
Musik: "Iceland Spar"
Das Trio Esben & the Witch wurde 2008 in Brighton, England gegründet. Der Gitarrist Thomas Fisher fing an, mit dem Schlagzeuger und Keyboarder Daniel Copeman zu musizieren. Sie brauchten noch eine Sängerin und Bassistin. Also luden sie Rachel Davies dazu ein, die war eine langjährige Freundin von Fisher, hatte gerade ihr Studium an der Universität Brighton angeschlossen und war arbeitslos. Elf Jahre und fünf Alben später ist die Band noch gesund und munter, wie Rachel und Thomas bestätigen
Rachel Davies: "Ich fühle mich auf jeden Fall älter. Wir machen es schon eine ganze Weile, und fühlen uns inzwischen schon etwas entspannter."
Thomas Fisher: "Die mittlere Phase haben wir vergessen. Es ist als ob wir einen Sprung von drei Jahren auf zehn Jahre gemacht hätten. Es kommt mir nicht wie zehn Jahre vor."
Musik: "The Unspoiled"
Die Songs auf dem neuen Album "Nowhere" von Esben & the Witch sind für ihre Verhältnisse kurz und bündig, lediglich sechs bis sieben Minuten, während die Lieder auf dem Album "Older Terrors " 2014 zwischen zehn und vierzehn Minuten lang waren. In den "Older Terrors" Liedern lassen sich vielfältige Einflüsse erkennen: Metal, Prog Rock und Post-Rock.
Der Reiz aufwendiger Kompositionen
"Nach dem Album "Older Terrors" hatten wir das Gefühl, dass wir uns nun ausreichend mit dem Thema "sehr lange Stücke" auseinandergesetzt hatten. Aufwendige Kompositionen hatten uns eine Zeitlang gereizt. Aber wir haben neue Impulse gebraucht, damit wir uns motiviert fühlen konnten, um ein neues Album zu machen. Dafür mussten wir neue Möglichkeiten erforschen."
Musik: "Sylvan"
Der Song "Desire for Light" ist das erste Stück auf dem aktuellen Album "Nowhere und es verkörpert das Feeling der ganzen Platte: verzerrte Gitarrenakkorde, hypnotisches Schlagzeug: eine angenehm verträumte, verschwommene Shoegaze-Atmosphäre wird vermittelt. Shoegaze, Post-Rock, Doom, Gothic-Pop ist alles bei Esben & the Witch vorhanden. Während das letzte Album "Older Terrors" ein anstrengendes, ausgedehntes Album war, hat die Band auf "Nowhere" gewissermaßen ihre dunkle Popsensibilität wieder entdeckt: die melancholische Mischung aus Postpunk und Dreampop, die man vor zehn Jahren von der Band kannte. Etwas kürzere Songs zu komponieren, war sowohl eine künstlerische als auch eine pragmatische Überlegung.
"Wir wollten das heavy Songwriting beibehalten, aber waren diesmal bemüht, fokussierter dabei zu sein, im Kontrast zu unseren ausgedehnten Stücken. Wenn es um die Setlist geht: da wir zehn Jahren dabei sind, haben wir zwar viele Songs zur Auswahl, es ist aber schwierig, mehr als zwei fünfzehnminütige Stücke live umzusetzen."
"Wir hatten sogar mehrmals die Situation, dass man von der Seite der Bühne gerufen hat, dass die Zeit drängt, und dass das nächste Lied, das letzte Lied der Show sein sollte, aber dann zog sich unser letztes Stück ganz extrem in die Länge! Man konnte uns nicht stoppen (lacht)."
Musik: "Desire for Light"
Die Band ist von der Schönheit der Natur geprägt. Eine offensichtliche Metapher für ihre Musik wäre der Begriff "dramatische Landschaften". Seit zehn Jahren ist die Band auf Tour, sammelt Eindrücke und Inspiration für ihre Klangwelten.
Von der Schönheit der Natur geprägt
"Das Reisen beeinflusst sehr wie ich an das Songwriting herangehe. Ich schätze es sehr, dass ich mit der Band so viel unterwegs bin, auch wenn viel Zeit im Regen auf der Autobahn verbracht wird. Aber wir sehen auch manchmal wunderschöne Landschaften. Wenn wir lange im Van sitzen, hören wir immer Musik ganz intensiv, starren aus dem Fenster und besuchen immer wieder andere Länder. Das bedeutet eine Änderung in Bezug auf Geographie. Diese landschaftlichen Veränderungen inspirieren mich absolut."
Musik: "Golden Purifier"
"Obwohl wir die Songs letztendlich in einem kleinen Proberaum in einem normalen Wohngebäude komponieren, hören wir im Van ganz oft unsere eigenen Demos , und dann haben wir viel Zeit um darüber zu diskutieren, insofern hat das Reisen schon einen großen Einfluss."
