gegenstand, zur steten Annäherung an ein Gleichgewicht und im ständigen Bewusstsein, auch scheitern zu können.