Rassistische Gesänge
Expertin sieht in Sylt-Video Normalisierung rechtsextremer Inhalte - SPD zieht Posting zurück

Das Video mit rassistischen Gesängen in einer Bar auf Sylt zeigt nach Ansicht der Extremismusforscherin Pia Lamberty, dass rechtsxtreme Inhalte inzwischen immer öfter für normal gehalten werden. Seit einigen Tagen kursiert ein Video im Netz, auf dem junge Menschen zu einem Party-Hit rassistische Parolen grölen. Der Staatsschutz ermittelt.

26.05.2024
    Der Club "Pony" in Kampen auf Sylt. Im Vordergrund steht ein schwarzer Porsche.
    Der Club "Pony" auf Sylt (picture alliance / dpa / Jens Kalaene)
    Lamberty sagte der Deutschen Presse-Agentur, Menschen könnten ohne Scheu und ohne Widerspruch in der Öffentlichkeit extreme Parolen äußern. Rechtsextremismus und Rassismus seien keineswegs nur in Ostdeutschland oder bei Menschen mit geringerem Einkommen zu finden. Rassismus gehe auch von Menschen aus, die an Universitäten studiert hätten oder in Managementpositionen stünden, erklärte Lamberty. Die Forscherin ist Co-Geschäftsführerin des Centers für Monitoring, Analyse und Strategie (Cema) der Deutschen Presse-Agentur.

    Empörung bei Politikern

    Bundeskanzker Scholz bezeichnete den Vorfall auf Syl als "eklig". Bundesinnenministerin Faeser sagte der Funke-Mediengruppe, wer so etwas tue, sei eine Schande für Deutschland. Auch die Anti-Diskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ataman, verurteilte das Video und begrüßte die Ermittlungen dazu. FDP-Generalsekretär Djir-Sarai nannte das Video schockierend. Die schleswig-holsteinische Integrationsministerin Touré von den Grünen sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, dies sei kein Dummejungenstreich, sondern schlimmstes Nazi-Gegröle erwachsener Leute auf offener Bühne. Landesbildungsministerin Prien von der CDU sprach von einem Zeichen der Wohlstandsverwahrlosung. Der Bundesvorsitzende der CDU, Merz, nannte den Vorfall "völlig inakzeptabel". Er frage sich, was in den Köpfen dieser Menschen vorgehe, das sei auch mit Alkoholkonsum nicht mehr zu erklären.

    SPD zieht Instagram-Post zurück

    Die SPD reagierte mit einem Instagram-Posting auf das Video. Mit Bezug auf die dort gerufenen Parolen schrieb die Partei unter schwarz-rot-goldenem Banner: "Deutschland den Deutschen, die unsere Demokratie verteidigen." Nach einer Vielzahl negativer Reaktionen wurde der Post aber gelöscht. Die SPD bat um Entschuldigung. Die Partei habe es nicht geschafft, einen Ton zu treffen, der "alle mitnimmt".

    Ermittlungen wegen Verdachts der Volksverhetzung

    Die Justiz nahm Ermittlungen auf. Den Angaben zufolge geht es um den Verdacht der Volksverhetzung und der Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen. Auf dem Video ist laut der Polizei auch dokumentiert, wie einer der Anwesenden den Hitlergruß zeigt. Das Geschehen habe sich nach bisherigen Erkenntnisse am vergangenen Wochenende auf einer Außenterasse eines Lokals in Kampen ereignet, hieß es. Hinweisen auf beteiligte Personen werde nachgegangen.
    Auch auf Sylt selbst sorgte der Vorfall für Empörung. Das betroffene Lokal distanzierte sich ausdrücklich. Der Betreiber übergab zudem nach eigenen Angaben die Namen aller Beteiligten an die Polizei, ebenso wie die Aufnahme einer Überwachungskamera.
    Der Staatsschutz ermittelt zudem in einem ähnlichen Fall, der sich am Pfingstsonntag auf einem Schützenfest in der Nähe von Vechta in Niedersachsen ereignet hat.
    Diese Nachricht wurde am 25.05.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.