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Energieverbrauch managen - nicht steigern

Martin Sambale vom Energie- und Umweltzentrum Allgäu bittet seine Besucher zu einem Rundgang in einem sanierten Altbau. Einige Schritte die Treppe hoch und schon ist die erste Schwachstelle ausgemacht:

Von Klaus Wittmann | 19.11.2004
    Also, jetzt gehen wir mal die Treppe rauf und ja – sehen Sie – hier haben wir gleich den ersten Heizkörper. Und wenn wir den anschauen, typischerweise, er steht wieder auf "5". Und wenn jetzt frisch gelüftet wurde, wenn’s kalt ist und die Heizung angeschaltet wird, dann heizt der Heizkörper auch, wenn er auf "2" oder "3" steht.
    Ein gekipptes Fenster zeigt er als nächstes. Michael Geißler von der Berliner Energieagentur – gleichzeitig Bundesvorstand der Energieagenturen – nickt zustimmend. Er sagt, es sind die vermeintlich banalen Selbstverständlichkeiten, durch die alljährlich den klammen Kommunen immenses Geld verloren geht:
    Das ist ein mehrstelliger Millionenbetrag, der dort jedes Jahr eigentlich auf gut Deutsch durch den Schornstein geht und den man durch intelligentes Verhalten einerseits, aber auch durch notwendige Investitionen, die man tätigt, einsparen kann.
    Ganz konkret wird Landrat Gebhard Kaiser, Chef des Landkreises Oberallgäu, der sich am Energiezentrum ebenso beteiligt hat wie zahlreiche Kommunen und auch Privatfirmen – vom Stromversorger bis zum Heizölhändler:
    Es sind viele vernünftige, kleine Geschichten auch gewesen. Man glaubt’s gar nicht. Das richtige Lüften und auch das richtige Ein- und Ausschalten der Computer. Im Rahmen dieser Beratung konnten wir alleine im Jahr 2004 fünfzehntausend Euro einsparen.
    Sein Finanzfachmann Oliver Kunz gibt offen zu, dass er es zunächst sehr skeptisch war. Auf die gestiegenen Heizöl- und Energiepreise hochgerechnet seien die Einsparungen sogar noch höher als sie in den Büchern stehen:
    Würden wir die heutigen Preise nehmen, könnte man mit Sicherheit von einem Einsparpotenzial von 50.000 bis 60.000 netto, nach Abzug der Ausgaben ausgehen. Und ich – wie gesagt – war einer der Kritiker davon, aber wir haben uns eines Positiven belehren lassen. Es hat ein sehr deutliches Bewusstsein beim mir in Bezug auf Stand-by-Verbrauch erzeugt.
    Ein paar Häuser weiter sitzt der Sonthofener Bürgermeister Herbert Buhl über der Energiebilanz seiner Stadt. Offen gibt auch er zu, dass er nicht gedacht hätte, dass es so einfach ist:
    Nein, hab’ ich nicht gedacht, weil wir schon der Meinung waren, dass wir gut wirtschaften. Aber es gibt doch noch Spezialisten, die das ganz gut sehen und auch dann organisieren können und es liegt tatsächlich an der Steuerung, an etwas Intelligenz und mit ein paar kleinen Kniffen, die auch technisch notwendig sind. Und das hat letztendlich zu dieser Einsparung geführt.
    Die Hausmeister in Turnhallen, in Schulen und in der Eissporthalle seien geschult worden und das habe sich bezahlt gemacht. Beim Treffen der 18 in einem Bundesverband organisierten Energieagenturen Deutschlands berichten die Vorstände von ähnlichen Effekten wie der Landrat und der Bürgermeister von Sonthofen. Zum Beispiel Hans Eimannsberger, Leiter der Energieagentur Schleswig-Holstein. Er erläutert am Beispiel Neumünster, welch immense Einsparungen möglich sind:
    Neumünster – kurz vorgestellt – ist eine Stadt, mitten in Schleswig-Holstein gelegen. Sie hat rund 70.000 Einwohner. Dort haben wir durch relativ einfache Maßnahmen pro Jahr eine Einsparung von 150.000 Euro.
    Martin Sambale, Gastgeber der Bundestagung der Energieagenturen, verweist noch auf einen weiteren Vorteil der Energiesparpläne: nämlich eine ganz erhebliche Reduzierung des CO2-Ausstoßes. In Sonthofen waren es 2003 153 Tonnen, im Urlaubsort Pfronten 132 Tonnen und im Landkreis Oberallgäu 400 Tonnen. Ähnlich positive Werte würden sein Kollegen von der Energieagentur Oberfranken melden. Trotzdem nutzt erst eine verschwindend geringe Zahl von Kommunen diese Einsparmöglichkeiten und das, obwohl immer wieder über die leeren Gemeindekassen geklagt wird.