Freitag, 03. Mai 2024

Archiv


Fast allein unter Männern

Die Professorin Merith Niehuss ist die erste Frau an der Spitze der Bundeswehr-Uni in München. Ihr Fachgebiet ist dabei keineswegs ein Militärisches. Als Historikerin befasste sich Niehuss im Schwerpunkt mit Familien- und Frauengeschichte.

Von Birgit Fenzel | 24.10.2005
    " Sie hat einen ganz trockenen Humor, den man erst mal kennen lernen muss. "

    " Sie nimmt eben auch kein Blatt vor den Mund oder so. Sie sagt auch das was sie denkt und ihre Prinzipien und Vorstellungen setzt sie auch bestmöglichst durch."

    " Sie hat auch eine sehr lustige Lache, ist aber in ihren Vorlesungen sehr genau. Sie hat eine sehr angenehme Art zu kritisieren, weil sie korrigiert und kritisiert nicht, zeigt was man vergessen hat, ohne drauf zu stoßen, dass man dumm ist oder so was. "

    Die Rede ist von Professor Merith Niehuss, der neuen Frau an der Spitze der Münchner Bundeswehruni. Als studentische Hilfskräfte hatten Alexander Salatzkat und Christian Dietzel in den vergangenen zwei Jahren reichlich Zeit ihre Chefin kennen zu lernen. Sie können sich ihre Professorin gut in der neuen Rolle vorstellen. Dass sie einmal als erste Präsidentin auf dem Campus in Neubiberg einziehen würde, hätte sich die 51-Jährige allerdings selbst zu Beginn ihrer Laufbahn sicher nicht träumen lassen.

    Zwar lebt die gebürtige Westfälin schon seit früher Kindheit in München und sie hat auch an der Ludwig-Maximilians-Universität studiert, promoviert und sich auch habilitiert. Aber sie hat sich dabei nicht unbedingt mit Themen beschäftigt, die man sofort an einer Hochschule der Bundeswehr ansiedeln würde. So trägt ihre Habilitation aus dem Jahr 1993 den Titel: Familie, Frau und Gesellschaft. Studien zur Strukturgeschichte der Familie in Westdeutschland. Ihr wissenschaftliches Steckenpferd sind die Gender Studies - die Geschlechter-, bzw. Frauengeschichte - die in der traditionellen - sprich männlichen - Geschichtsforschung lange nicht vorkam. Als die Bundeswehr-Uni ein Jahr später eine Vertretung für die Professur für neuere deutsche und europäische Geschichte suchte, bewarb sich Niehuss auf den Job und bekam ihn auch - erst nur vertretungsweise, dann fest. Denn neben ihrem Forschungsgebiet Gender Histories kennt sie sich auch ganz gut damit aus, wie ihre Studierenden selbst in den höheren Semestern immer wieder feststellen dürfen.

    " Die Vorlesungen, die sie dann im Hauptstudium hält, sind sehr interessant, weil man beschäftigt sich selber damit, hält einen Vortrag, meint eigentlich, dass man schon sehr tief in der Materie steckt und wird dann eines Besseren belehrt, weil sie gerade über die Weimarer Zeit schon ein sehr fundiertes Wissen hat - da macht ihr so schnell keiner was vor. "

    Überhaupt wirkt die 51-Jährige wie jemand, der sich gerne gründlich informiert und entsprechend fest in den Schuhen steht. Über ihre Wahl zur Uni-Präsidentin freut sie sich riesig. Eine Frau an der Spitze tut der Bundeswehr-Uni gut, sagt sie ohne jede persönliche Eitelkeit.

    Es ist ein gelungener PR-Streich, der das öffentliche Bild der Uni als militärisch-verknarzter Männerhaufen revidieren könnte. Wir sind eine ganz normale Hochschule, sagt sie.

    " Und das kommt besser zum Ausdruck, wenn eine Frau an der Spitze steht, weil schon das ganze Militärische abfälllt. Niemand wird hinter meiner Karriere eine militärische vermuten, das würde ja schon altermäßig gar nicht hingehen - wir haben Offizierinnen ja erst seit wenigen Jahren und insofern denke ich, tut es unserer Uni gut in ihrem Image. "

    Ihre Hauptaufgabe in den nächsten Wochen wird es sein, sich über den Stand der Dinge an der Hochschule im Detail zu informieren. Für sie kein unbekanntes Terrain, denn sie war bereits zwischen 1999 und 2003 die Vizepräsidentin der Hochschule. Insofern kann sie ganz gut einschätzen, was da an Problemen auf sie zukommt. Als Beispiel nennt sie die Umstellung auf die W-Besoldung. Wenn die sich - wie zu befürchten sei - nicht nach Leistung, sondern am industriellen Marktwert von Wissenschaftlern orientiere, müsse man aufpassen, dass die Geisteswissenschaften nicht zu kurz kommen. Auch die Umstellung von Diplomstudiengängen auf Bachelor und Master bereitet der neuen Präsidentin noch Kopfschmerzen. Das sei besonders schwierig für die Ingenieure, die sich plötzlich von ihrem Diplom als weltweitem Markenzeichen verabschieden müssten. Doch versucht sie, das Beste aus der schwierigen Situation zu machen.

    " Das ist, dass wir zumindest die Umstellung auf Bachelor und Master nutzen wollen um unsere Uni auch für die Zukunft gut aufzustellen, d.h. wir wollen mit der Abkehr von den Diplomstudiengängen gleichzeitig moderne Studiengänge vorstellen. Wir werden statt einem Studiengang für Vermessung und Geodäsie evtl. einen Studiengang für Satellitennavigation machen. Das ist natürlich etwas, das Studierende wieder anziehen wird aus den Schulen sich zu bewerben oder für den Beruf des Offiziers zu interessieren. "

    Ob sie es auch auf elf Jahre Amtszeit bringen wird, wie ihr Vorgänger Professor Georg Lößl steht noch in den Sternen. Klar ist aber, dass sie bis auf weiteres ihre eigenen Forschungstätigkeiten auf Eis legen darf.

    " Nichts ist ohne Verzicht... Das heißt, das ist eine Freitag/ Samstag/Sonntag-Beschäftigung. Wenn überhaupt. Weil natürlich auch das Präsidentenamt das Wochenende mit verschlingt. "

    Aber wenn sie vielleicht in nächster Zeit nichts zur Theorie der Gender Histories beitragen kann - in der Praxis hat sie als erste Präsidentin einer Bundeswehruniversität schon einen ziemlich großen Beitrag erbracht.