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Endlich Ordnung im Hochregal

Unternehmen, die große Lager verwalten, müssen ihre Bestände auf das Genaueste im Auge behalten. In Logistik und Industrie wächst deswegen die Nachfrage nach Technologien, die die Kontrolle der Warenläufe so einfach wie möglich machen. Ein neuer Ansatz kombiniert nun mehrere Techniken wie QR-Codes, RFID und Smartphone-Apps.

Von Remko Kragt | 20.04.2013
    Ein Versuchsaufbau im Institut für Integrierte Produktion in Hannover, dem IPH. In einem Regal stehen einige Behälter mit Metallteilen. Auf der Vorderseite der Behälter ist ein kleines Kästchen mit einem Display angebracht. Es zeigt Informationen zum Inhalt der Behälter, und zwar sowohl in Klartext, als auch in Form eines QR-Codes. Rechts unter dem Display schaut eine Fotodiode heraus und links neben der Anzeige befindet sich die schwarze Fläche einer Solarzelle. Das etwa 7 Mal 15 Zentimeter große Kästchen hört auf den unbescheidenen Namen "Superlabel". Entwickelt hat es Stefan Lorisch, technischer Mitarbeiter am IPH.

    "Das Superlabel ist eine Kombination verschiedener Auto-ID-Verfahren. Das ist halt einmal RFID, das sind Etiketten und das sind auch Barcodes. Das Problem liegt darin, dass man beispielsweise Etiketten druckt oder Barcodes, die sind halt nur einmal beschreibbar. Wenn man die Information ändern möchte, dann muss man halt neue Etiketten drucken, oder das System dahinter ändern. RFID ist eine wiederbeschreibbare Technologie. Das Problem bei RFID ist natürlich, ich brauche zum Auslesen der entsprechenden Informationen immer einen entsprechenden Reader."

    Das Superlabel soll alle Möglichkeiten der bestehenden Auto-ID-Systeme verbinden und dazu noch einfach zu bedienen und - zumindest in Zukunft - kostengünstig sein. Deshalb zeigt das Display die Informationen sowohl im Klartext, so wie es bisher nur auf Etiketten möglich ist, als auch im QR-Code. Mensch und Maschine können damit das Label gleichermaßen lesen. Für die maschinelle Erfassung der Daten ist außerdem kein teures Spezialgerät mehr nötig. Stefan Lorisch hat es durch eine einfache App für das Smartphone ersetzt. Mithilfe eines kleinen, an dem Smartphone montierten LED-Impulsgebers können die Daten zudem aktualisiert werden - so, wie es bisher nur bei RFID möglich war.

    Die Bedienung ist einfach. Stefan Lorisch nimmt ein paar Teile aus einem der Behälter und tippt die Anzahl in sein Smartphone ein.

    "Wenn ich dann hier unten auf den Button "Schreiben" klicke, wird hier - wie man sieht ... oben leuchtet dann die LED. Wir haben uns speziell für eine LED im sichtbaren Bereich entschieden, so dass man dort eine selektive Adressierung durchführen kann, sprich: Ich sehe direkt, welches Informationslabel ich dort ansprechen möchte."

    Rot strahlt die LED das ausgewählte Label an und die Angaben auf dem Display werden aktualisiert. Die Entscheidung für das sichtbare Licht hat, neben der optischen Wahrnehmbarkeit, einen weiteren praktischen Vorteil:

    "Im sichtbaren Bereich gibt es halt derzeit noch gar keine Richtwerte und gar keine Kanäle, die dort eingeteilt sind. Beispielsweise im Funkbereich, dort ist halt alles bei 2,4 GHz, neuerdings auch bei 5 GHz, sind die Bänder festgelegt oder GSM bei 886 MHz. Wir haben hier noch gar keine Frequenzbeschränkung, Gott sei Dank."'"

    So konnte der Entwickler seine Sendefrequenz frei aussuchen. Die Wahl fiel dabei auf das rote Licht, weil bei dessen Wellenlänge von 660 Nanometer die geringsten Störungen aus dem Umgebungslicht zu erwarten sind.

    ""Gerade Kunstlichtquellen emittieren Licht hauptsächlich im Bereich von 400 Nm und dann auch noch mal im Bereich von grünem Licht und überlagern sich dadurch zu weißem Licht. Und das rote Licht ist halt gerade bei Kunstlicht und den zu erwartenden Störquellen der Bereich, wo wir uns am günstigsten aufhalten können."

    Das Superlabel braucht keine externe Stromquelle. Das Display selbst ist ein sogenanntes No-Power-Display, das die Werte wie ein Etikett dauerhaft anzeigt.

    "Das ist ein Vorteil, weil wir das ganze System energieautark darstellen wollen. Um die Energie zu liefern, haben wir noch ein Solarzelle hinzugefügt, die unsere Energieversorgung gewährleisten soll. Wir müssen natürlich ein bisschen Energie zuführen, wenn wir es hier in Betrieb nehmen und einmal das Display-Update durchführen. Im Hintergrund arbeitet ein Mikro-Controller, der braucht natürlich auch Strom."

    Das System zeigt, dass das Superlabel funktionieren kann. Einsatzfelder sieht Stefan Lorisch vor allem bei Großanwendungen wie etwa im Hochregal. Für andere Anwendungen, beispielsweise im Einzelhandel, sei das Label noch zu groß und zu teuer - trotz der preiswerten Bedienungseinheit im Smartphone, sagt Lorisch. Aber Verbesserungen sind schon in Vorbereitung. Der Controller kann mit der Anwendung sogenannter SMD-Leiterplatten, bei denen die Bauelemente zur Montage nicht durchgesteckt werden, kleiner werden und dann auch noch weniger Energie verbrauchen. Darüber hinaus werden kleinere Displays entwickelt, die auch den Preis senken werden. Bleibt abzuwarten, ob dann irgendwann die Tage der so vertrauten Etiketten an den Supermarktregalen auch gezählt sind.