Stefan Koldehoff: Am Telefon ist die Juristin Astrid Müller-Katzenburg, als Rechtsanwältin spezialisiert auf Kunstfälle. Welche Chancen habe ich denn zur Zeit überhaupt, ein mir oder meinen Vorfahren enteignetes Kunstwerk wiederzuerhalten?
Astrid Müller-Katzenburg: Wenn das eine Sache ist, die vor mehr als dreißig Jahren geschehen ist, habe ich in Deutschland, wenn die Sachen die ganze Zeit in Deutschland waren, Schwierigkeiten, weil dann eben Regierungsrecht eingreift und eine große Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass ich es nicht zurück bekomme.
Koldehoff: Auf der anderen Seite gibt es eine Art Selbstverpflichtung der Museen, bestätigt noch mal durch den deutschen Städtetag und durch die Länder und durch den Bund, die gesagt haben nach der Washingtoner Konferenz: "Wir wollen diese Fristen, die abgelaufen sind, eigentlich ignorieren, wir wollen nicht nach legalistischen, sondern nach moralischen Prinzipien entscheiden." Das heißt also, ich habe keinen rechtlichen Anspruch, aber doch eigentlich einen moralischen, oder?
Müller-Katzenburg: Das ist so erklärt. Der Haken an der Sache ist natürlich, Sie haben da, je nach dem, Schwierigkeiten diese Verpflichtung durchzusetzen.
Koldehoff: Das heißt, das ist keine rechtsverbindliche Selbstverpflichtung?
Müller-Katzenburg: Das ist keine rechtsverbindliche Verpflichtung, und insofern ist das ein hoher moralischer Druck. Gerade bei den Museen, die in öffentlicher Hand sind, wird der Druck dann so groß sein, dass man je nach dem, selbst wenn man auf Schwierigkeiten stößt, in letzter Konsequenz doch in der Regel gute Aussichten hat. Es gibt ja auch ein paar Museen, die nicht in der öffentlichen Hand stehen, und da ist die Schwierigkeit noch viel größer, weil sie auch nicht den Druck von oben geltend machen können. Die so genannte vierte Macht im Staat, kann da einen großen Einfluss haben, ganz unumstritten.
Koldehoff: Nun gibt es allerdings im Moment wohl Überlegungen, noch eine ganz andere Grundlage zu aktivieren, die vielleicht bislang noch nicht in dem Maße beachtet worden ist, wie sie hätte beachtet werden können. Es gibt ein Bundesvermögensgesetz, das nach der Vereinigung Ost- und Westdeutschlands in Kraft getreten ist, und wo es eigentlich darum ging, den Menschen, die bewegliche und unbewegliche Güter in die DDR verloren hatten, so etwas wie Recht widerfahren zu lassen. Das Gesetz beinhaltet aber auch einen Passus, dass das übertragbar ist auf Diebstähle, Enteignungen, Abpressungen während der Zeit des Nationalsozialismus. Da prüft wohl im Moment das Bundesfinanzministerium - so ist uns bestätigt worden - ob das nicht auch für Kunstgegenstände gilt, sprich für Bilder, die sich ab 1933 auf dem Gebiet der späteren DDR befunden haben. Denn nur für dieses Gebiet gilt das Bundesvermögensgesetz. Was würde das denn bedeuten, wenn sich tatsächlich das Bundesfinanzministerium zu einer Empfehlung durchringen würde - und damit ist möglicherweise in den nächsten Wochen zu rechnen - dass Bilder, die gestohlen worden sind, auch nach diesem Bundesvermögensgesetz zu beurteilen sind?
Müller-Katzenburg: Das steht so schon jetzt in dem Gesetz. Das hat zur Konsequenz, dass Sie das, wenn es um einen Gegenstand, egal, ob Kunstgegenstand oder nicht, aber eben auch Kunstgegenstand, geht, der verfolgungsbedingt abhanden gekommen ist - und verfolgungsbedingt sind gerade die ganzen Fälle der Enteignung und so weiter, eben all das, was nicht eben unter den Begriff "unrechtmäßig abhanden gekommen von jüdischem Vermögen" fällt - nach dem Bundesvermögensgesetz geltend machen können. Aber nur, wenn es entweder zum Zeitpunkt der Enteignung auf dem Gebiet der ehemaligen DDR gelegen war oder aber zu dem Zeitpunkt, als der Anspruch geltend gemacht wurde.
Koldehoff: Das bedeutet aber doch im Umkehrschluss, das, was es bisher gegeben hat, nämlich die Abhängigkeit von der Gutwilligkeit, beispielsweise der Museen, ob sie nun restituieren oder nicht, wäre dann beendet. Es würde dann nach einem bereits bestehenden Gesetz ein solcher Fall zu entscheiden sein. Ist das ein Fortschritt?
Müller-Katzenburg: Na ja, Rechtsklarheit ist in der Regel ein Fortschritt. Wenn die Klarheit, die dann besteht, einen Inhalt hat, der Ihnen nicht gefällt, dann sehen Sie das im Zweifelsfall nicht als Fortschritt an. Aber an sich ist Rechtsklarheit natürlich ein wertvolles Gut. Gerade in den Bereichen besteht sehr, sehr viel Ungewissheit, was letztendlich für alle Beteiligten nachteilig ist.
