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Exo-Skelett

Französische Forscher haben ein so genanntes "Exo-Skelett" entwickelt. Der merkwürdige Name steht für eine computergesteuerte Armschiene. Sie soll Menschen, die ihre Kraft im Arm verloren haben, den Alltag erleichtern. Die Armschiene besitzt einen eingebauten Kraftverstärker.

Von Suzanne Krause |
    Das Exo-Skelett ersetzt einem kranken Menschen die Armkraft, die er verloren hat, ob kurzfristig oder dauerhaft. Die einzige Voraussetzung: der Betreffende muss in der Lage sein, mit seiner Hand ein geringes Gewicht selbst bewegen zu können - einige Gramm, so schwer wie ein Stift oder eine Computermaus. Jede weitere Kraft wird ihm von der Apparatur zugeführt. Der so genannte externe, äußere Arm ist ein simples und dennoch komplexes System, an einen Rollstuhl angekoppelt. Der Nutzer setzt sich in den Rollstuhl und legt seinen Arm in eine bewegliche, mit einem Gelenk versehene Schiene. Befestigt zwei Armreifen am Handgelenk und am Unterarm, die Messgeräte enthalten. Verbunden ist diese Installation mit einem kleinen Computer im Rückenteil des Rollstuhls. Der steuert die Bewegungen der mechanischen Armschiene, erläutert Patrick Sadok, Chef des Erfinder-Unternehmens Wotan Systems:

    "In die Armreifen sind Widerstandmesser eingebaut. Gemessen wird zum einen die Bewegungsabsicht der Person: in welche Richtung will sie ihren eigenen Arm bewegen ? Gemessen wird ebenso die Intensität der beabsichtigten Bewegung. Denn die Intensität der Bewegung hängt davon ab, was die Person heben will: handelt es sich um eine Computermaus, die nur einige Dutzend Gramm wiegt, ist die Intensität geringer als wenn man einen gefüllten Suppentopf heben will. Die gemessenen Signale bezüglich der Bewegungsabsicht und der Bewegungsstärke werden in Echtzeit an den Computer übermittelt. Der steuert dann die Kraft und die Richtung, mit der das Werkzeug, die Armschiene bewegt wird. Die technische Neuerung, die wir einbringen, ist folgende: der Aufwand des Nutzers wird vom Computer proportional umgesetzt. Der Aufwand, den das System einbringt, entspricht also proportional der Absicht des Nutzers."

    Das oberste Gesetz beim Exo-Skelett lautet folgendermaßen: die mechanische Bewegungsfähigkeit der Apparatur muss der biologischen Bewegungsfähigkeit des Patienten folgen. Soll heißen: das Exoskelett darf den Menschen nicht in seinen natürlichen Bewegungen einschränken oder ihn gar verletzen. Leicht gesagt. Beim Ausstrecken des Ellenbogens sind beim Menschen fünf bis sechs Armmuskeln im Einsatz, die Apparatur verfügt lediglich über zwei. Eine große Herausforderung für die Konstrukteure des externen Arms bedeutete da auch die erstaunliche Beweglichkeit der menschlichen Schulter, auf drei Ebenen. Deren Gelenkigkeit könne das System mittlerweile zu 85 oder gar zu 100 Prozent nachahmen, je nach Bewegung, verkündet Wotan Systems stolz:

    "Jeder kann unmittelbar mit unserem System umgehen. Sobald er die Armreifen anlegt und die Apparatur angeschaltet hat, findet er sofort seine natürliche Bewegungskraft wieder, ganz so, als sei er vollständig gesund. Unser System arbeitet intuitiv. Und bei dem Computer, der das mechanische System steuert, handelt es sich eigentlich um nichts anderes als um das Gehirn und das Nervensystem des Anwenders."

    Und bei den potentiellen Anwendern ist das Feld weit gesteckt: den Alltag erleichtern kann das System natürlich all denen, die an Muskelkrankheiten wie Multipler Sklerose leiden. Ebenso alten Menschen, denen die Kräfte schwinden. Einsetzbar ist es gleichfalls im Reha-Bereich, beim Wiederaufbau von Muskelkraft. Wotan System denkt noch weiter: an Arbeiter in der Industrie oder auf dem Bau beispielsweise, die kraftraubende Tätigkeiten dank dem Exoskelett mit leichter Hand erledigen könnten. Entwickelt wurde diese Apparatur in Zusammenarbeit mit öffentlichen Forschungslabors. Keineswegs wollten dessen Taufpaten das Rad neu erfinden: als Bauelemente verwenden sie im Handel verfügbare Materialien. Ende diesen Jahres oder Anfang 2006 soll das System in den Handel kommen und ungefähr soviel kosten wie ein Rollstuhl.