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Energiewende an der Westküste

Nanotechnologie. - Solarzellen sind die derzeit wohl teuerste Art, Strom herzustellen. Da die Sonne aber ungeheure Mengen Energie zur Verfügung stellt, bleibt Sonnenenergie eine interessante Idee. Ein Chemiker an der Universität von Kalifornien in Berkeley tüftelt an Verfahren für preiswerte Solarzellen, die in einem Arbeitsgang statt Strom Treibstoff, etwas Wasserstoff, herstellen. Bundeskanzlerin Merkel besucht ihn auf ihrer Kalifornienreise.

Von Hellmuth Nordwig | 15.04.2010
    Die meisten der heutigen Solarzellen enthalten kristallines Silizium. Das hat zwei Nachteile: Dieses Material ist relativ teuer, und Solarstrom gibt es nur, wenn die Sonne scheint. Der Chemiker Paul Alivisatos, Professor für Nanotechnologie an der Universität von Kalifornien in Berkeley, arbeitet an einer Alternative.

    "Nanokristalle könnten beide Probleme lösen. Zum einen die Kosten: Es ist sehr billig, Nanoteilchen herzustellen. Etwas Vergleichbares erleben Sie beim Juwelier: Je größer ein Diamant ist, desto teurer ist er. So ist das auch mit den Nanokristallen. Sie sind extrem winzig und dadurch so preiswert wie Diamantstaub."

    Der Forscher nutzt als Halbleitermaterialien Cadmium-, Kupfer- oder Eisensulfid. Die kann man – anders als Silizium – kontrolliert aus einer Lösung als Kristalle in Nanometergröße gewinnen. Dank eines chemischen Tricks wachsen sie zu Stäbchen heran. Die sind nur wenige Moleküle dick und etwa einen Haardurchmesser lang. Alivisatos:

    "Statt eine Solarzelle nun aus einem einzigen großen Kristall herzustellen, drucken wir die Nanoteilchen zunächst auf eine Oberfläche. Dann erwärmen wir das Ganze, so dass die Nanokristalle miteinander verschmelzen. So bekommen wir eine Dünnschicht-Solarzelle. Es hat sich herausgestellt, dass sich diese Idee recht gut umsetzen lässt. Das macht Dünnschicht-Solarzellen viel kostengünstiger."

    Solche Dünnschicht-Solarzellen der nächsten Generation lassen sich biegen. Man könnte damit sogar Autos oder Fahrradhelme bekleben. Der Nachteil: Sie nutzen das Sonnenlicht nicht sonderlich effektiv. Rund fünf Prozent davon werden in Strom umgewandelt – bei Silizium sind es bis zu zwanzig Prozent. Paul Alivisatos hält zehn Prozent Wirkungsgrad bei den Nanokristall-Zellen in der nächsten Zeit für realistisch.

    "Unser zweites Ziel ist es, einen Solarkraftstoff zu gewinnen. Das bedeutet, dass man aus der Sonnenenergie keinen Strom erzeugt, sondern eine Chemikalie, die sich als Treibstoff eignet. Das wäre großartig, denn so könnte man die Energie speichern."

    Die steht auch dann zur Verfügung, wenn die Sonne nicht scheint. Als optimaler Solarkraftstoff der Zukunft gilt Wasserstoff. Er kann Motoren antreiben oder in Brennstoffzellen zu Strom umgewandelt werden. Wasserstoff entsteht, wenn Wasser in seine Elemente zerlegt wird. Dazu ist ein Katalysator nötig, und genau mit solchen Materialien versucht Paul Alivisatos seine Nanostäbchen zu bestücken. Der Halbleiter würde dabei die Sonnenenergie einfangen, und der Katalysator bekäme dadurch die Energie, um das Wasser zu spalten. Ganz soweit ist es noch nicht, aber einen Teilerfolg hat der kalifornische Chemiker bereits erreicht.

    "Wir können mit unserem Katalysator zwar Wasserstoff herstellen, aber bisher nur aus Methanol. Dabei entsteht zugleich das Treibhausgas Kohlendioxid, und deshalb ist das nicht der Prozess, den wir uns vorstellen. Es ist ja sehr positiv, dass wir Wasserstoff erzeugen, aber wir müssen es noch hinbekommen, Wasser vollständig zu spalten – in Wasserstoff und Sauerstoff."

    Im Prinzip wären Platin-Katalysatoren geeignet, um Wasser zu spalten. Doch die sind viel zu teuer, weil die weltweiten Vorräte begrenzt sind. Paul Alivisatos untersucht zurzeit, welche Katalysatoren noch in Frage kommen. Der Bundeskanzlerin wird er in seinem Labor jedenfalls zeigen können, dass die Energiewende auch in den USA begonnen hat.