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Entkeimung von getrockneten Lebensmitteln

Krankmachende Keime können getrocknete Lebensmittel wie Trockenobst, Kräuter oder Gewürze im schlimmsten Fall ungenießbar machen. Um die Keimzahl zu reduzieren, werden Lebensmittel in den Niederlanden bestrahlt; hierzulande war das bis Ende vergangenen Jahres generell verboten. In Deutschland rückt man den Keimen zum Beispiel durch Begasung zu Leibe. Eine Alternative entwickelte die Firma Zelgerm aus der Schweiz. In einem Vakuum werden die Keime mit Dampf abgetötet. Die erste Anlage deutschlandweit steht im mecklenburgischen Boizenburg.

von Susanne Roßbach |
    In der großen Halle riecht es nach Curry. Das Pulver wird in Schubladen auf einen großen Rollwagen verteilt und dann in die Vakuum-Druck-Kammer geschoben. Dort wirkt pharmazeutisch sauberer Dampf wenige Minuten auf das Currypulver ein, anschließend wird es getrocknet, aufgelockert und verpackt. Wenn notwendig, wird die Ware auch entwest, das heißt von kleinen Lebewesen, wie Spinnen, Käfern oder Larven, befreit. Wo früher Schiffe gebaut wurden, auf dem Gelände der ehemaligen Elbewerft in Boizenburg, entkeimen die Arbeiter der Firma Zelgerm seit einem Jahr getrocknete Lebensmittel. Über 300 verschiedene Produkte wie Trockenfrüchte, Tee oder Gewürze durchlaufen die Maschine, derzeit sind es 80 Tonnen im Monat. Geschäftsführer Jirka Blaha , ein gebürtiger Tscheche, erläutert das Verfahren:

    Die Oberfläche der Ware, auf der die Keime sitzen, behandeln wir, sprich: mit Dampf, Temperatur einwirken lassen, so dass die Keime abgetötet werden. Mit der Vorgabe soll das passieren: so geringe Temperatur wie möglich und in kürzester Zeit, damit die Ware nicht in Sensorik und Geschmack beeinträchtigt wird.

    So wird die Ware physikalisch entkeimt und nicht chemisch, wie bei der bisher üblichen Begasung. Ein weiterer Vorteil, so Blaha, ist die Schnelligkeit des Verfahrens. Ein ganzer Durchlauf dauert zwischen 12 und 18 Minuten, wobei die eigentliche Behandlung der Ware mit Dampf in einer bis drei Minuten abgeschlossen ist. Gase haben eine wesentlich längere Einwirkzeit. Das häufig verwendete Phostoxin etwa muss drei Tage einwirken. Preislich sei das neue Verfahren konkurrenzfähig.

    Unser Verfahren ist preislich durchaus vergleichbar mit anderen Vorgehensweisen. Vielleicht ist es in bestimmten Bereichen etwas teurer, weil natürlich das Handling bei uns ein bisschen größer als beim Beispiel Begasung ist. Aber gleichzeitig ist das ein absolut natürliches Verfahren, was auch einen Wert hat. Und der zweite wesentliche Vorteil: wir können sämtliche Produkte im trockenen Lebensmittel-Bereich machen, genauso im Pharmabereich und in der Kosmetikindustrie.

    Zudem ermögliche es die moderne Technologie, jedes Produkt - ob es Vanilleschoten sind, Nüsse, Tee oder Pfeffer - speziell nach seinen Bedingungen zu behandeln:

    Bei unserem Verfahren ist es so, dass die Ware in eine geschlossene Kammer kommt, wo wir ganz klar in jeder Sekunde die Konditionen wissen und die physikalischen Bedingungen und die Parameter. Dadurch können wir reagieren. Und jedes Produkt hat ganz andere Bedingungen. Bei Pfeffer sind das über 12 Programme, weil schwarz ist nicht weiß und ganz ist nicht geschrotet und geschrotet ist nicht gemahlen. Dadurch ist die Qualität der Entkeimung wesentlich besser.

    Das Vakuum - Dampf -Verfahren erhielt bereits die Europa-Bio-Zertifizierung und die Zertifizierung nach der ISO Norm 9002. Für die Erfinder des Systems ein weiteres Indiz dafür, dass ihre Technologie Zukunft hat. Auch wenn die preiswertere Bestrahlung von getrockneten Lebensmitteln seit Ende vergangenen Jahres auch in Deutschland zugelassen ist. Denn gleichzeitig wurde geregelt, dass es aus der Zutatenliste ersichtlich sein muss, wenn zum Beispiel bestrahlte Gewürze in der Fertigpizza stecken. Auch bei loser Ware und auf Speisekarten müssen bestrahlte Lebensmittel deklariert werden. Da hoffen die Schweizer, dass dem Verbraucher mit Wasserdampf behandelte Lebensmittel lieber sind.