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Endorphine
Warum Silberwein Katzen glücklich macht und gegen Mücken hilft

Bei Katzenminze geraten die meisten Katzen in Ekstase. Noch stärker reagieren sie aber auf den Asiatischen Silberwein. Ursache ist ein Wirkstoff namens Nepetalactol, der einen regelrecht euphorisierenden Effekt bei Katzen hat. Der Wirkstoff könnte sich auch als Mückenschutz für Menschen eignen

Von Dagmar Röhrlich |
Bei Katzenminze geraten Katzen geradezu in Ekstase
Bei Katzenminze geraten Katzen geradezu in Ekstase (www.imago-images.de)
Ein japanischer Farbholzschnitt aus dem 19. Jahrhundert zeigt, was passiert, wenn die Hauskatze high ist. Eine Schar von Mäusen leert genüsslich eine große Schale Reis, während die Katze benebelt an einem Korb lehnt und selig die grünen Blätter eine Pflanze umarmt. Es sind die Blätter des Asiatischen Silberweins – und seine Wirkung auf Katzen ist berauschend.
"In Asien ist der Silberwein dafür berühmt, euphorische Reaktionen bei Katzen auszulösen. Doch niemand weiß, warum das so ist und welchen biologischen Nutzen die Katze davon hat."

Silberwein ist noch unwiderstehlicher für Katzen

Der Asiatische Silberwein wirke noch berauschender als Katzenminze, erklärt Masao Miyazaki von der Iwate University in Morioka. Bei der Katzenminze ist der Auslöser der tierischen Verzückung bekannt: Es ist Nepetalacton. Mit dieser bitter schmeckenden Substanz wehrt die Pflanze eigentlich Freßinsekten ab, die berauschende Wirkung auf Katzen ist ein Nebeneffekt dieser Verteidigungsstrategie. Doch was macht den Silberwein noch unwiderstehlicher?
"Wir haben bei unseren Forschungen zunächst die in Frage kommenden chemischen Verbindungen im Silberwein isoliert und ihre Wirkung auf Katzen untersucht. Dabei haben wir eine bislang unbekannte Substanz im Extrakt des Silberweins entdeckt."
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Der Name der neu entdeckten Substanz: Nepetalactol. Hauskatzen, aber auch Großkatzen wie Jaguar, Amur-Leopard und Luchs reagieren auf Filterpapier, das mit Nepetalactol getränkt wurde, ebenso wie auf die Pflanze selbst. Anschließend untersuchten die Forscher, was die euphorisierende Wirkung des Stoffes auslöst. Der Verdacht: Er stimuliert über die Endorphinproduktion das Opioid-System, erklärt Reiko Uenoyama von der Iwate University:
"In unseren Experimenten war der Endorphinspiegel im Blut der Katzen nach dem Kontakt mit Nepetalactol deutlich erhöht. Dann haben wir die entsprechenden Endorphin-Rezeptoren blockiert, und die Katzen reagierten nicht mehr auf den Silberwein. Das bedeutet, dass das Opioid-System direkt an der Nepetalactol-Reaktion beteiligt ist."
Wollen die Katzen also einfach nur high werden und sind deshalb ganz scharf auf die Blätter des Silberweins?

Silberwein-Wirkstoff könnte auch gegen Mücken helfen

"Dieses Verhalten hat sich über zehn Millionen Jahre Evolution in der Familie der katzenartigen Tiere gehalten. Deshalb glauben wir, dass es neben der Euphorie weitere Vorteile bieten muss."
Weil es Hinweise gibt, dass der Wirkstoff in der Katzenminze Insekten abwehrt, überlegten die Forscher, ob sich die Katzen mit dem Nepetalactol des Silberweins vor Parasiten schützen. Also zählten sie die Stechmücken, die auf den Katzenköpfen mit und ohne Anwendung von Nepetalactol landeten:
"Wir haben festgestellt, dass das Nepetalactol tatsächlich viele Mücken fernhält. Daraus schlossen wir, dass ihre Vorliebe für Silberwein die Katzen vor Moskitostichen schützt."
Möglicherweise schütze Nepetalactol die Katzen auch vor anderen Parasiten, sagt Masao Miyzaki. Jedenfalls könnte die Substanz zu neuen Mitteln der Mückenabwehr beim Menschen führen. Allerdings sind noch viele Fragen offen, etwa, warum nur Katzen darauf reagieren und welches Gen dafür verantwortlich ist. Das müssten weitere Studien nun klären.