Eigentlich ist die Sache ganz einfach: Sie tüfteln jahrelang und entwickeln dabei ein noch nie da gewesenes und unglaublich praktisches Gerät. Damit niemand ihnen die Idee klaut, melden Sie ein Patent an. Nur - in Zeiten eines zusammenwachsenden Europas fangen genau hier die Probleme an, denn selbst wenn sie ein Patent in Deutschland angemeldet haben, kann immer noch ein Engländer oder ein Schwede die Idee klauen. Deshalb wurde 1977 das Europäische Patentamt mit Sitz im München gegründet. Während der ESOF 2006 fanden hier mehrere Seminare statt.
Monika Seynsche: Herr Grotelüschen, es gibt ein europäisches Patentamt, dennoch besitzt jedes Mitgliedsland auch ein eigenes. Nehmen die sich nicht gegenseitig die Arbeit weg?
Frank Grotelüschen: Nein, kann man sagen, denn wenn ich mit meiner Erfindung nur auf einen Markt will, nach Deutschland zum Beispiel, dann ist es für mich eigentlich billiger und einfacher, mein Patent nur beim nationalen Patentamt, also beim deutschen Patentamt, einzureichen. Aber wenn ich es auf mehrere europäische Länder abgesehen habe, dann macht der Gang zum europäischen Patentamt Sinn. Angenommen, man will seine Erfindung in 20 Staaten schützen lassen, dann müsste man ja jeweils einen Patentantrag in der jeweiligen Landessprache stellen - fürchterlich umständlich und teuer. Beim europäischen Patentamt reicht es dann in Englisch, Deutsch und Französisch - also viel einfacher und viel weniger Aufwand. Das wird auch mittlerweile genutzt: Fast 180.000 Patentanmeldungen verzeichnet das Amt pro Jahr. Deutschland liegt übrigens mit 23.000 Anmeldungen pro Jahr auf Platz zwei hinter den USA, aber noch vor Japan und den anderen europäischen Staaten.
Seynsche: Eines der Seminare heute morgen war überschrieben: "Was muss sich ändern am europäischen Patentsystem?" Was muss sich denn ändern?
Grotelüschen: Da gibt es schon einige Kritikpunkte der Experten. Manchen Fachleuten ist das Verfahren für die Patenteinreichung immer noch zu aufwändig, zu langwierig und zu teuer. Sie schlagen vor, das jetzt nicht mehr in den bisherigen drei Amtssprachen zu machen, sondern eigentlich nur noch in Englisch, und in anderen Sprachen lediglich noch kurze Zusammenfassungen zu liefern. Das wäre also noch billiger, noch schneller und noch einfacher und würde das europäische Patentamt noch interessanter machen.
Seynsche: Gibt es denn im Patentrecht selbst Hürden, die Wissenschaft, Forschung und auch die Industrie behindern?
Grotelüschen: Da gibt es im Detail sicherlich noch Sachen zu verbessern, aber im Großen und Ganzen steht das wohl. Der Schuh drückt eigentlich an anderer Stelle: wenn es einen Rechtsstreit um ein bereits erteiltes Patent gibt, wenn ich zum Beispiel eine revolutionäre Schokoladenrührmaschine entwickelt habe und ein europäisches Patent darauf halte, und jemand anderes baut meine Maschine einfach nach, dann werde ich natürlich auf Patentverletzung klagen. Dann kann es sein, das hat mich auch erstaunt, dass die Gerichte in unterschiedlichen Ländern in diesen Verfahren ganz anders entscheiden, obwohl dasselbe europäische Patentrecht zu Grunde liegt. In Deutschland gibt man mir zum Beispiel recht, in Großbritannien hingegen nicht, und so eine Situation ist in der Tat schon mehrfach passiert, etwa bei diesen Pads der Spezialkaffeemaschinen. Da gab es ein Patent für einen Anbieter, und als andere Firmen dann ihre eigenen Kaffeepads auf den Markt brachten, wurden sie von dem Patentinhaber verklagt. In manchen Ländern bekam dieser dann Recht, in anderen jedenfalls nicht. Der Hintergrund ist, dass zum Beispiel Länder wie England und Deutschland ganz unterschiedliche Rechtssysteme haben, eine sehr unterschiedliche juristische Historie, und vor diesem geschichtlichen Hintergrund legt dann ein deutsches Gericht dieselben Paragraphen und dasselbe Recht manchmal anders aus als ein englisches.
Seynsche: Jetzt ist ja nicht in Sicht, dass sich die deutsche oder englische Rechtsprechung ändern wird. Ist denn überhaupt Abhilfe in Sicht?