"Es freut mich, wenn meine Texte mit Malerei verglichen werden, weil es meine feste Absicht ist, Wörter zu formulieren, die man gut visualisieren kann. Ich verwende gerne Bildsprache. Wenn ich Texte schreibe, denke ich oft konkret an eine Szene, oder an eine Landschaft, oder sogar unmittelbar an ein bestimmtes Gemälde. Das Optische beeinflusst mich also sehr."
Musik: "Seclusion"
Auffallend auf dem neuen Album ist eine Rückkehr zu dem wesentlichen reduzierten Post-Punk Sound, der den Charakter der Band vor zehn Jahren so stark geprägt hat. Die neuen Songs klingen zum Teil rau und ungeschliffen. Das Stück "Dull Gret" kann beinah als Doom bezeichnet werden. Das Stück ist benannt nach einem Breughel-Gemälde, auf dem eine Kriegerin abgebildet ist, die Gret heißt, die eine Armee in die Hölle führt.

"Es wurde uns schon öfter unterstellt, dass wir merkwürdig sind!"
"Die Platte sollte grundsätzlich etwas üppiger klingen, aber irgendwie ist sie stellenweise deutlich rauer geworden, als ursprünglich vorgesehen. Das trifft auf jeden Fall auf den Titel "Dull Gret" zu."
"Das Stück hat auf jeden Fall einen rauen Charakter. Und es endet ganz schön zackig (lacht). Wir können nichts dafür! "
Musik: "Dull Gret"
Das erste Album "Violet cries" 2011 wirkte wie der bewusste Versuch, das Goth-Rock Publikum zu bedienen. Die Single "Marching Song" war dann ein kleiner Hit. Benannt nach dem dänischen Märchen "Esben & The Witch", war die Gruppe anscheinend bemüht das Erbe von Siousxie & the Banshees, Bauhaus, The Cure und Joy Division anzutreten. Es war wie eine Fortführung des Post-Punk Geistes. Aber im Lauf der Jahre wurde die Musik von Esben & the Witch immer heftiger und immer schwerer definierbar.
"Es war nie unsere Absicht einen Durchbruch irgendeiner Art anzustreben, und einen Mainstreamdurchbruch erst recht nicht. Wenn wir neue Songs schreiben, wollen wir immer etwas Neues probieren, damit wir uns selbst herausfordern, damit wir uns nicht künstlerisch wiederholen. Wir haben uns im Laufe der Jahre so entwickelt, dass die Musik, die wir am Liebsten hören, immer heavier geworden ist. Musik, die ich höre, die ich selbst als ziemlich melodisch, harmonisch und nett empfinde, empfinden andere Leute als intensiv und sperrig. Als wir anfingen, waren wir schon eine andere Band. Unsere Perspektive, sowohl live, als auch auf Platte, hat sich verschoben. "
Musik: "Marching Song"
Die Mitglieder von Esben & the Witch sind alle eigenwillig, aber kommen untereinander sehr gut klar. Die Band ist wie eine Blase voller Liebe und Gemeinschaft. Wenn man sie trifft, spürt man die Harmonie innerhalb der Band. Sie sind schon ehrgeizig, möchten gerne was Besonderes sein. Man spürt, dass sie eine klischeefreie Neu-Entstehung und Neu-Erfindung von Musik anstreben, obwohl sie dazu keine bewusste Haltung haben.
Als "Goth" Band abgestempelt
"Wir haben nie so richtig darüber nachgedacht. Wir wollten nur etwas Gemeinsames schaffen, und wenn die Leute es gut fänden, dann wunderbar. Wir haben nie konkret darüber diskutiert, was wir für eine Band wir werden wollten. Es richtet sich nur nach unserem Gefühl. Es mag zwar klischeehaft klingen, aber unsere Herangehensweise ist organisch: Wir haben oft lange Songs komponiert, die von der Natur oder von der Kunst und von der Literatur inspiriert worden sind. Wir sind vom Anfang an als "Goth" Band abgestempelt worden. Ich finde es also nicht so sonderbar, dass wir inzwischen bei einem Black Metal Label unter Vertrag sind. Ich habe es zwar nicht erwartet, aber es passt irgendwie doch."
Musik: "Death Waltz"
Die Band aus Brighton ist beim französischen Label Seasons of Mist unter Vertrag. Seit der Gründung 1996 hat dieses Label den Schwerpunkt auf Bands der progressiven Black Metal-Szene. Inzwischen gucken die Labelbetreiber auch über den ursprünglichen Tellerrand hinaus-und sind über Esben & the Witch gestolpert.
"Wir sind schon die Ausnahmeband beim Label Seasons of Mist, aber es gibt eine eigensinnige, unangepasste Ader in unserer Musik, die wir mit anderen Label-Kollegen teilen. Wir erforschen teilweise ähnliche Themen. Es gibt schon eine gewisse gemeinsame Gedankenassoziation."
