Manfred Götzke: In Brandenburg, Sachsen und Thüringen war jahrzehntelang die Fremdsprache Nummer eins in den Schulen, sagen wir mal, politisch motiviert: In der DDR wurde halt vor allem Russisch gelernt und gelehrt. Nach der Wende wollte dann jeder Englisch und Französisch lernen, aber leider gab es zu wenig Englisch- und Französischlehrer, und die, die es gab, waren, ja, so semigut ausgebildet. Das ist jetzt zwar 20 Jahre her, aber in Vergleichsstudien schneiden die Ost-Schüler in Englisch immer etwas schlechter ab als die West-Schüler. Die Landesregierung in Sachsen-Anhalt hat darauf jetzt konsequent reagiert: Sie lässt die Lehrer nachsitzen. Ab Januar 2012 müssen sie an einer einjährigen Schulung teilnehmen. Angeordnet hat das Ganze der Kultusminister des Landes, Stephan Dorgerloh, von der SPD.
Herr Dorgerloh, warum müssen Ihre Englischlehrer nachsitzen, sind sie wirklich so viel schlechter als die West-Lehrer?
Stephan Dorgerloh: Also, das ist kein Nachsitzen, sondern es handelt sich hier um eine Fortbildungsinitiative, die wir gestartet haben, nachdem wir in den Vergleichsarbeiten gesehen haben, dass wir Bedarfe haben im Bereich Leseverstehen, im Bereich Hörverstehen. Hier gilt es ja, die Standards der KMK zu erfüllen, und das hängt sicherlich auch damit zusammen, dass wir natürlich noch einige englische Lehrkräfte haben, die eben in dem DDR-System ausgebildet wurden, wo sehr stark die Schriftsprache im Vordergrund stand. Also, hier wollen wir jetzt uns konzentrieren auf die lebendige Sprache, auf das Hören, auf das Verstehen, auf das Sprechen, und da ist das gut, dass wir mit dem British Council einen Partner gefunden haben, der uns das ermöglicht.
Götzke: Das heißt, die Defizite im Englischunterricht sind tatsächlich historisch bedingt?
Dorgerloh: Das muss man annehmen, denn die Befunde wiederholen sich in Thüringen, in Brandenburg, in Sachsen, also in ostdeutschen Bundesländern. Und es ist natürlich so, dass man, wenn man eine Sprache lernt, ohne die Möglichkeit zu haben, in ein muttersprachliches Land zu fahren – das war ja zu DDR-Zeiten der Fall –, dann lernt man natürlich so eine Sprache von Kassetten und aus Büchern. Aber das ist immer noch mal etwas anderes, dann eine Zeit lang wirklich in einem englischsprachigen Umfeld, im Alltag, zu sein und da die Sprache zu lernen. Und wir ermöglichen jetzt unseren Lehrkräften in einer modularisierten Fortbildung mit mehreren Bausteinen auch zwei Aufenthalte in Großbritannien, wo sie dann mit Lehrerinnen und Lehrern auch in Schulen gehen, aber eben auch im englischsprachigen Alltag unterwegs sind. Und das ist, glaube ich, eine gute Gelegenheit, die Sprachkenntnisse aufzufrischen und selber auch zu sehen, wie sich ja auch eine Sprache weiterentwickelt.
Götzke: Es soll ja die Hälfte der Englischlehrer an Kursen teilnehmen. Wie wird denn getestet, wer es am nötigsten hat?
Dorgerloh: Man kann sich dafür bewerben. Also, wir gehen davon aus, dass Lehrkräfte selber sich da anmelden, und für die ersten Kurse, die sind also bereits überlaufen, sodass wir also gucken müssen, wie wir jetzt auch die anderen, die sich da angemeldet haben, in die weiteren Kurse einbringen können. Und man kann sich anmelden, man hat dann zunächst die Möglichkeit, selber seinen Sprachstand anzugeben, wird dann aber auch nochmal getestet, sodass dann wirklich sehr zielgenau auf die jeweiligen Bedürfnisse hin fortgebildet werden kann.
