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EuGH-Urteil
Keine strengeren Grenzwerte für Gift in Spielzeug

Arsen, Quecksilber, Blei: Man sollte meinen, dass diese Stoffe in Kinderspielzeug nichts zu suchen haben. Deutschland hat deshalb bereits vor Jahren vergleichsweise strenge Grenzwerte für Schwermetalle in Spielzeug erlassen, die die Bundesregierung auch gegenüber der EU verteidigen wollte. Jetzt hat der Europäische Gerichtshof den Streit entschieden.

Von Benedikt Schulz | 14.05.2014
    Spielzeugsammler Marko Kogmann präsentiert am 28.09.2013 DDR-Spielzeuge im neuen DDR-Spielzeugmuseum in Aschersleben (Sachsen-Anhalt).
    Vor allem in Farben und Lacken der Spielwaren können Schwermetalle enthalten sein. (dpa / Matthias Bein)
    Deutschland konnte in den Augen der Richter nicht nachweisen, dass die bisherigen, eigenen Grenzwerte einen besseren Schutz bieten, als die Richtlinie, die die EU-Kommission 2009 erlassen hat. Doch ein solcher Nachweis wäre notwendig gewesen, damit Deutschland seine bisherigen Vorgaben beibehalten darf. Damit ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs ein Sieg für die EU-Kommission.
    Im Streit ging es nicht nur um unterschiedliche Grenzwerte, sondern vielmehr darum, wie Schadstoffe in Spielzeug gemessen werden, also um technische Fragen. Die Richtlinie der EU definiert dazu einen sogenannten Migrationswert. Migrationswert bedeutet: Die Menge eines Schadstoffes, die von einem Spielzeug tatsächlich abgegeben, und tatsächlich vom menschlichen Körper aufgenommen wird. Dieser Migrationswert richtet sich auch nach dem Material, aus dem das Spielzeug besteht.
    Die deutschen Grenzwerte dagegen richten sich nach Bio-Verfügbarkeit. Das heißt: die Menge an Schadstoffen, die von einem Spielzeug abgegeben wird und theoretisch vom menschlichen Körper aufgenommen werden kann – kann, aber nicht zwangsläufig aufgenommen wird. Diese Grenzwerte gelten zudem unabhängig vom Material. Die Kommission sagt: Bei bestimmten Materialien seien die europäischen Grenzwerte sogar strenger, als die deutschen. Die Richter stimmten dem zu. Deutschland könne nicht behaupten, die EU-Richtlinie lasse eine stärkere Schadstoffbelastung zu, als die bislang geltenden.
    Die europäische Verbraucherschutzorganisation BEUC kritisiert dagegen die EU-Richtlinie seit Jahren. Für die Organisation geht der Streit zwischen Kommission und Deutschland zudem am grundsätzlichen Problem völlig vorbei, sagt die Referentin für Produktsicherheit beim BEUC, Sylvia Maurer:
    "Das Problem generell in der EU mit der Chemikalienpolitik ist: Man schaut sich eine Chemikalie an, man macht einen Grenzwert. Aber es wird eben auch vergessen, dass generell Kinder eine besonders schutzwürdige Gruppe sind und dass wir jeden Tag einem Cocktail von Chemikalien ausgesetzt werden. Und es gibt eben auch neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die sagen, dass diese Mixtur eben noch mal viel stärker wirkt, als wenn man sich die Sicherheit von Chemikalien allein anschaut."
    Deutschland hatte im Rat gegen die neue Richtlinie gestimmt und anschließend bei der Kommission beantragt, die nationalen Grenzwerte beibehalten zu dürfen. Die Kommission hatte das für bestimmte Stoffe, nämlich Blei und Barium erlaubt, jedoch nur bis zum 21. Juli 2013. Für Antimon, Arsen und Quecksilber verlangte Brüssel jedoch eine sofortige Einhaltung der neuen Richtlinie. Dagegen hatte Deutschland geklagt und war damit zunächst erfolgreich. Die Richter in Luxemburg beschlossen im Dezember vergangenen Jahres, dass Deutschland seine Richtwerte bis auf Weiteres beibehalten darf – bis ein endgültiges Urteil fällt. Dieses Urteil wurde heute gefällt – Deutschland muss sich nun an die Grenzwerte der EU Kommission halten.