Grotelüschen: Da lässt man sich beim Europäischen Patentamt schon etwas einfallen. Da möchte man jetzt recht zeitnah, um solche Fälle gerade zu klären, so eine Art "Hohes Gericht" installieren, vielleicht schon im nächsten Jahr. Und wenn dieses Gericht dann den Hammer schwingt, dann soll das eben für alle gelten. Das wäre ein gutes Stück mehr Rechtssicherheit für alle Inhaber eines europäischen Patents, das wäre jedenfalls die Hoffnung.
Seynsche: Eine ganze Menge von Patenten werden auch von Universitäten angemeldet. Wie sieht es denn da aus mit dem Europäischen Patentamt?
Grotelüschen: Oh ja, da verzeichnet das europäische Patentamt einen regelrechten Boom an akademischen Patenten. Also vor zehn bis 15 Jahren war das praktisch noch gleich null, heute sind das immerhin fünf Prozent von diesen 180.000 Anmeldungen. Aber als ich dann zu sehen bekam, wie sich das auf die unterschiedlichen europäischen Länder verteilt, bekam ich erst einmal einen Schreck. Das sah nämlich aus wie die Punkteliste bei dem europäischen Schlagerwettbewerb. Da waren kleine Länder wie Belgien ganz vorne und Deutschland saß da abgeschlagen im hinteren Mittelfeld. Das würde ja heißen, dass die deutschen Universitäten fürchterlich innovationsschwach sind und kaum Patente zu Stande bringen. Aber ein genauerer Blick brachte doch die Erleichterung, denn das mit den akademischen Patenten wird in den verschiedenen Ländern ganz unterschiedlich gehandhabt. In Belgien reicht zum Beispiel die Universität das Patent ein und das lässt sich in einer Statistik relativ leicht erfassen. In anderen Ländern hingegen reichen die Forscher persönlich das Patent ein, zum Teil eben auch in Deutschland. Und bei diesen Ländern hat man dann das Problem, diese Patentanmeldung überhaupt einer akademischen Einrichtung zuordnen zu können, denn das Patent wurde von einem Herrn Müller und nicht zum Beispiel von der Universität Stuttgart eingereicht. Und deshalb schneiden deutsche Universität in den Statistiken so lausig ab.
Seynsche: Was ist denn besser? Ist es besser, die Universität reicht es ein oder der Professor?
Grotelüschen: Die Patentexperten hier sagen, es ist besser, wenn es die Universität macht, vorausgesetzt, dass die Universitäten wirklich schlagkräftige Abteilungen dafür haben, schlagkräftige Büros für Technologietransfer. Das wird wahrscheinlich die Zukunft sein und dahin geht auch der Trend, sagen die Leute.
Monika Seynsche: Herr Grotelüschen, es gibt ein europäisches Patentamt, dennoch besitzt jedes Mitgliedsland auch ein eigenes. Nehmen die sich nicht gegenseitig die Arbeit weg?
Frank Grotelüschen: Nein, kann man sagen, denn wenn ich mit meiner Erfindung nur auf einen Markt will, nach Deutschland zum Beispiel, dann ist es für mich eigentlich billiger und einfacher, mein Patent nur beim nationalen Patentamt, also beim deutschen Patentamt, einzureichen. Aber wenn ich es auf mehrere europäische Länder abgesehen habe, dann macht der Gang zum europäischen Patentamt Sinn. Angenommen, man will seine Erfindung in 20 Staaten schützen lassen, dann müsste man ja jeweils einen Patentantrag in der jeweiligen Landessprache stellen - fürchterlich umständlich und teuer. Beim europäischen Patentamt reicht es dann in Englisch, Deutsch und Französisch - also viel einfacher und viel weniger Aufwand. Das wird auch mittlerweile genutzt: Fast 180.000 Patentanmeldungen verzeichnet das Amt pro Jahr. Deutschland liegt übrigens mit 23.000 Anmeldungen pro Jahr auf Platz zwei hinter den USA, aber noch vor Japan und den anderen europäischen Staaten.
Seynsche: Eines der Seminare heute morgen war überschrieben: "Was muss sich ändern am europäischen Patentsystem?" Was muss sich denn ändern?
Grotelüschen: Da gibt es schon einige Kritikpunkte der Experten. Manchen Fachleuten ist das Verfahren für die Patenteinreichung immer noch zu aufwändig, zu langwierig und zu teuer. Sie schlagen vor, das jetzt nicht mehr in den bisherigen drei Amtssprachen zu machen, sondern eigentlich nur noch in Englisch, und in anderen Sprachen lediglich noch kurze Zusammenfassungen zu liefern. Das wäre also noch billiger, noch schneller und noch einfacher und würde das europäische Patentamt noch interessanter machen.