Götzke: Fortbildung ist das eine, aber offenbar läuft ja auch in der Ausbildung der Englischlehrer einiges falsch, sonst wäre die ja nicht nötig.
Dorgerloh: Na ja, hier muss man deutlich sagen, dass es sich vor allen Dingen auch um Lehrkräfte handelt, die schon länger im Schuldienst dabei sind, deswegen sprechen wir auch von einem Auffrischungsprogramm. Und die Lehrkräfte, die jetzt in den letzten Jahren neu in das Schulsystem gekommen sind, bringen natürlich ganz andere Voraussetzungen mit als diejenigen, die die Sprache gelernt haben, als noch die beiden deutschen Staaten bestanden und die Mauer stand. Vielfach sind auch die Lehrkräfte schon auf eigene Faust unterwegs gewesen, haben Urlaub gemacht in Großbritannien oder in anderen englischsprachigen Ländern, also auch da gab es natürlich Interesse, aber auch persönliches Bemühen. Aber so eine Fortbildung gerade im Sprachbereich ist immer wichtig.
Götzke: Gibt es denn nach der Fortbildung auch einen Test, ob das Ganze was gebracht hat?
Dorgerloh: Es ist so, dass wir vorab getestet haben. Das heißt, wir waren mit dem British Council im Unterricht und haben uns den Unterricht angeschaut und haben da noch mal versucht zu sehen, wo sind denn besondere unterstützende Maßnahmen nötig, damit wir eben nicht ein theoretisches Programm hier entwerfen, sondern ganz zielgenau auf die bestimmten Bereiche, wo Bedarfe sind, fortbilden können. Aber eine Prüfung müssen die Lehrkräfte am Ende nicht machen.
Götzke: Sollten andere Ost-Bundesländer nachziehen?
Dorgerloh: Das kann man immer schlecht für die anderen Länder sagen. Wir sind sehr froh, dass wir mit dem British Council, was ja so eine Art Goethe-Institut der Briten ist, einen guten Partner gefunden haben, die also natürlich über ausgezeichnete Muttersprachler verfügen, über eine große Sprachkompetenz verfügen und eben uns auch die Aufenthalte in Großbritannien ermöglichen, da einen tollen Partner gefunden haben. Und ich glaube, dass das, wenn es erfolgreich ist, auch Nachahmer finden wird.
Götzke: Sachsen-Anhalts Englischlehrer müssen nachsitzen – äh, zur Fortbildung! Kultusminister Stephan Dorgerloh hat uns erklärt, warum. Besten Dank!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Herr Dorgerloh, warum müssen Ihre Englischlehrer nachsitzen, sind sie wirklich so viel schlechter als die West-Lehrer?
Stephan Dorgerloh: Also, das ist kein Nachsitzen, sondern es handelt sich hier um eine Fortbildungsinitiative, die wir gestartet haben, nachdem wir in den Vergleichsarbeiten gesehen haben, dass wir Bedarfe haben im Bereich Leseverstehen, im Bereich Hörverstehen. Hier gilt es ja, die Standards der KMK zu erfüllen, und das hängt sicherlich auch damit zusammen, dass wir natürlich noch einige englische Lehrkräfte haben, die eben in dem DDR-System ausgebildet wurden, wo sehr stark die Schriftsprache im Vordergrund stand. Also, hier wollen wir jetzt uns konzentrieren auf die lebendige Sprache, auf das Hören, auf das Verstehen, auf das Sprechen, und da ist das gut, dass wir mit dem British Council einen Partner gefunden haben, der uns das ermöglicht.
Götzke: Das heißt, die Defizite im Englischunterricht sind tatsächlich historisch bedingt?
