Donnerstag, 16. Mai 2024

Kindergrundsicherung
Expertin für Familienpolitik kritisiert Debatte - DGB hält 12,5 Milliarden Euro für nötig

Die Expertin der Bertelsmann Stiftung für Familienpolitik, Stein, hält die Debatte der Ampel-Koalition über die geplante Kindergrundsicherung für unangebracht. Stein sagte im Deutschlandfunk, dadurch entstehe der falsche Eindruck, viele Aspekte müssten noch untersucht werden.

21.08.2023
    Einer von zwei Kinderschuhen im Bild hat ein Loch im vorderen Bereich.
    Kinderarmut trifft häufig den Nachwuchs von Alleinerziehenden. (imago images / photothek / Ute Grabowsky )
    Die inhaltlichen Punkte seien jedoch wissenschaftlich längst belegt. Die Frage sei nur, wie viel Kindern, die in Armut leben, zugestanden werden solle.

    "Gibt keinen Grund, Nutzen anzuzweifeln"

    Stein kritisierte insbesondere Bundesfinanzminister Lindner, der infrage gestellt hatte, ob Kinder und Jugendliche von höheren Direktzahlungen an die Eltern profitieren würden. Aus wissenschaftlicher Sicht gebe es keinen Grund, den Nutzen anzuzweifeln.
    Auch Lindners Aussage, von Armut betroffen seien vor allem Familien, die seit 2015 nach Deutschland eingewandert seien, wies Stein zurück. Dies gelte besonders für Kinder von Alleinerziehenden oder die, die mehr als zwei Geschwister haben.

    Lindner stellt Inhalte der Grundsicherung in Frage

    Bundesfinanzminister Lindner hatte angekündigt, er wolle die Inhalte der von der Ampel-Koalition geplanten Kindergrundsicherung neu diskutieren. Der FDP-Politiker stellte infrage, ob es helfe, wenn man den Eltern mehr Geld aufs Konto überweise. Stattdessen schlug der Minister vor, in die Sprachförderung, Integration und Beschäftigungsfähigkeit der Eltern zu investieren sowie Schulen und Kitas besser auszustatten.
    Bundesfamilienministerin Paus hat den Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung mittlerweile fertiggestellt. Sie veranschlagt derzeit "Zeit online" zufolge rund 3,5 Milliarden Europ pro Jahr für das Vorhaben. Lindner will deutlich weniger genehmigen. Vergangene Woche hat Paus deshalb im Kabinett das sogenannte Wachstumschancengesetz des Finanzministers zu Steuererleichterungen für die Wirtschaft blockiert.
    Der Deutsche Gewerkschaftsbund hält sogar 12,5 Milliarden Euro für die Kindergrundsicherung für nötig. MIt dieser "Mindestsumme" könne man eine Basis dafür schaffen, dass Kinder und Jugendliche zu beruflichen und schulischen Erfolgen kommen könnten, sagte DGB-Vorstandsmitglied Piel im Rundfunk Berlin-Brandenburg. Werde weniger investiert, müsse offen gesagt werden, dass nicht alle Kinder abgesichert werden könnten.

    Kanzler kritisiert öffentlich ausgetragenen Streit über Kindergrundsicherung

    Bundeskanzler Scholz zeigte sich unzufrieden mit dem öffentlich ausgetragenen Streit der Koalitionspartner FDP und Grüne. Meinungsverschiedenheiten sollten nicht in dieser Weise ausgetragen werden, betonte der SPD-Politiker. Er gehe davon aus, dass der Abschluss des Gesetzes für die Kindergrundsicherung schnell gelingen werde, so Scholz.
    Mit Blick auf Vertreter der Koalitionsparteien fügte der Kanzler hinzu, der eine oder andere sollte sich daran gewöhnen, erst dann zu reden, wenn die Verständigung gelungen sei. Scholz rechnet allerdings mit einer raschen Einigung bei der Kindergrundsicherung. Jetzt gehe es nur noch darum, den Schlussstein zu setzen.
    Diese Nachricht wurde am 21.08.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.