"Die Künstler, die wir am meisten respektieren, sind die Leute, die nicht zynisch sind, die nicht auf kommerziellen Erfolg spekulieren. Ich finde, man soll einfach die Musik machen, an die man selbst glaubt. "
Musik: "Dig in your fingers"
Es ist es unwahrscheinlich, dass sie eines Tages vom großen Erfolg gekrönt werden. Dafür ist die Musik zu sperrig, zu unkommerziell. Normalerweise denken Esben & the Witch über Begriffe wie "Erfolg" oder "Misserfolg" gar nicht nach, und wenn, dann sind ihre Äußerungen eher selbstironisch.
"Vom Anfang an, waren wir, was die Band betrifft, sehr engagiert. Es war keine wunderliche Idee. Wir dachten: "Wenn wir noch in fünf Jahren zusammen sind, werden die Leute unsere schräge Musik dann widerwillig respektieren!" Wir passen nämlich doch nirgendwo ins Schema."
"Mehr wollen wir nicht. Nur dass die Leute uns widerwillig respektieren! "
"Mehr kann man nicht verlangen (lacht)! Man muss uns nicht wirklich mögen, aber man soll uns widerwillig respektieren!"
Musik: "No dog"
Rachel Davies hat eine emotionale klagende Stimme, wie Sirenengesang. Sie drückt dem Bandsound ihren eindeutigen eigenen Stempel auf. Sie hat aber nie Gesangsunterricht genommen, sondern hat sich alles selbst erarbeitet.
Den Weg als Sängerin gefunden
"Bevor ich mit der Band anfing, hatte ich vorher nie gesungen. Ich hatte als Teenager schon schlechte Gedichte geschrieben, aber gesungen hatte ich noch nicht. Auf den verschiedenen Alben hört man schon sehr wohl die Entwicklung meines Gesangs. Ich habe viel dazugelernt, und meine Stimme ist tiefer, kraftvoller geworden. Das kommt einfach, wenn man an Selbstvertrauen gewinnt. Wenn man selbst überzeugt ist, von dem was man singt, ist es die halbe Miete. Meine Lieblingssänger sind nicht unbedingt technisch perfekt, aber sie glauben, das was sie singen. Das macht einen guten Sänger aus. Ich weiß eigentlich nicht wirklich was ich mache, aber im Laufe der Jahre habe ich meinen Weg als Sängerin gefunden."
Musik: "Slow Wave"
Die Texte von Esben & the Witch sind nie leicht verständlich. Es hat noch kein einfaches Liebeslied gegeben, keines mit eindeutigen politischen Statements-die Songtexte sind oft in geheimnisvolles Dunkel gehüllt.
"Turbulente emotionale Beziehungen, politische Haltungen: solche Themen werden von uns in den Songs ständig aufgegriffen, aber auf abstrakte Weise. Ich fühle mich wohler, wenn die Art der Darbietung nicht so direkt ist. Der Hörer kann die Texte dann interpretieren wie er möchte. Die ganzen Emotionen sind in den Songs drinnen, aber sie sind nicht so einfach zu erkennen. Es gibt einen Grund warum ich lieber abstrakte Texte schreibe: Ich mag es nicht meine persönlichen Gefühle so konkret zu offenbaren. Das heißt aber nicht, dass die Gefühle nicht da sind."
Man kann die Musik von Esben & the Witch nicht als fröhlich und spaßig bezeichnen, aber das Wort düster, das immer zuallererst und immer wieder im Zusammenhang mit Esben & the Witch verwendet wird, ist vereinfacht: Schwarzweißmalerei. Das Stück "Darkness ( I too am here)" auf dem "Nowhere" Album fasst ihre Attitüde besonders gut zusammen.
"Darkness (I too am here)" scheint erstmal ein bedrückendes düsteres Stück zu sein. Das Konzept des Songs ist aber Akzeptanz. Es hört sich vielleicht ein wenig melodramatisch an: die Dunkelheit wird immer gegen das Licht entgegenwirken. Das bezieht sich auf alle Aspekte des Lebens. Es macht keinen Sinn sich dagegen zu wehren, man muss es akzeptieren. Es gibt doch eine Balance. Man soll diese Mischung aus Licht und Dunkelheit konfrontieren und sich nicht davor scheuen. Dieses Stück verkörpert am allermeisten das Feeling der Band. Es ist der Versuch Kraft, Widerstandsfähigkeit und Hoffnung zu schöpfen. In der Hinsicht versteht man unsere Musik manchmal falsch...."
"Unsere Musik soll hoffungsvoll sein. Wir schöpfen Kraft durch unsere Musik und wir wollen, dass es anderen Leuten auch so geht, wenn sie uns hören. Unsere Musik ist letztendlich weniger beängstigend als beruhigend, finde ich."
Musik: "Darkness (I too am here)"