Dorgerloh: Das muss man annehmen, denn die Befunde wiederholen sich in Thüringen, in Brandenburg, in Sachsen, also in ostdeutschen Bundesländern. Und es ist natürlich so, dass man, wenn man eine Sprache lernt, ohne die Möglichkeit zu haben, in ein muttersprachliches Land zu fahren – das war ja zu DDR-Zeiten der Fall –, dann lernt man natürlich so eine Sprache von Kassetten und aus Büchern. Aber das ist immer noch mal etwas anderes, dann eine Zeit lang wirklich in einem englischsprachigen Umfeld, im Alltag, zu sein und da die Sprache zu lernen. Und wir ermöglichen jetzt unseren Lehrkräften in einer modularisierten Fortbildung mit mehreren Bausteinen auch zwei Aufenthalte in Großbritannien, wo sie dann mit Lehrerinnen und Lehrern auch in Schulen gehen, aber eben auch im englischsprachigen Alltag unterwegs sind. Und das ist, glaube ich, eine gute Gelegenheit, die Sprachkenntnisse aufzufrischen und selber auch zu sehen, wie sich ja auch eine Sprache weiterentwickelt.
Götzke: Es soll ja die Hälfte der Englischlehrer an Kursen teilnehmen. Wie wird denn getestet, wer es am nötigsten hat?
Dorgerloh: Man kann sich dafür bewerben. Also, wir gehen davon aus, dass Lehrkräfte selber sich da anmelden, und für die ersten Kurse, die sind also bereits überlaufen, sodass wir also gucken müssen, wie wir jetzt auch die anderen, die sich da angemeldet haben, in die weiteren Kurse einbringen können. Und man kann sich anmelden, man hat dann zunächst die Möglichkeit, selber seinen Sprachstand anzugeben, wird dann aber auch nochmal getestet, sodass dann wirklich sehr zielgenau auf die jeweiligen Bedürfnisse hin fortgebildet werden kann.
Götzke: Fortbildung ist das eine, aber offenbar läuft ja auch in der Ausbildung der Englischlehrer einiges falsch, sonst wäre die ja nicht nötig.
Dorgerloh: Na ja, hier muss man deutlich sagen, dass es sich vor allen Dingen auch um Lehrkräfte handelt, die schon länger im Schuldienst dabei sind, deswegen sprechen wir auch von einem Auffrischungsprogramm. Und die Lehrkräfte, die jetzt in den letzten Jahren neu in das Schulsystem gekommen sind, bringen natürlich ganz andere Voraussetzungen mit als diejenigen, die die Sprache gelernt haben, als noch die beiden deutschen Staaten bestanden und die Mauer stand. Vielfach sind auch die Lehrkräfte schon auf eigene Faust unterwegs gewesen, haben Urlaub gemacht in Großbritannien oder in anderen englischsprachigen Ländern, also auch da gab es natürlich Interesse, aber auch persönliches Bemühen. Aber so eine Fortbildung gerade im Sprachbereich ist immer wichtig.
Götzke: Gibt es denn nach der Fortbildung auch einen Test, ob das Ganze was gebracht hat?
Dorgerloh: Es ist so, dass wir vorab getestet haben. Das heißt, wir waren mit dem British Council im Unterricht und haben uns den Unterricht angeschaut und haben da noch mal versucht zu sehen, wo sind denn besondere unterstützende Maßnahmen nötig, damit wir eben nicht ein theoretisches Programm hier entwerfen, sondern ganz zielgenau auf die bestimmten Bereiche, wo Bedarfe sind, fortbilden können. Aber eine Prüfung müssen die Lehrkräfte am Ende nicht machen.
Götzke: Sollten andere Ost-Bundesländer nachziehen?
Dorgerloh: Das kann man immer schlecht für die anderen Länder sagen. Wir sind sehr froh, dass wir mit dem British Council, was ja so eine Art Goethe-Institut der Briten ist, einen guten Partner gefunden haben, die also natürlich über ausgezeichnete Muttersprachler verfügen, über eine große Sprachkompetenz verfügen und eben uns auch die Aufenthalte in Großbritannien ermöglichen, da einen tollen Partner gefunden haben. Und ich glaube, dass das, wenn es erfolgreich ist, auch Nachahmer finden wird.
Götzke: Sachsen-Anhalts Englischlehrer müssen nachsitzen – äh, zur Fortbildung! Kultusminister Stephan Dorgerloh hat uns erklärt, warum. Besten Dank!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.