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Entlastung für den Stadtkämmerer

Wie kann er seine finanzklamme Stadt unterstützen, fragte sich ein Unternehmer im niedersächsischen Neustadt am Rübenberge und kam zu dem Schluss, dass Energiesparen der beste Ansatz sei. Er entwickelte ein Energiesparmodul für Straßenlaternen, mit dem sich die Energiekosten um ein Drittel senken ließen. Die Neustädter Stadtväter waren begeistert vom Einsparpotential - nur leider konnten sie sich die Geräte nicht leisten. Da beschloss der findige Geschäftsmann, 200 dieser Module der Stadt einfach zu schenken, damit sie mit eigenen Augen sehen konnten, wie sehr sich die Anschaffung lohnt.

Von Michael Engel | 27.07.2004
    Ein Uhu ruft. Doch die Idylle trügt. Wenn es Nacht wird in Neustadt am Rübenberge, dann wird es richtig teuer. 7500 Straßenlaternen beleuchten die ländlich zerstreute Ortschaft – mit Stromkosten von 375.000 Euro im Jahr. Eine Nachtabschaltung – von eins bis vier Uhr in der Frühe – entlastet die Kommune zwar um satte 100.000 Euro, doch selbst das kann niemanden freuen: Neustadt ist nämlich pleite. Die leidige Spardebatte um die Straßenlaternen brachte den Neustädter Unternehmer Matthias Müller auf einen genialen Einfall:

    Die Idee ist, dass wir das Licht für Bruchteile von Sekunden – sprich – im tausendstel Sekundenbereich ausschalten. Und dadurch ein Nachglühen der Leuchte erreichen, was das menschliche Auge nicht wahrnehmen kann. Und diesen Effekt des Auges nutzen wir, wenn wir bis zu 100mal pro Sekunde das Licht ausschalten – im 1000stel-Sekundenbereich ist es für das menschliche Auge nicht wahrnehmbar.

    Nur sieben Zentimeter hoch und viereinhalb Zentimeter breit ist sein Energy-Power-Saver – kurz EPS. Das Energiesparmodul passt als Vorschaltgerät in jede Straßenlaterne hinein. Einhundertmal in der Sekunde knipst EPS den Strom einfach aus, ohne dass jemand etwas merkt. Das menschliche Auge reagiert nämlich viel zu träge, und außerdem überbrückt das sogenannte "Nachleuchten" der Lampen die kurze Abschaltzeit. Ergebnis der trickreichen Schaltung: 30 bis 50 Prozent weniger Stromverbrauch:

    Das ist eine elektronische Lösung, es wird alles elektronisch ohne einen mechanischen Kontakt realisiert.

    200 dieser handlichen Geräte hat die Müller Industrieelektronik GmbH jetzt der Stadtverwaltung Neustadt geschenkt, um einen Feldversuch unter Alltagsbedingungen zu starten. In den nächsten Monaten soll nämlich geprüft werden, wie sich das Vorschaltgerät auf den Stromverbrauch - bezogen auf eine Straßenlaterne - auswirkt:

    Dort kommen wir auf einen reinen Stromkostenverbrauch ca. von 50 Euro pro Jahr. Wir haben den Versuch hier aufgebaut mit 30 Prozent Energieersparnis. Sprich: bei 50 Euro im Mittel liegen wir ungefähr bei 15 Euro Energieersparnis im Jahr. Jetzt muss ich noch die Wartungskosten bzw. die Installationskosten noch hinzurechnen. In eineinhalb Jahren haben wir die Rückzahlung bei dieser Investition.

    Sollten sich die 20 Euro kostenden Geräte tatsächlich in so kurzer Zeit bezahlt machen, wäre dies ein Erfolg für beide Seiten. Für den Unternehmer, der sein patentiertes Gerät erfolgreich vermarkten kann. Für die gebeutelte Kommunalverwaltung, die jeden Euro zweimal umdrehen muss. Und dann gibt es noch das erhabene Gefühl der Vorreiterfunktion:

    Interesse besteht natürlich bei großen Versorgungsträgern. Weil überall eingespart werden muss. Und Straßenbeleuchtung ist überall ein erheblicher Anteil der Kosten. Aber die warten natürlich ab und haben auch nicht ganz so das Interesse wie wir, unserem mittelständischen Unternehmen zu helfen. Nach dem Motto: Hannemann, geh’ Du voran.

    Ernst Kerger – Leiter des Fachdienstes Tiefbau in Neustadt am Rübenberge – hat gut Lachen. Die 200 ersten Module helfen bereits beim Sparen, nun will die Stadtverwaltung aber noch
    herausfinden, ob die elektronischen Geräte vielleicht nicht doch an der Lebensdauer der Lampen nagen oder die Lichtleistung negativ beeinflussen. Ende August werden die ersten Ergebnisse erwartet. Bleibt zu hoffen, dass in Neustadt die Lichter nicht ausgehen.