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Fair Finance Week
Mehr Nachhaltigkeit im Bankenwesen gefordert

Wenn eine Branche über faire Bezahlung, nachhaltiges Wirtschaften und Schonung der Umwelt entscheidet, dann ist das die Finanzwirtschaft. Doch wie fair und nachhaltig ist die Finanzbranche?

Von Brigitte Scholtes | 06.11.2018
    Blick auf die Dächer der Zentrale der GLS Bank, aufgenommen am 15.06.2016 in Bochum (Nordrhein-Westfalen). Auch die Alternativ-Bank GLS sucht nach Antworten auf das Zinstief und zählt sich damit zu den bundesweiten Vorreitern der Branche. Mehreinnahmen in Millionenhöhe soll ein Beitrag der rund 200.000 Kunden bringen. Auf Dispozinsen will man dagegen vorerst verzichten.
    Die GLS-Bank gehört bei der nachhaltigen Kreditvergabe zu den Vorreitern der Branche (dpa / Roland Weihrauch)
    Es tut sich schon einiges: Nachhaltigkeit ist fast zum Modewort geworden, aber wenn man richtig hinsieht, dann ist der Weg zu einer Finanzwende doch noch weit. So könnte man die Diskussion zum Auftakt der Fair Finance Week in Frankfurt zusammenfassen. Dabei täte das Finanzsystem gut daran, sich stärker nachhaltig auszurichten, glaubt Sven Giegold, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament:
    "Wie häufig bei Kipp-Punkten genauso in Ökosystemen wie auch in Finanzmärkten werden viele Akteure gleichzeitig merken, huch, nicht nachhaltige Investitionen verlieren wirklich rapide an Wert, weil das keiner mehr haben will, die Produkte, die nicht mit den Grenzen des Planeten einhergehen. Dann werden sehr plötzlich viele Vermögensgegenstände entwertet und umgekehrt andere Vermögensgegenstände, die Teil der Lösung sind, aufgewertet. Und das kann ein Finanzsystem destabilisieren."
    Doch allein mit der Ausrichtung auf Klimaschutz sei es damit nicht getan, war sich die Diskussionsrunde gestern Abend in Frankfurt einig. Nachhaltigkeit – das umfasse etwa auch Menschenrechte und Bekämpfung von Korruption.
    Es mangelt Bankern immer noch an Risikobewusstsein
    Bei dieser Umstellung hätten die deutschen Banken noch einen weiten Weg zu gehen, sagt Kristina Jeromin von der Deutschen Börse. Sie ist dort für das Nachhaltigkeitsmanagement zuständig. Da habe sich zwar einiges getan, doch die Risiken nicht nachhaltigen Wirtschaftens seien den Banken offenbar noch nicht bewusst:
    "Was kostet das denn am Ende? Also, welche Risiken haben wir auf der Verlustseite, wir nennen das "stranded assets", das heißt, welche Dinge wurden jetzt schon finanziert, denken Sie an Kohlekraftwerke, die sich nie wieder amortisieren werden, weil wir hoffentlich in diesem Jahr den Kohleausstieg beschließen werden in Deutschland, und wenn dann nicht dieses Jahr, dann doch in absehbarer Zeit. All diese Finanzierungsgeschichten, die passiert sind und die sich nicht mehr einholen lassen werden, haben wir da ein Gefühl dafür, was uns das kosten wird und haben wir da so ein Gefühl dafür, inwiefern das die Stabilität der Branche erschüttern kann oder vielleicht auch nicht?"
    Und entsprechend fehle es auch noch an Angeboten zur nachhaltigen Geldanlage bei den meisten Banken. Da aber appellierte sie an die Verantwortung der Verbraucher, diese einzufordern:
    "Viele Bankberater sagen dann, dass sie a) keine wirkliche Auswahl an Produkten haben, die sie Ihnen empfehlen können, und wenn es ganz schlimm läuft, sagt Ihnen irgendjemand: Nachhaltiges investieren bringt Ihnen weniger Rendite als das konventionelle." Dann gehen Sie bitte ganz schnell raus und suchen sich einfach eine neue Bank."
    Nachhaltige Geldanlagen bringen gute Rendite
    Denn dass nachhaltige Geldanlagen mindestens genauso hohe Renditen bringen, eher mehr, das ist inzwischen erwiesen. Die Bürger hätten ohnehin viele Möglichkeiten, die Unternehmen und damit auch die Banken zu einer Verhaltensänderung zu bewegen, meint Rainer Lenz, Vorstandsvorsitzender der Nichtregierungsorganisation Finance Watch und schildert das am Beispiel des Protests gegen die von RWE geplante Rodung des Hambacher Forsts:
    "Aha, wer finanziert denn RWE? Und dann geht Finanzwende vielleicht in die Passivseite rein und schaut, von wem werden die Aktien gehandelt, von wem werden denn die Kredite gegeben. Das heißt, wir kommen von allen Seiten. Greenpeace ruft auf, dass die Stromkunden ihren Provider wechseln sollen, ihren Anbieter von Strom wechseln, nur durch die Bündelung der Zivilgesellschaft schaffen wirs."
    Die nachhaltigere Ausrichtung der Banken wird derzeit vor allem auf europäischer Ebene vorangetrieben, da geht es etwa darum, wie man einschätzen kann, ob ein Produkt nachhaltig ist oder nicht. Es wird in Brüssel diskutiert, ob nicht nachhaltige Geldanlagen wegen ihres größeren Risikos mit mehr Eigenkapital unterlegt werden müssen als grüne Anlagen. Das zu regeln, schaffe man nur in Europa, weil auf nationaler Ebene eher gebremst werde, vor allem von Deutschland.
    Gemeinsame europäische Standards aber seien auch immer nur ein Kompromiss, sagt Giegold, deshalb seien die Pioniere im nachhaltigen Banking weiter wichtig.