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FDP
"Wir haben alles richtig gemacht"

Mit der Wahlwerbung "Unser Mann für Hamburg" wirbt die FDP für ihre Spitzenkandidatin bei der Wahl zur Bürgerschaft, Katja Suding. Suding sagte im DLF, damit sei die FDP aufgefallen und habe somit ihr Ziel erreicht. Die Sorgen der "Pegida"-Demonstranten nehme sie ernst, Ressentiments aber lehne sie ab.

Katja Suding im Gespräch mit Silvia Engels | 07.01.2015
    Katja Suding, Hamburger FDP-Spitzenkandidatin
    Katja Suding (imago/Revierfoto)
    Die FDP habe sich nun ein Jahr lang mit sich selbst beschäftigt und sich auf ihre liberalen Werte besonnen, sagte die Hamburger FDP-Spitzenkandidatin Katja Suding. Die FDP sei schon immer Bildungspartei gewesen. Daher sei Bildung auch für sie als Landespolitikerin zentrales Thema im Wahlkampf neben Wirtschafts- und Verkehrsfragen.
    Die Wahlwerbung mit dem Slogan "Unser Mann für Hamburg" sei ein geflügeltes Wort und ein erster Aufschlag ihrer Kampagne gewesen. Das Geschlecht solle keine Rolle bei der Wahlentscheidung spielen. Es gehe vielmehr um Durchsetzungskraft.