Astrid Müller-Katzenburg: Wenn das eine Sache ist, die vor mehr als dreißig Jahren geschehen ist, habe ich in Deutschland, wenn die Sachen die ganze Zeit in Deutschland waren, Schwierigkeiten, weil dann eben Regierungsrecht eingreift und eine große Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass ich es nicht zurück bekomme.
Koldehoff: Auf der anderen Seite gibt es eine Art Selbstverpflichtung der Museen, bestätigt noch mal durch den deutschen Städtetag und durch die Länder und durch den Bund, die gesagt haben nach der Washingtoner Konferenz: "Wir wollen diese Fristen, die abgelaufen sind, eigentlich ignorieren, wir wollen nicht nach legalistischen, sondern nach moralischen Prinzipien entscheiden." Das heißt also, ich habe keinen rechtlichen Anspruch, aber doch eigentlich einen moralischen, oder?
Müller-Katzenburg: Das ist so erklärt. Der Haken an der Sache ist natürlich, Sie haben da, je nach dem, Schwierigkeiten diese Verpflichtung durchzusetzen.
Koldehoff: Das heißt, das ist keine rechtsverbindliche Selbstverpflichtung?
Müller-Katzenburg: Das ist keine rechtsverbindliche Verpflichtung, und insofern ist das ein hoher moralischer Druck. Gerade bei den Museen, die in öffentlicher Hand sind, wird der Druck dann so groß sein, dass man je nach dem, selbst wenn man auf Schwierigkeiten stößt, in letzter Konsequenz doch in der Regel gute Aussichten hat. Es gibt ja auch ein paar Museen, die nicht in der öffentlichen Hand stehen, und da ist die Schwierigkeit noch viel größer, weil sie auch nicht den Druck von oben geltend machen können. Die so genannte vierte Macht im Staat, kann da einen großen Einfluss haben, ganz unumstritten.
Koldehoff: Nun gibt es allerdings im Moment wohl Überlegungen, noch eine ganz andere Grundlage zu aktivieren, die vielleicht bislang noch nicht in dem Maße beachtet worden ist, wie sie hätte beachtet werden können. Es gibt ein Bundesvermögensgesetz, das nach der Vereinigung Ost- und Westdeutschlands in Kraft getreten ist, und wo es eigentlich darum ging, den Menschen, die bewegliche und unbewegliche Güter in die DDR verloren hatten, so etwas wie Recht widerfahren zu lassen. Das Gesetz beinhaltet aber auch einen Passus, dass das übertragbar ist auf Diebstähle, Enteignungen, Abpressungen während der Zeit des Nationalsozialismus. Da prüft wohl im Moment das Bundesfinanzministerium - so ist uns bestätigt worden - ob das nicht auch für Kunstgegenstände gilt, sprich für Bilder, die sich ab 1933 auf dem Gebiet der späteren DDR befunden haben. Denn nur für dieses Gebiet gilt das Bundesvermögensgesetz. Was würde das denn bedeuten, wenn sich tatsächlich das Bundesfinanzministerium zu einer Empfehlung durchringen würde - und damit ist möglicherweise in den nächsten Wochen zu rechnen - dass Bilder, die gestohlen worden sind, auch nach diesem Bundesvermögensgesetz zu beurteilen sind?
Müller-Katzenburg: Das steht so schon jetzt in dem Gesetz. Das hat zur Konsequenz, dass Sie das, wenn es um einen Gegenstand, egal, ob Kunstgegenstand oder nicht, aber eben auch Kunstgegenstand, geht, der verfolgungsbedingt abhanden gekommen ist - und verfolgungsbedingt sind gerade die ganzen Fälle der Enteignung und so weiter, eben all das, was nicht eben unter den Begriff "unrechtmäßig abhanden gekommen von jüdischem Vermögen" fällt - nach dem Bundesvermögensgesetz geltend machen können. Aber nur, wenn es entweder zum Zeitpunkt der Enteignung auf dem Gebiet der ehemaligen DDR gelegen war oder aber zu dem Zeitpunkt, als der Anspruch geltend gemacht wurde.
Koldehoff: Das bedeutet aber doch im Umkehrschluss, das, was es bisher gegeben hat, nämlich die Abhängigkeit von der Gutwilligkeit, beispielsweise der Museen, ob sie nun restituieren oder nicht, wäre dann beendet. Es würde dann nach einem bereits bestehenden Gesetz ein solcher Fall zu entscheiden sein. Ist das ein Fortschritt?
Müller-Katzenburg: Na ja, Rechtsklarheit ist in der Regel ein Fortschritt. Wenn die Klarheit, die dann besteht, einen Inhalt hat, der Ihnen nicht gefällt, dann sehen Sie das im Zweifelsfall nicht als Fortschritt an. Aber an sich ist Rechtsklarheit natürlich ein wertvolles Gut. Gerade in den Bereichen besteht sehr, sehr viel Ungewissheit, was letztendlich für alle Beteiligten nachteilig ist.