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Emsige Ameisen im digitalen Hindernisparcours

Informationstechnologie. - An der Universität Karlsruhe interessieren sich nicht nur Biologen und Zoologen für Ameisen, auch Informatiker und Wirtschaftswissenschaftler entdeckten jetzt die Insekten für sich. In der interdisziplinären Forschungsgruppe "Effiziente Algorithmen" entwickeln die Experten nach dem Vorbild der für ihren Fleiß bekannten Tiere Computerprogramme, mit denen Entscheidungen verbessert und Produktionsverfahren optimiert werden können.

    Eine Ameisenstraße im eigenen Garten kann den Beobachter auf Dauer faszinieren: Auf einer breiten Bahn transportieren die emsigen Insekten enorme Lasten in einem reibungslos funktionierenden Schnellverkehr. Warum also nicht ergründen, nach welchen Prinzipien die kleinen Organisationstalente dabei vorgehen und diese auch für den chaotischeren Menschen nutzbringend abzukupfern, dachten sich Professor Hartmut Schmeck und seine Mitarbeiter an der Universität Karlsruhe.

    Dabei setzen die Forscher ein Phänomen für Algorithmen zur Touren- oder Fertigungsplanung um, dass eintritt, wenn der geregelte Ameisenbetrieb durch ein plötzliches Hindernis gestört wird: "Dann laufen die Tiere zunächst völlig chaotisch umher, bis sie nach kurzer Zeit wieder den kürzesten Weg um das Hindernis ausgemacht haben", berichtet Schmeck. Das Geheimnis dieser gemeinsamen Optimierung: Ameisen legen Duftstoffe auf ihre Reisewege. Stellt sich die Frage nach einer Neuorientierung, so richten sich die Tiere stets nach der Richtung des stärksten Geruchs. "Daher kamen wir auf die Idee eines virtuellen Duftstoffes, der nur von simulierten Ameisen im Rechner verbreitet wird. Auf diese Weise stellen wir die Erfahrungen eines ganzen Ameisenvolkes im Computer nach", so der Wissenschaftler.

    Richtige Entscheidungen werden in dem Modell durch sehr starke Duftstoffe repräsentiert, während die schwachen Marken von Fehlentscheidungen sehr schnell verschwinden. Der Weg zur optimalen Lösung wird im Rechner quasi als "intensiv riechender" Weg einer Ameise im virtuellen Entscheidungsraum dargestellt, dem schnell andere Tiere folgen und die Spur noch verstärken. Dazu Hartmut Schmeck: "Dabei handelt es sich um Werte, die sich von Generation zu Generation dieser Ameisen verändern. Jeweils ein Teil der Daten wird etwas reduziert und es entsteht ein abgewandeltes Zahlenmodell." Mit jeder Ameise, die den Weg zum Ziel noch etwas verkürzen kann, wird der Lösungsweg etwas besser. Entscheidend sei dabei nicht die Zeit, sondern das Optimum an Problembewältigung. Das Verfahren sei eine hervorragende Technik, um nicht nur ein, sondern gleich viele "Hindernisse", etwa fristgerechte Fertigung von Teilen unter Berücksichtigung von Lieferterminen und Rohmaterialbeschaffung, gleichzeitig auf kürzestem Weg zu umgehen und den Prozessablauf bestmöglich vorzubereiten.

    [Quelle: Peter Welchering]