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Ende der Euphorie

"Die Fallhöhe ist gewaltig", so der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, Michael Hüther. Zwischen Frühjahr und Herbst haben sich die Erwartungen der Unternehmen deutlich eingetrübt. Für das kommende Jahr gibt es dennoch Lichtblicke.

Von Stefan Maas | 21.11.2011
    Die Eurokrise beschäftigt auch die deutschen Unternehmen. Es sind aber nicht so sehr höhere Finanzierungskosten oder Probleme bei der Kreditvergabe, um die sich die Firmen die größten Sorgen machen. Das hat die aktuelle Konjunkturumfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln ergeben, für die das IW etwa 2600 Unternehmen in West- und Ostdeutschland befragt hat. Vielmehr, das ergibt die Umfrage, haben 35 Prozent der Firmen die Befürchtung, die politischen Rahmenbedingungen könnten sich in Zukunft verschlechtern. Das wiederum könnte, so wird befürchtet, unter anderem zu höheren Steuern führen.

    Auch die Sorge um die Binnen-Nachfrage treibt immerhin fast 27 Prozent der Befragten um. Denn hohe wirtschaftliche Unsicherheit könnte auf den privaten Konsum durchschlagen, erklärte der IW-Direktor, Michael Hüther, am Vormittag in Berlin:

    "Obwohl wir ja bisher für die Bundesrepublik erkennen können, dass die Konsumneigung robust ist. Und hier offenkundig sich auch der private Verbrauch besser zeigt als zunächst erwartet."

    Der große Aufschwung sei vorbei, sagte Hüther. Doch immerhin: Mit einer Rezession rechnen die befragten Unternehmen für das kommende Jahr auch nicht. Vielmehr zeige sich.

    "Das wir zwar vor einer gestiegenen, deutlich gestiegenen Rezessionsgefahr stehen, aber eine Rezession im Moment nicht das ist, was wir für 2012 als Prognose zu beschreiben haben. 2012 wird es in unserer Einschätzung bei einem Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes von einem Prozent bleiben. Die Beschäftigung wird weiter leicht ansteigen."

    Angesichts des zu erwartenden verhaltenen Wirtschaftswachstums geht etwa die Hälfte der befragten Firmen für das kommende Jahr von einer konstanten Geschäftslage aus. Rund ein Drittel erwartet einen Produktionszuwachs, etwas weniger als ein Fünftel ein Minus. Das zeige, sagte Hüther:

    "Dass sich die Produktionserwartungen deutlich eingetrübt haben im Vergleich zum Frühjahr. Im Frühjahr 2011 gingen noch 61 Prozent statt 31 Prozent von steigenden Aktivitäten aus. Die Fallhöhe zwischen diesen beiden Umfragen ist gewaltig."
    Auch beim Export rechnen die Unternehmen mit einem deutlichen Rückgang. Das zeige auch der Vergleich mit der diesjährigen Frühjahrsumfrage, sagte Hüther. Und so sind viele Firmen bei ihren Investitionsplänen zurückhaltender als in den vergangen 12 Monaten. Immerhin plant aber rund ein Drittel der Befragten höhere Investitionen ein als in diesem Jahr. Das gilt besonders für die Industrie und den Dienstleistungssektor. Nur in der Bauwirtschaft überwiegt die Zahl der Betriebe, die ihre Budgets für Neuanschaffungen eindampfen wollen.
    Auf die Beschäftigung hat die negative Konjunkturaussicht aber keine negativen Auswirkungen:

    "Die Überschrift heißt hier, der Arbeitsmarkt bleibt stabil. Die Beschäftigungspläne sind unverändert recht positiv. Es sind keine größeren Beeinträchtigungen im deutschen Arbeitsmarkt für das kommende Jahr zu erwarten."

    Die IW-Umfrage hat ergeben, dass fast jeder vierte Betrieb für das kommende Jahr plant, mehr Mitarbeiter einzustellen. Besonders bemerkbar macht sich das im Dienstleistungsbereich. Hier erwarten etwa 27 Prozent ein Beschäftigungsplus.