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Farbentragender Bund fürs Leben

Sie tragen kleine farbige Schleifen am Revers, nennen sich nicht Kommilitoninnen sondern Bundesschwestern und haben sich Freundschaft fürs Leben gelobt - Damenverbindungen betreiben eine Form des Networking, die den meisten etwas angestaubt erscheint. Doch der Einbruch in die männerbeherrschte Verbindungswelt hat offenbar Konjunktur. Inzwischen gibt es in Deutschland rund vierzig reine Damenverbindungen, seit einem Jahr auch eine in Köln. Die Rituale des Verbindungslebens werden auch hier gepflegt.

    Das hier sind Zipfel der ADV Helenia, da ist hier vorne unser Zirkel drauf, und die tauscht man mit besonderen Personen, zu denen man ein besonderes Verhältnis hat, und da steht dann auch immer drauf, mit wem getauscht wird, das Semester und ein besonderer Spruch, den man sich aussucht, der einen verbindet.

    Die Zipfel, gravierte Freundschaftsplättchen, die Nicole Gawlitza an einem Bund trägt und der Zipfeltausch sind zentrale Rituale im Gemeinschaftsleben der Akademischen Damenverbindung Helenia zu Köln. Zehn Studentinnen gehören inzwischen dazu:

    Eine Ökotrophologin , eine ist bei der Bundeswehrverwaltung, ich studiere selbst Wirtschaft, eine im Grundschulreferendariat, ne Juristin, also es ist bunt gemischt, Medizin, alles dabei

    Erklärt Ulrike Bierther, in diesem Semester Seniora, also die Vorsitzende der Verbindung. Sechs sind sogenannte Bundesschwestern, vier sind noch Füxe - Anwärterinnen auf die Mitgliedschaft.

    Wenn jemand aufgenommen wird, das nennt sich Rezeption oder feierliche Rezeption, da wird ein Rezeptionsspruch gesagt, als Ritual, das ist die erste Stufe, und dann nach einer Prüfung, auch ein Ritual, kommt dann die Damung, so heißt das bei uns, bei Herren heißt das Burschung, das ist dann die endgültige Aufnahme, die Fuxenzeit nach der Rezeption ist so die Probezeit, für beide, fühlt sich diejenige wohl und kommt die Verbindung auch mit derjenigen aus.

    Kennen gelernt haben sich die Helenen über eine Herrenverbindung, in der Freunde oder Brüder organisiert waren. Frauen sind da nicht zugelassen, also beschlossen die vier Gründungsdamen, Kölns erste Damenverbindung ins Leben zu rufen. Heute sitzen die Damen mit etwas kleinen Augen beim Brunch am langen Tisch eines Szenelokals, denn gestern wurde beim Stiftungsfest der erste Geburtstag gefeiert. Auch solche Feste sind geprägt von Ritualen: es werden Lieder gesungen, Grußworte gesprochen und auch die Füxe müssen lernen, die Regeln einzuhalten.

    Wenn sich der Fux daneben benimmt, dann darf seine Leibmutter ihn damit in Anführungszeichen "bestrafen", indem er ein sogenanntes schnelles Kölsch trinken muss, der Kölner sagt dann: exen.

    Verena Wallraff blieb diese Strafe nicht erspart.

    Gestern Abend (Gelächter) Ich hab mir erlaubt am Stiftungsfest während der Farbenstrophe zu kichern und das war natürlich eine Strafe wert.

    Die Farbenstrophe ist ein weiteres Ritual, darin werden die Farben der Verbindung besungen. Bierther: Helenia hat dunkelblau-rot mit goldener Perkusion, also mit goldener Umrandung, die Farben stehen Blau für den Rhein, Rot sind auch die Stadtfarben von Köln, und im ideellen Sinn: Blau ist die Treue, und Rot ist die Liebe, also Treue zur Verbindung, zu den Freunden.

    Saufgelage gehören nicht zu den Ritualen betonen die Damen, sie wollen auch nicht fechten, wie eine Damenverbindung in Leipzig, und mit politischen Radikalismus haben sie ebenfalls nichts am Hut. Doch bestimmte Werte, wie Treue zueinander oder auch karitatives Handeln halten sie hoch. Die Freundschaft ist den Bundesschwestern das Wichtigste, nicht etwa das Networking für die Karriere wie in anderen Frauenbünden. Im anonymen Uni-Alltag ist der Zusammenhalt in einer Verbindung und der Umgang miteinander für die Helenen etwas besonderes. Und die Rituale geben dem ganzen einen Rahmen. Böckenhoff:

    Es ist halt unheimlich feierlich, und natürlich ist es anders als irgendein Stammtisch oder eine Zusammenkunft vom Unternehmerinnenverband, die vielleicht auch ihre Gewohnheiten haben, wie sie irgendwie was machen, aber das hier ist halt was besonderes, das gibt es nirgendwo anders, und das ist so feierlich.

    Zu ernst sollte man die Sache aber auch nicht nehmen, meint Füxin Verena:

    Wir lachen uns dabei auch schon kaputt, wenn unsere hohe Seniora dann da vorne das Grußwort erteilt, man übt vielleicht auch ein bisschen, gesellschaftsfähig zu werden.

    [Autorin: Andrea Lueg]