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Fernsehkampf

Unternehmen.- Apple und Google – beide Mega-Konzerne wagen den Sprung in die Fernsehwelt und bieten TV-Sendungen übers Netz an. Was die Konzepte der Firmen unterscheidet, erklärt Wissenschaftsjournalist Marcus Schuler im Gespräch mit Manfred Kloiber.

11.09.2010
    Manfred Kloiber: Unternehmen wie Apple oder Google drängen zunehmend ins heimische Wohnzimmer und machen sich daran, den Fernseher zur erobern. So hat ja diese Woche der Chef von Google, Eric Schmidt, in Berlin auf der IFA die TV-Pläne seines Unternehmens konkretisiert. Im Herbst will die kalifornische Suchmaschinenfirma mit Google-TV in den USA starten. Aber auch Apple hat erst kürzlich eine neue Version seiner TV-Box herausgebracht und sie unter anderem HD-fähig gemacht. Marcus Schuler, lassen Sie uns zunächst über die Ambitionen von Google sprechen. Was genau soll denn Google–TV werden?

    Marcus Schuler: Google TV wird ein Betriebssystem sein, das das Unternehmen den Geräteherstellern zur Implementierung zur Verfügung stellt. Dieses auf Linux basierende System kann dann auf Kabel- oder Satelliten-Receivern, aber auch auf BluRay- oder DVD-Playern laufen. Die Geräte verfügen entweder über eine Ethernet-Schnittstelle für den Internetanschluss oder Wlan. Im Herbst sollen bereits die ersten Geräte in den USA auf den Markt kommen. Anfangs sind der japanische Elektronik-Unterhaltungskonzern Sony mit dabei sowie Logitech aus der Schweiz. Im Hintergrund agiert der Chiphersteller Intel. Er wird spezielle Prozessoren anbieten, die besonders schnell hochauflösende Videos aus YouTube darstellen können.

    Kloiber: Wie muss man sich denn die Oberfläche von Google-TV vorstellen?

    Schuler: Also Google wird eine für Audio- und Video-Content optimierte Suchfunktion auf dieser Oberfläche anbieten. Damit lässt sich das Internet durchsuchen und zwar nach den aktuellen Programmangeboten der Kabel- und Satelliten-Sender, aber eben auch nach Videoclips auf beispielsweise YouTube, das ja zu Google gehört und natürlich nach den Angeboten kommerzieller Online-Videotheken. Natürlich können Sie mit solch einer Set-Top-Box auch ins Internet gehen und ganz normale Webseiten anzeigen lassen. Auch wäre es denkbar, dass das Unternehmen seinen E-Mail-Dienst Gmail fest integriert, so dass man während des Fernsehens sehen kann, wenn man eine E-Mail erhält oder jemand auf dem Anrufbeantworter eine Nachricht hinterlassen hat. Der Fernseher könnte so zur Multimedia-Zentrale im Wohnzimmer mutieren.

    Kloiber: Der weltweite Markt für Fernsehwerbespots wird auf 180 Milliarden US-Dollar beziffert. Ich nehme mal an, darauf zielt Google ab.

    Schuler: Davon ist auszugehen. Anfangs wird man sich vermutlich auf die bekannten Werbeanzeigen neben den Suchergebnissen beschränken. Schon jetzt, so war zu hören, ist die Kooperationsbereitschaft der großen amerikanischen TV-Anbieter aber offenbar nur leidlich ausgeprägt. Die Vorstellung, Einnahmen aus TV-Werbespots mit Google teilen zu müssen, dürfte der Grund sein. Die Zeit spricht aber meiner Meinung nach für Google: Denn die Inhalte-Anbieter können dank gestiegener Bandbreiten im Internet ihr Geschäft zunehmend dorthin verlagern. Klassische TV-Anbieter müssen deshalb aufpassen, dass ihnen ihre Zuschauer aus dem linearen TV-Angebot nicht verloren gehen, wenn Netz und Fernseher enger zusammenwachsen und zeitsouveräne Abruf-Inhalte locken. Und das heißt auch: Lineare TV-Sender, wie wir sie jetzt kennen, werden zunehmend Live-Inhalte wie beispielsweise Sportübertragungen anbieten, Spielfilme und Serien dagegen wandern zunehmend ins Netz. Vielleicht noch ein Satz zur Monetarisierung bei Google: Geplant ist, dass der Android Market Place im Laufe des nächsten Jahres auf der TV-Plattform ebenfalls erscheint. Und darüber lassen sich dann beispielsweise Spiele und kostenpflichtige Anwendungen auf den Fernseher herunterladen.

    Kloiber: Das waren Ihre Informationen über Google-TV. Reden wir über Apple: Was macht das Unternehmen?

    Schuler: Apple hat vor zwei Wochen seine TV-Box runderneuert auf den Markt gebracht. Sie kostet gerade mal 99 US-Dollar, in Deutschland 119 Euro. Sie kann Video mit 1280 auf 720 Pixel darstellen, also unterstützt leider nicht die derzeit gängige HD-Auflösung von 1920 auf 1080 Pixel. Und Apple verfolgt hier ein gänzlich anderes Konzept: Wie üblich werden Hardware und eigene Dienstleistung eng miteinander verwoben. Über diese Apple TV-Box kann man in iTunes TV-Serien und Spielfilme herunterladen. Die Preise pro Serienabruf bewegen sich um 99 US-Cent, Spiefilme kosten zwischen 2.99 Dollar 4.99 Dollar. Neu ist: Apple hat erstmals einen externen Anbieter integriert. Die amerikanische Online-Videothek Netflix. Die ist aber nur in den USA abrufbar.

    Kloiber: Zwei konkrete Systeme, die in den Fernsehmarkt gehen wollen. Herr Schuler, was glauben Sie, welches System dürfte die besseren Zukunftschancen haben, Google oder Apple?

    Schuler: Beide Systeme werden und sind bislang Nischenangebote. Sie sind nur für denjenigen interessant, der einen schnellen Internetzugang hat. Das ändert sich derzeit. Langfristig dürfte vermutlich Google die besseren Chancen haben, denn Google bietet eine offene Plattform an.