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English in second grade

Was ist das richtige Alter, um Schreiben, Lesen, Rechnen oder Fremdsprachen zu lernen? In Nordrhein-Westfalen büffeln seit etwa zwei Jahren bereits die i-Männchen Englisch. Das machen bislang nicht alle Bundesländer. Die Bilanz nach zwei Jahren fällt gemischt aus.

Von Detlef Proges | 27.11.2010
    "O.K., sit down please."

    Es ist die vierte Stunde an diesem Vormittag. Ein abrupter Wechsel für die Kinder - jetzt wird eine Schulstunde lang fast nur noch Englisch gesprochen. In der Klasse 2A der Matthias-Claudius-Grundschule in Münster unterrichtet dieses Mal die Referendarin Christina Rösner.

    "What do you think what are we going to do? We start with our warm-up. Justus, how are you today?” Justus: "I´m fine. How are you today, Finn?”"

    Sprachliches Aufwärmtraining. Gegenseitig fragen sich die Schüler auf Englisch, wie es dem Klassenkameraden geht oder welche Lieblingsfarbe die Mitschülerin hat. So hat fast jedes Kind bereits zu Anfang der Stunde Englisch gesprochen – zumindest ein bisschen. Dann zeigt die Referendarin auf Bilder an der Tafel.

    ""I say first then you. Sponge. Sponge. Chair. Chair. Pupils. Pupils."

    Vormachen und nachmachen statt Vokabeln pauken. Auch mithilfe einer bunten Pappschachtel und einer kleinen Handpuppe, genannt "Little Birdy".

    "Now look at me, the box and little birdy. Where is little birdy?” / 18:05 Schüler: "Little Birdy ist unter der Box.” Referendarin: "Where is little Birdy now?” / Schüler: "Neben der Box.” / Referendarin: "Can you say it in english? Little Birdy is next to the box.” / Schüler: "Little Birdy is next to the box.”"

    Häufig vermischen die Zweitklässler aus Münster Englisch und Deutsch in einem Satz. Die angehende Lehrerin antwortet oder berichtigt aber nur auf Englisch. Die Schüler sagen, sie mögen den Unterricht.

    ""Mir gefällt ,wenn man in England fährt, dann versteht man die Wörter auch besser und kann man auch die anderen Wörter verstehen.""Dass wir so viele Spiele machen mit dem Englisch.""

    "Mir gefällt am Englischunterricht, dass sich sehr viele Staaten auch geeinigt haben, dass sie Englisch nehmen, dass sie sich auch gegenseitig verstehen können. Und deshalb sprechen wir jetzt Englisch, dass ich, wenn ich im Ausland bin, mich verständigen kann."

    Die eigentliche Englischlehrerin der 2A aus Münster beobachtet den Unterricht und hilft den Schülern beim Abschreiben englischer Begriffe. Insa Laukötter findet, spielerischer Fremdsprachenunterricht ab der ersten Klasse mache durchaus Sinn.

    "Das Interesse ist noch sehr ausgeprägt im ersten Schuljahr. Die haben einfach noch sehr viel Spaß an den Spielen und man kann das eben über diesen spielorientierten Ansatz mit der Little-Birdy-Handpuppe machen, passt einfach gut zu dem Alter."

    Seit zwei Jahren pauken bereits die I-Männchen in Nordrhein-Westfalen nun englische Wörter und Sätze. Und in die bisherige Bilanz mischen sich auch kritische Stimmen.

    "Ich glaube nicht, dass es die Lösung ist, immer alles noch eher zu machen."

    … sagt Rixa Borns, die in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft die nordrhein-westfälische Fachgruppe Grundschulen leitet. Die Grundschüler aus Nordrhein-Westfalen haben jetzt zwei Mal in der Woche eine Schulstunde lang Englischunterricht. Mit solchen vereinzelten Lerninseln im Stundenplan ist aber es schwierig, die Fremdsprache zu etwas Vertrautem und Alltäglichem zu machen. Deshalb wünscht sich die Gewerkschafterin, dass Englisch möglichst jeden Tag in der Schule gesprochen wird.

    "Wenn das immer nur einzeln zwei Stunden in einer Woche sind, die dann auch noch weit auseinanderliegen, dann ist das eben nicht so, dann lernen die Kinder das eben ganz anders, sie müssen das ganz anders auffassen, als wenn man den ganzen Tag Englisch redet."

    Besser wäre es, sagt die Gewerkschafterin und Grundschulleiterin aus Münster, wenn Englischunterricht immer von den Klassenlehrern erteilt würde. Die seien jeden Tag mit den Schülern zusammen.

    "Weil der vereinzelte Fachunterricht mit einer Stunde am Tag und die zweite drei Tage später doch dazu führt, dass die Kinder vieles vergessen zwischendurch und auch im Unterricht nicht so dabei sind, als wenn die Klassenlehrerin am Tag mal so eine Viertelstunde Englisch macht. Das klappt natürlich nur dann wenn ich genug Englischlehrer habe und die hat keine Schule zur Zeit."

    Der frühe Englischunterricht könne so auch eine Überforderung der Kinder sein, ergänzt Rixa Borns von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Aber einfach den frühen Fremdsprachenunterricht wieder abschaffen, das sei auch keine Lösung.

    "Ich glaube, wir können das Rad nicht mehr zurückdrehen, weil ja auch SEK 1 sich in der Zwischenzeit mit ihrer Sprachenfolge darauf eingestellt hat, dass die Kinder mit einem Vorwissen aus dem Englischuntericht in der Grundschule kommen."

    "Lay down your pencils please. Look at me and lay down your pencil.”"

    Zurück in der 2A der Matthias Claudius Grundschule in Münster. Die Kinder hier machen sich ihre eigenen Gedanken über ihren Englischunterricht.

    "Ja, ich würde gerne etwas ändern, dass wir mehr Englisch lernen und nicht so oft die Sachen wiederholen, die wir dann schon ganz oft gemacht haben."

    "Ich möchte ändern, dass wir mehr Spiele machen, weil wir haben eigentlich erst zwei Spiele gemacht in einem Jahr."

    "Eigentlich fände ich es toll, wenn wir nur Wörter lernen und gar keine Spiele, weil, die Wörter sind ja eigentlich viel wichtiger als die Spiele, dass ich dann, auch wenn ich in England bin, die Sprache sagen kann und besser reden kann."