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Europas Tor zum Weltraum bietet Praktika

In dieser Woche kommt der deutsche Raumfahrer Thomas Reiter nach einem halben Jahr in der internationalen Raumstation ISS zurück zur Erde. Während es für die meisten ein Traum bleiben wird, jemals ins All zu fliegen, gibt es einige, die schon als Student oder Studentin für die Weltraumfahrt arbeiten. Ein Praktikum in der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA macht es möglich.

Von Ludger Fittkau |
    Am frühen Morgen ist es im Darmstädter Kontrollraum für den Satelliten "Venus Express" noch ziemlich ruhig. Lindy Spiteri nimmt ihren Arbeitsplatz ein. Auf einem großen Monitor laufen ständig aktualisierte Daten des europäischen Venus-Satelliten ein. In gelb und rot kommen ab und zu Hitzewarnungen. Bei rot muss die Studentin aus dem niederländischen Delft einen Techniker informieren, damit der Satellit zusätzlich gekühlt wird:

    " Dies ist schon das, wo wir die Satelliten fahren, kannst du sagen. Und das dauert normal acht Stunden, Und da sitzt hier jeden Tag jemand, der guckt mal, der macht die Dinge, die wir aufgeschrieben haben."

    Klar, Raumfahrerin zu sein sei ihr Traum, wer wollte das nicht, sagt Lindi Spiteri.
    Doch sie ist realistisch: Es sei schwer, die Auswahltests zu bestehen. Es sei auch körperlich sehr anstrengend, solange im All zu sein wie Thomas Reiter. So werden zum Beispiel die Beine schwächer, hat sie von den Kollegen der Europäischen Raumfahrtagentur ESA in Darmstadt gehört. Dort macht sie seit August dieses Jahres ein Praktikum im Satellitenkontrollzentrum ESOC. Zum Praktikum gehört auch ein Deutschkurs, doch noch fühlt sich die niederländische Studentin im Englischen sicherer:

    "Dieses Mal wollte ich nach Darmstadt, weil das der einzige Ort innerhalb der ESA ist, wo Weltraum-Operationen gesteuert werden. Nächstes Jahr, wenn ich mein Studium beendet habe, gibt es diese YGT´s, young graduate trainees. Im Moment kann man sich dafür beweben und dann gibt es verschiedene ESA-Orte, die du wählen kannst. Du kannst nach Spanien, Italien, nach Köln, hierhin oder in die Niederlande gehen."

    Lindy Spiteri hat sich in dem halben Jahr im Darmstädter Satelliten-Kontrollzentrum vor allem um den Satelliten "Venus Express" gekümmert. Den Flug am Bildschirm überwachen und Daten sammeln ist für die Studentin fast zur Routine geworden.
    Ihr Team hat den Ende 2005 gestarteten Satelliten inzwischen nahe an die Venus gebracht hat und nun wird darauf geachtet, dass der nicht überhitzt, wenn er nun Daten aus der Atmosphäre des Planeten liefert:

    "Der Satellit Venus Express ist nun in der Venus-Umlaufbahn. Das ist sehr nahe bei der Sonne, es ist sehr heiß dort. Venus Express basiert auf der Technik anderer Satelliten, die weiter weg von der Sonne fliegen. So muss man nun besonders darauf achten, wie warm man den Satelliten werden lassen kann. Es gibt noch nicht viel Erfahrung mit diesem Temperatursystem."

    Jederzeit könne sie als Praktikantin in die Büros der erfahrenen ESOC-Kollegen gehen, um Fragen zu stellen, erzählt Linda Spiteri. Schließlich seien auch diese neugierig, was die Studentin durch ihre Beobachtung der Venus-Sonde neues erfährt.

    Zur Raumfahrt ist Lindy Spiteri, die an der Technischen Universität Delft Luft- und Raumfahrttechnik studiert, nicht übers Fliegen gekommen wie Thomas Reiter, sondern eher durch ihr Interesse an den Naturwissenschaften:

    " Früher auf dem Gymnasium fand ich Mathematik und Physik sehr toll, ich wusste nicht, was ich von den zwei studieren sollte. Sie haben mir Luft- und Raumfahrt gesagt, die haben beide. "

    Ob man sich bei der ESA für ein Studentenpraktikum oder für ein einjähriges Praktikum nach dem Studienabschluss bewirbt: Man muss flexibel sein, was den Einsatzort betrifft. Denn die Europäische Raumfahrtbehörde ist zwischen Kourou in Französisch Guana und Frascati in Italien auf sieben Standorte verteilt.
    Beachten sollte man vielleicht auch deutlichen Unterschied, den es vor oder nach dem Studienabschluss beim Geld gibt: Während die ESA den studentischen Praktikanten lediglich zehn Euro Taschengeld pro Tag zukommen lässt, kann man beim Jahrespraktikum nach Studienabschluss schon mit 2000 Euro monatlich rechnen. Bewerben können sich in beiden Fällen vor allem angehende Mathematiker und Ingenieure, Physiker oder Informatiker. Aber auch Juristen und Betriebswirte sind unter Umständen für die ESA interessant. Wichtigste Voraussetzung bei allen: Begeisterung für das Weltall.