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EU legt Emissionshandel im Flugverkehr teilweise auf Eis

Ein Handelskrieg im Luftverkehr ist vorerst abgewendet: Die EU-Kommission hat die Unterwerfung von Fluggesellschaften aus Drittländern in den Emissionshandel für ein Jahr auf Eis gelegt. Bis Herbst 2013 solle die Weltluftfahrtorganisation ICAO "eine marktbasierte Lösung" finden, teilte EU-Kommissarin Connie Hedegaard mit.

Von Markus Dichmann | 12.11.2012
    Es lässt sich als ein Eingeständnis der EU deuten – vielleicht sogar als ein Einknicken. Bis Herbst 2013 wird die Emissionsabgabe für Flüge, die außerhalb der Europäischen Union landen oder starten, aufgehoben. EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard bewertet diesen Schritt gänzlich anders:

    "Um eine positive Atmosphäre zu schaffen, habe ich die 27 Mitgliedstaaten gebeten die Uhr anzuhalten – und zwar bis zur Generalversammlung der internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO im Herbst nächsten Jahres."

    Dort soll der Streit, der seit der Einführung des Emissionshandels entbrannt ist, endgültig beigelegt werden. Seit Januar diesen Jahres müssen Fluggesellschaften Zertifikate für den CO2-Ausstoß kaufen, den ihre Flugzeuge bei Start oder Landung in Europa verursachen. Die Idee hinter dem Programm: Geht es den Airlines an die Brieftasche, dann würden sie auch eher in Maschinen mit geringerem CO2-Ausstoß investieren.

    Aber die Zertifikate haben zu einer ganzen Reihe von Auseinandersetzungen geführt – innerhalb und außerhalb der EU. Staaten wie China, die USA oder Russland sehen nicht ein, dass ihre Airlines wegen einer europäischen Maßnahme zur Kasse gebeten werden sollen. Und schon im Frühjahr schrieben die großen europäischen Airlines einen Brandbrief an Kanzlerin Merkel und die übrigen Staats- und Regierungschefs. Sie fürchten Wettbewerbsverzerrungen und eine Revanche der nicht-europäischen Länder - die sie zu Teilen schon zu spüren bekommen. Indien will die Verkehrsrechte für EU-Airlines aussetzen oder nicht verlängern, Russland fordert höhere Gebühren für Überflüge und China hat die Bestellung gleich Dutzender Maschinen des Herstellers Airbus auf Eis gelegt.

    "Es gab viele, die sich angestrengt haben, die CO2-Regulierungen der EU wieder loszuwerden. Ohne Erfolg. Aber viele dieser Länder sind jetzt bereit sich in dieser Sache zu bewegen. Das ist in der Tat eine der guten Neuigkeiten des ICAO-Gipfels von letztem Freitag."

    Dort will Energiekommissarin Hedegaard ein Umdenken festgestellt haben, das sie unter anderem auch mit der Wiederwahl des US-Präsidenten Barack Obama in Verbindung bringt. Außerdem ist eine Expertenkommission gebildet worden, die bis zur ICAO-Generalversammlung den Rahmen für eine weltweite Regulierung erarbeiten soll. Dass jetzt die CO2-Abgabe ausgesetzt wird, soll ein Zeichen des guten Willens sein an die Verhandlungspartner. Das Projekt sei damit begraben, meint hingegen der umweltpolitische Sprecher der FDP im europäischen Parlament, Holger Krahmer. Europäische Insellösungen, so der Liberale, würden im globalen Markt nicht funktionieren. Das weiß auch die EU-Energiekommissarin und nimmt ihre internationalen Partner in die Pflicht:

    "Das ist eine lang ersehnte Möglichkeit, die wir nutzen müssen. Aber lassen sie es mich ganz deutlich sagen: Die Zeit für Gerede und Positionieren ist vorbei. Wenn dieser Versuch erfolglos endet, dann sind wir - in Sachen Emissionshandel – automatisch wieder dort, wir heute stehen."