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Fachkräftemangel beheben
IT-Berater in drei Monaten

Fremdsprache Java: Unternehmen suchen händeringend IT-Berater als Dolmetscher zwischen Programmierern und Managern. Ihnen kann vielleicht schon bald geholfen werden. Der deutsche Ableger eines schwedischen Unternehmens bietet in München den ersten Crashkurs für IT-Consultants an.

Von Michael Watzke | 11.12.2018
    Teilnehmer am "Battle Hack", bei dem kreative Entwicklerteams in etwa 24 Stunden ein neues Produkt schaffen
    Programmierer bei der Arbeit. (picture alliance / dpa)
    Markus Gabriel, 27 Jahre alt, ist ein klassischer IT-Seiteneinsteiger: "Vorher war ich im Marketing-Produktmanagement. Ich habe da aber gemerkt, irgendwie will ich einen Job, wo ich selber noch mehr gestalten kann. Und da ich glaube, dass viel unserer gesamten Zukunft in der IT liegt, habe ich mich entschieden, mich hier weiterzubilden."
    Hier – das ist eine Art Bootcamp für Coder. Ein Zwölf-Wochen-Crashkurs, um die Programmiersprache Java zu lernen. Der Betriebswirtschaftler Gabriel lässt sich jeden Tag von neun bis 18 Uhr zum IT-Berater umschulen.
    "Es läuft gut. Ich bin zufrieden mit dem, was wir hier alles lernen können. Bevor ich das Programm gekannt habe, hätte ich nicht gedacht, dass man das so schnell schafft, sich so viel Wissen drauf zu schaffen. Aber bis jetzt bin ich sehr zufrieden und freue mich auf meinen Job nächstes Jahr."
    Kostenlose Ausbildung, garantierter Job
    Diesen Job als IT-Consultant hat der Veranstalter des Seminars, die schwedische Firma Academy, jedem der 30 Teilnehmer vertraglich garantiert, sagt Academy-Deutschland Chef Philipp Leipold:
    "Jeder, der hier drin sitzt, weiß: Nach der Ausbildung habe ich meinen Job. Ich werde als externer Berater bei Unternehmen in München oder in Hamburg eingesetzt, je nach Wahl des Consultants und werde da in der IT Berufserfahrung sammeln können."
    Die Teilnehmer müssen für die Ausbildung nichts zahlen. Dafür liegt ihr Jahressalär auch nur bei - im Branchenvergleich niedrigen - 42.000 Euro.
    "Ist natürlich nicht die Welt. Absolut. Aber ich denke, es ist ein solides Einstiegsgehalt. Und unser Ziel ist es ja auch, dass die Kandidaten - unsere Consultants - möglichst zeitnah übernommen werden von unseren Kundenunternehmungen. Das heißt, wir wollen keine IT-Beratung aufbauen, sondern sehen diese Zeit als Übergang - immer mit dem Ziel der festen Übernahme spätestens nach einem Jahr."
    Geht das überhaupt? IT-Berater in nur drei Monaten werden - wofür andere ein ganzes Studium absolvieren? Academy-Head-Coach Oliver Hock sagt, es funktioniere, weil man die Teilnehmer aus hunderten Bewerbern sehr sorgfältig aussuche.
    "Eine gewisse Affinität zur Programmierung und zur IT sollte da sein. Uns ist vor allem das Interesse und die Neugier dafür wichtig. Dass man, wenn Probleme auftauchen, den Willen hat, das zu verstehen, was da im Hintergrund läuft. Die Ursache zu finden. Und dann eine Lösung dafür zu suchen und zu finden."
    Motivation soll Studium kompensieren
    Unter den 30 Teilnehmern des ersten Münchner Bootcamps sind zwölf Frauen - mehr als doppelt so viele wie in der IT-Branche sonst üblich. Die 28 Jahre alte Yun Lee ist studierte Juristin. Sie versucht den IT-Crashkurs realistisch einzuschätzen.
    "Wir können natürlich nicht mithalten mit Profis, die schon zehn, zwanzig Jahre im Job sind. Aber wir haben eben die Motivation zu sagen: Wir wissen das nicht, dann googeln wir das eben oder schauen in einem Lehrbuch nach, um uns das anzueignen, um uns auf die Materie zu stürzen. Und das zeichnet jeden einzelnen von uns aus."
    Der Kurs besteht aus Impulsvorträgen von zwei Lehrern, praktischen Übungen an vernetzten Laptops und Besuchen von Industrievertretern - etwa Siemens oder TÜV Süd. Der Bedarf an IT-lern ist derzeit in Deutschland viel höher als das Angebot. In Schweden, behauptet Philipp Leipold, sei das Academy-Ausbildungskonzept schon seit Jahren erfolgreich. Deutschland sei aber eine neue Herausforderung, denn allein der Münchner Markt sei so groß wie der komplette schwedische. Außerdem sei es so,
    "dass man in Deutschland sehr abschluss-getrieben denkt. Dass es einen Bachelor oder Master geben muss, dass das sozusagen das Hauptkriterium ist. Und wir sind einfach anderer Meinung."
    Kurz vor Weihnachten erhalten die 30 Academy-Kursteilnehmer ihr Zertifikat als IT-Berater und Softwareentwickler. Was ihre Ausbildung wirklich wert ist, entscheidet sich erst danach.