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EU-Berichterstattung
Neue Sicherheitsgebühr für Journalisten

50 Euro alle sechs Monate: So viel sollen in Belgien lebende Journalisten bald bezahlen, wenn sie von den EU-Gipfeln berichten wollen. Nur gegen Gebühr bekommen sie die notwendige Sicherheitsprüfung. Die Neuregelung trifft vor allem Freiberufler.

Von Peter Kapern |
    Das Foto zeigt Frankreichs Staatspräsidenten Emmanuel Macron vor Reportern zum Auftakt des EU-Gipfels.
    Zum Auftakt des EU-Gipfels sprach auch Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron vor Journalisten. (dpa-Bildfunk / AP / Geert Vanden Wijngaert)
    Tom Weingärtner der Chef der API, der Organisation der ausländischen Journalisten in Brüssel, ist kein Mann, der schnell mit der Faust auf den Tisch haut. Jetzt aber, mit Blick auf das gerade in Belgien in Kraft getretene Gesetz, ist er ganz entschieden. Er ist der Überzeugung, "dass das eine indirekte Beschränkung der Pressefreiheit ist."
    Journalisten sollen nämlich künftig dafür bezahlen, wenn sie ihrer Arbeit nachgehen. Jedenfalls immer dann, wenn ein EU-Gipfel dafür sorgt, dass das Brüsseler Europaviertel Kopf steht. Vier Mal im Jahr ist das so. Dann werden Panzersperren aus Beton auf die Straßen gepackt. Schwerbewaffnete patrouillieren, Polizeikolonnen sind mit Blaulicht und Sirene unterwegs und Helikopter kreisen über der Szene mit ihren Überwachungskameras.
    Medienvertreter sollen für Sicherheitsüberprüfung bezahlen
    Wer in diesen Tagen durch die Lücken in den Stacheldrahtabsperrungen hindurchschlüpfen will, der braucht eine Akkreditierung: einen Ausweis, der Zugang verschafft und der durch seine Farbe regelt, wer wie weit in das Innere des Gipfelbetriebs vordringen darf.
    Der Ausweis der Journalisten ist gelb. Besonders nah an den Sitzungssaal der Staats- und Regierungschefs kommt man damit nicht heran. Trotzdem halten die Gipfelorganisatoren Medienvertreter, die vom Gipfel berichten wollen, offensichtlich für ein Sicherheitsrisiko. Und deshalb gibt es den gelben Zutrittsausweis erst nach einer Sicherheitsüberprüfung.
    Rund 1600 Journalisten verfolgen jeden der EU-Gipfel. Diejenigen, die eigens dafür aus ihren Heimatländern anreisen, werden von den dortigen Behörden einem Sicherheitsscreening unterzogen. 850 Auslandskorrespondenten leben jedoch fest in Brüssel. Und die werden von den belgischen Behörden unter die Lupe genommen. Und genau dafür, für diese Sicherheitsüberprüfung, sollen die Medienvertreter jetzt zahlen: alle sechs Monate 50 Euro.
    "Die Kostenverursacher sind ja nicht die Journalisten"
    "Also dieser ganze Ansatz, Gebühren von bestimmten Personen dafür zu erheben, dass sie besonders geschützt werden müssen, oder dafür, dass sie ein besonderes Risiko darstellen, das kann nicht sein", sagt API-Chef Tom Weingärtner.
    Und er verweist darauf, dass die Sicherheitsüberprüfung nicht auf Wunsch der Korrespondenten verordnet worden ist: "Die Kostenverursacher sind ja nicht die Journalisten, sondern die Staats- und Regierungschefs bzw. die Mitgliedstaaten, die das erwarten. Also, wenn es im Zweifelsfall etwas kostet, müssen die diese Kosten tragen."
    EU-Institutionen reagieren verhalten
    Die Europäischen Institutionen reagieren zurückhaltend. Der Rat, der die EU-Gipfel veranstaltet, beteuert, er sei von den belgischen Behörden nicht kontaktiert worden, als das neue Gesetz ausgearbeitet wurde. Man habe der belgischen Regierung aber seine Bedenken übermittelt, heißt es auf der einen Seite der Rue de la Loi, der Hauptstraße des Europaviertels.
    Auf der anderen Seite, bei der Kommission, deutet Sprecherin Mina Andreewa an, dass man sich die Sache gegebenenfalls genauer ansehen werde: "Natürlich ist die Kommission die Hüterin der europäischen Verträge. Und wenn wir Beschwerden erhalten, dann haben wir natürlich Mittel, uns das anzuschauen und zu bewerten - auf der Grundlage der Gesetze."
    Und diese europäischen Gesetze besagen, dass Behörden EU Bürger, ganz gleich, aus welchem Mitgliedsland sie kommen, nicht unterschiedlich behandeln dürfen - also auch nicht in Belgien lebende Journalisten abkassieren und aus anderen Ländern zur Berichterstattung anreisende Journalisten verschonen dürfen.
    Gesetz gilt auch für Piloten und Lokführer
    Die belgische Regierung verweist unterdessen darauf, dass das neue Gesetz nicht nur Journalisten in den Fokus nimmt. Es verlangt von jedem in Belgien lebenden Arbeitnehmer, der regelmäßig nachweisen muss, dass er kein Terrorist oder Gangster ist, 50 Euro für das Screening - also auch von Lokführern und Piloten. Die bekommen jedoch, genauso wie etliche Journalisten, das Geld von ihren Arbeitgebern erstattet.
    Anders als die vielen Freelancer, die Freiberufler unter den Journalisten, die häufig für ein kümmerliches Honorar für Medien aus den ärmeren Mitgliedstaaten arbeiten. Für die ist die Sicherheitsgebühr nichts anders als ein Eintrittsgeld zum Arbeitsplatz.
    Tom Weingärtner, der Vorsitzende der Auslandspresse in Brüssel: "Unsere Forderung ist natürlich, dass diese Entscheidung rückgängig gemacht wird. Denn diese Journalisten können sich das nicht alle leisten, die 50 Euro zu bezahlen, und würden dann auf die Berichterstattung vom Gipfel verzichten müssen. Und das kann natürlich nicht akzeptabel sein."
    Möglicherweise hat der Protest schon etwas in Bewegung gebracht. Ein Sprecher der belgischen Regierung ließ am Vormittag wissen, man werde sich die Sache noch einmal anschauen.