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Exzentrisches Schalten

Ingenieurwissenschaften. - Zahnradgetriebe haben dank der ineinandergreifenden Zähne eine optimale Kraftübertragung. Ihr Nachteil sind die fest vorgegebenen Schaltstufen. Stufenlose Reibrad- oder Riemengetriebe auf der anderen Seite müssen mit viel Kraft zusammengepresst werden, damit die Räder nicht durchdrehen. Ingenieuren der TU Chemnitz gelang nun die Quadratur des Kreises: das stufenlose Zahnrad-Schaltgetriebe.

    Das so genannte Satellitengetriebe der Chemnitzer Forscher ist tatsächlich kreisrund und etwa daumendick. Professor Peter Tenberge von der Professur für Maschinenelemente der TU Chemnitz erläutert: "Man kann dieses Getriebe durchaus als ein Zahnrad bezeichnen, bei dem die Zähne nicht fest am Grundkörper hängen, sondern frei beweglich sind." Der Grundkörper besteht aus einer so genannten Sternscheibe und einem größeren Zahnring mit nach innen gerichteten Zähnen. Die Sternscheibe hat ihren Namen, weil von ihrem Mittelpunkt strahlenförmig Nuten ausgehen. Auf ihnen gleiten zylindrische Körper mit der Fliehkraft auf und ab. Die Sternscheibe selbst wird von einem Motor gedreht. Die Fliehkraft zieht dabei die Satelliten nach außen, ihre Zähne haken sich in den äußeren Zahnring ein und drehen ihn mit.

    Wäre die Sternscheibe jetzt fest im Mittelpunkt des Zahnrings verankert, könnte man auf diese Weise nur eine Übersetzung von 1:1 erzeugen. Der Clou des Systems ist jedoch, dass man die Sternscheibe innerhalb des Zahnringes verschieben und damit eine so genannte Exzentrizität erzeugen kann. Die Satelliten haken sich also im Zahnring ein, wenn sie unterschiedlich weit vom Zentrum der Sternscheibe entfernt sind. Was jedem Karussellfahrer bekannt ist, gilt auch für die Satelliten der Sternscheibe: Je weiter sie vom Zentrum entfernt sind, desto schneller bewegen sie sich auf ihrer Kreisbahn – und diese unterschiedliche Geschwindigkeit geben sie an den Zahnring weiter. Da sich die Sternscheibe an beliebigen Stellen innerhalb des Zahnrings positionieren lässt, kann der Zahnring mit stufenlos schaltbaren Geschwindigkeiten angetrieben werden. Derartige Getriebe könnten künftig beispielsweise in Fahrrädern, Motorrollern oder elektrischen Rollstühlen für sanfte, ruckfreie Beschleunigung sorgen.

    [Quelle: Hartmut Schade]