Seynsche: Gibt es denn im Patentrecht selbst Hürden, die Wissenschaft, Forschung und auch die Industrie behindern?
Grotelüschen: Da gibt es im Detail sicherlich noch Sachen zu verbessern, aber im Großen und Ganzen steht das wohl. Der Schuh drückt eigentlich an anderer Stelle: wenn es einen Rechtsstreit um ein bereits erteiltes Patent gibt, wenn ich zum Beispiel eine revolutionäre Schokoladenrührmaschine entwickelt habe und ein europäisches Patent darauf halte, und jemand anderes baut meine Maschine einfach nach, dann werde ich natürlich auf Patentverletzung klagen. Dann kann es sein, das hat mich auch erstaunt, dass die Gerichte in unterschiedlichen Ländern in diesen Verfahren ganz anders entscheiden, obwohl dasselbe europäische Patentrecht zu Grunde liegt. In Deutschland gibt man mir zum Beispiel recht, in Großbritannien hingegen nicht, und so eine Situation ist in der Tat schon mehrfach passiert, etwa bei diesen Pads der Spezialkaffeemaschinen. Da gab es ein Patent für einen Anbieter, und als andere Firmen dann ihre eigenen Kaffeepads auf den Markt brachten, wurden sie von dem Patentinhaber verklagt. In manchen Ländern bekam dieser dann Recht, in anderen jedenfalls nicht. Der Hintergrund ist, dass zum Beispiel Länder wie England und Deutschland ganz unterschiedliche Rechtssysteme haben, eine sehr unterschiedliche juristische Historie, und vor diesem geschichtlichen Hintergrund legt dann ein deutsches Gericht dieselben Paragraphen und dasselbe Recht manchmal anders aus als ein englisches.
Seynsche: Jetzt ist ja nicht in Sicht, dass sich die deutsche oder englische Rechtsprechung ändern wird. Ist denn überhaupt Abhilfe in Sicht?
Grotelüschen: Da lässt man sich beim Europäischen Patentamt schon etwas einfallen. Da möchte man jetzt recht zeitnah, um solche Fälle gerade zu klären, so eine Art "Hohes Gericht" installieren, vielleicht schon im nächsten Jahr. Und wenn dieses Gericht dann den Hammer schwingt, dann soll das eben für alle gelten. Das wäre ein gutes Stück mehr Rechtssicherheit für alle Inhaber eines europäischen Patents, das wäre jedenfalls die Hoffnung.
Seynsche: Eine ganze Menge von Patenten werden auch von Universitäten angemeldet. Wie sieht es denn da aus mit dem Europäischen Patentamt?
Grotelüschen: Oh ja, da verzeichnet das europäische Patentamt einen regelrechten Boom an akademischen Patenten. Also vor zehn bis 15 Jahren war das praktisch noch gleich null, heute sind das immerhin fünf Prozent von diesen 180.000 Anmeldungen. Aber als ich dann zu sehen bekam, wie sich das auf die unterschiedlichen europäischen Länder verteilt, bekam ich erst einmal einen Schreck. Das sah nämlich aus wie die Punkteliste bei dem europäischen Schlagerwettbewerb. Da waren kleine Länder wie Belgien ganz vorne und Deutschland saß da abgeschlagen im hinteren Mittelfeld. Das würde ja heißen, dass die deutschen Universitäten fürchterlich innovationsschwach sind und kaum Patente zu Stande bringen. Aber ein genauerer Blick brachte doch die Erleichterung, denn das mit den akademischen Patenten wird in den verschiedenen Ländern ganz unterschiedlich gehandhabt. In Belgien reicht zum Beispiel die Universität das Patent ein und das lässt sich in einer Statistik relativ leicht erfassen. In anderen Ländern hingegen reichen die Forscher persönlich das Patent ein, zum Teil eben auch in Deutschland. Und bei diesen Ländern hat man dann das Problem, diese Patentanmeldung überhaupt einer akademischen Einrichtung zuordnen zu können, denn das Patent wurde von einem Herrn Müller und nicht zum Beispiel von der Universität Stuttgart eingereicht. Und deshalb schneiden deutsche Universität in den Statistiken so lausig ab.
Seynsche: Was ist denn besser? Ist es besser, die Universität reicht es ein oder der Professor?
Grotelüschen: Die Patentexperten hier sagen, es ist besser, wenn es die Universität macht, vorausgesetzt, dass die Universitäten wirklich schlagkräftige Abteilungen dafür haben, schlagkräftige Büros für Technologietransfer. Das wird wahrscheinlich die Zukunft sein und dahin geht auch der Trend, sagen die Leute.