    Silvia Engels: Hat Ihnen die Dreikönigsrede von Christian Lindner heute für Ihren Wahlkampf geholfen?
    Katja Suding: Ja. Das war eine sensationelle Rede, eine fulminante Rede. Wir haben uns ein Jahr lang als freie Demokraten mit uns selbst beschäftigt, uns unserer Werte, unserer liberalen Werte vergewissert. Christian Lindner hat das heute mit seiner Rede wunderbar auf den Punkt gebracht.
    Engels: Wir haben ein Bekenntnis zur Freiheit gehört, zu den Themen Bildung und Unternehmertum. Aber so wahrlich neu ist das doch gar nicht.
    Suding: Wir sind immer schon die Bildungspartei gewesen, das ist richtig. Ich finde, es gibt kaum ein wichtigeres Thema in Deutschland als Bildung. Nur wenn wir unsere Kinder wirklich gut ausbilden, dann können sie ihre Chancen im Leben auch richtig nutzen. Von daher ist das gerade auch mir als Landespolitikerin ein ganz, ganz zentrales Thema und ein ganz, ganz wichtiges Thema.
    "Wir sind gute Wahlkämpfer in Hamburg"
    Engels: Und trotzdem stehen Sie in Hamburg bei zwei Prozent. Woran liegt das, fehlende Glaubwürdigkeit?
    Suding: Das ist eine Situation, die kennen wir. 2011 war es nicht anders, da waren wir auch wenige Wochen vor der Wahl noch deutlich unter fünf Prozent. Wir sind gute Wahlkämpfer in Hamburg und wir werden zeigen, mit unseren Kernthemen, Bildung, Wirtschaft, Verkehr und Haushalt, das sind alles Themen, wo wir sehr stark sind als freie Demokraten. Mit diesen Themen werden wir die Hamburger wieder von uns überzeugen.
    Engels: Christian Lindner hob ja heute die Spitzenkandidatur von zwei Frauen bei den nächsten Landtagswahlen, nämlich in Hamburg und in Bremen, als Hoffnungszeichen hervor. Sie dagegen haben sich auf Wahlplakaten abbilden lassen in Hamburg unter dem Slogan "Unser Mann für Hamburg". Wollen Sie nicht als Frau in einer immer noch männergeprägten Partei wahrgenommen werden?
    Suding: Nein. Das ist doch ein beflügeltes Wort, was wir da verwendet haben. Das war ein erster Aufschlag, ein erstes Plakat. Wir werden in dieser Woche unsere Kampagne vorstellen und da werden wir auch unsere Kernthemen, gesunde Wirtschaft, fließenden Verkehr und beste Bildung, nach vorne stellen, auch personalisiert mit meinem Gesicht.
    Engels: Aber wird eine Frau von FDP-Wählern nur dann wahrgenommen, wenn sie sich mit klassisch männlichen Attributen zeigt, also Stärke, Durchsetzungskraft, diese Dinge?
    Suding: Ich denke, das gehört zur Politik dazu, dass man sich auch durchsetzen kann. Das ist eine sehr, sehr wichtige Eigenschaft als Politikerin, die man haben muss. Ich sehe das auch nicht als männliche Eigenschaft. Ich finde sowieso, dass das Geschlecht überhaupt keine Rolle spielen sollte in der Politik. Für mich tut es das auch nicht. Ich mache meinen Job und ich finde, das mache ich auch ganz gut.
    Neue Kampagne für den Wahlkampf wird vorgestellt
    Engels: Kritiker halten Ihnen aber entgegen, das Motto sei bei diesem Plakat wohl "Auffallen um jeden Preis". Ist die FDP mittlerweile verzweifelt?
    Suding: Nein. Aber natürlich: Wahlwerbung muss auch sein. Von daher haben wir unser Ziel auch schon mal erreicht. Wenn keiner zuhört, hätten wir das sicherlich so nicht hinbekommen. Nein, wir haben alles richtig gemacht. Wir haben die Aufmerksamkeit auf uns gezogen und alle Welt spricht über uns, und das ist doch genau richtig. Genau das wünscht man sich doch.
    Engels: Auf der anderen Seite geht es dann, wenn man über so ein Plakat spricht, ja wieder nicht um Inhalt, sondern nur um eine Verpackung.
    Suding: Wie gesagt, unsere Kampagne wird in dieser Woche erst vorgestellt, und da geht es tatsächlich um die Kernthemen, die für uns wichtig sind, auch in Hamburg. Wir sind ein Bundesland, da ist natürlich die Bildung immer ein ganz, ganz wichtiges Thema, gerade auch in einer Metropole wie Hamburg, wo wir große Herausforderungen haben mit ganz unterschiedlichen Kindern, denen wir eine gute Bildung angedeihen lassen wollen. Wir wünschen uns auch mehr wirtschaftliche Dynamik für diese Stadt. Wir haben den Hamburger Hafen, der, was seine Infrastruktur angeht, einen großen Nachholbedarf hat. Und das sind alles Themen, mit denen wir punkten werden, und das haben wir in den letzten vier Jahren auch schon getan.
    Engels: Hamburg hat auf der anderen Seite, wenn man Liberaler ist, auch ein ganz spezielles Problem, nämlich eine Spaltung des Landesverbandes. Da hat sich ja nach den letzten Wahlniederlagen ein Teil abgespalten, sich unter dem Begriff "Neue Liberale" selbstständig gemacht. Hat auch das die FDP in Hamburg auf dieses Zwei-Prozent-Tief stürzen lassen?
    Suding: Ja. Das ist eine Handvoll Mitglieder, die uns verlassen hat und zusammen mit Piraten, Grünen und Sozialdemokraten eine neue Partei gegründet hat. Das war ein Klärungsprozess, der für uns notwendig gewesen ist, und jetzt können wir wieder beschwingt und richtig gut zusammenarbeiten in der FDP.
    Engels: Immerhin auch eine ehemalige Bundestagsabgeordnete.
    Suding: Das ist richtig.
    Parteiquerelen "sind vorbei"
    Engels: Und Sie denken, dass das nicht als Problem speziell für die Liberalen in Hamburg auch bei dieser Wahl noch nachwirkt, denn Wähler mögen ja keine Parteiquerelen?
    Suding: Ja. Die sind ja auch vorbei. Wir arbeiten jetzt wieder gut zusammen. Wir sind als FDP das Original und dieses Original, diese Kombination an Themen und Haltung, die gibt es nur bei den Freien Demokraten, nur bei uns.
    Engels: Aber Sie haben sehr populäre Gegner. Die Grünen liegen in den Umfragen deutlich vor Ihnen, auch die AfD liegt vor Ihnen. Wie wollen Sie sich abgrenzen?
    Suding: Ja, wir werden einen harten Wahlkampf führen. Das ist richtig. Wir sind die Einzigen, die so konsequent und ideologiefrei ihre Bildungspolitik betreiben, die so sehr wie wir auf solide Finanzen setzen, damit wir nämlich unseren Kindern und deren Kindern noch einen finanziellen Spielraum und keine Schuldenberge hinterlassen. Keine der anderen Parteien, die für die Bürgerschaft kandidiert, kann so mit Geld umgehen, wie wir das tun, und da heben wir uns durchaus ab, da haben wir unsere Alleinstellungsmerkmale.
    Engels: Die AfD, um sie noch einmal aufzugreifen, hat auch zurzeit Nähe zur Pegida-Bewegung gezeigt, und Ihr FDP-Vize Kubicki wirbt ja darum, die Ängste der Menschen ernst zu nehmen, die zu solchen Demonstrationen gehen. Parteichef Lindner setzt dagegen auf Abgrenzung. Was sagen Sie?
    Suding: Ja, man darf da zwei Dinge nicht in einen Topf schmeißen, die nicht zusammengehören. Natürlich müssen wir aufpassen, wie es am extremistischen Rand in unserer Gesellschaft aussieht, sowohl auf der rechten als auf der linken Seite, aber auch von religiösen Extremisten und diese Auswüchse, die werden auch mit aller Härte des Rechtsstaates verfolgt. Auf der anderen Seite aber brauchen wir qualifizierte Zuwanderer und ich werbe dafür und setze mich dafür ein, dass wir hier eine echte Willkommenskultur in unserem Land haben und Zuwanderer und Flüchtlinge auch willkommen heißen.
    Engels: Ein Dialog mit Pegida-Sympathisanten oder nicht?
    Suding: Wir nehmen die Sorgen der Menschen ernst, die sich Gedanken darüber machen, wie wir hier die Integration gestalten können. Das müssen wir und da gibt es ja auch unbestreitbare Probleme. Aber das, was da unter dem Deckmantel von Pegida passiert, das Schüren von Ressentiments, das Spielen mit Ängsten der Bürger, das gefällt mir nicht und das lehne ich auch ganz strikt ab.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.