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Feuerfester Lack

Technik. - Holzhäuser sehen nicht nur schön aus, sondern sie sind auch energetisch sehr attraktiv, weil die Heizkosten niedrig bleiben. Einziger Nachteil: Holz kann brennen! Das Fraunhofer Institut für Holzforschung in Braunschweig hat jetzt eine Art "Klarlack" entwickelt, der Holzbalken, Parkettfußböden aber auch Möbel vor den Flammen schützt. Die Brandschutzbeschichtung quillt bei Hitze einfach auf und schützt auf diese Weise das darunter liegende Holz. Schon im nächsten Jahr will ein Mannheimer Unternehmen den transparenten Anstrich auf den Markt bringen.

Von Michael Engel |
    Anregungen für die feuerfeste Holzbeschichtung fand Dirk Kruse vom Fraunhofer Institut für Holzforschung eher durch Zufall und im Internet. Kruse, der in der freiwilligen Feuerwehr Braunschweig engagiert ist, suchte nach "Brandschutzbeschichtungen" und fand einen interessanten Eintrag, den ausgerechnet seine Kollegen vom Fraunhofer Institut für Chemische Technologie Karlsruhe ins Netz gestellt hatten. Schon in den 60er Jahren entwickelten sie nämlich eine Brandschutzbeschichtung für Raketentriebwerke. Kruse:

    Zum Schutz von Raketentriebwerken werden sogenannte "keramisierende Elastomere" eingesetzt, das sind Beschichtungen, die sich unter sehr hohen Temperaturen zu einer Keramik verwandeln und so so ein Triebwerk schützen.

    "Keramisierende Elastomere" quellen bei Hitze auf und halten so die extrem heißen Gase vom stählernen Raketentriebwerk fern. Warum, so seine Überlegungen, könne dieses Prinzip nicht auch für Holzbalken nützlich sein. Testlauf im "Brandofen" des benachbarten Instituts für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz der Technischen Universität Braunschweig. Die beschichteten Holzteile können hier auf mehr als 800 Grad Celsius erhitzt werden. Doch schon bei 300 Grad schäumt der keramisierende Kunststoff auf, wie ein Hefeteig im Backofen. Kruse:

    Zunächst einmal entsteht ein Kohlenstoffschaum. Das heißt, wir haben eine Beschichtungsausgangsstärke von einem Millimeter auf den Holzbauteilen aufgebracht, und diese Beschichtung bläht auf. Und aus dieser Ein-Millimeter-Ausgangsschicht werden etwa fünf Zentimeter Schutzschicht.

    Gleichzeitig "keramisiert" der im Lack enthaltene Quarz zu einer steinartigen Barriere, die das entzündliche Holz über lange Zeit schützt. Kruse:

    Es entsteht im Prinzip eine Art Hitzeschild zwischen den Flammen und dem Substrat - in diesem Fall dem Holz.

    Normalerweise kommen solche Keramisierungsprozesse erst bei Temperaturen oberhalb von 1000 Grad in Gang. Zusatzstoffe im Lack aktivieren das Ganze aber schon bei 300 Grad. Um welche Substanzen es sich dabei im einzelnen handelt, will der Holzforscher nicht preisgeben: Patentgeheimnis! In jedem Fall ist jede Menge Sand - also Quarz - in dem Beschichtungsmaterial enthalten. Anders als in der Raketentechnik sollte die Beschichtung durchsichtig sein, damit die dekorative Holzmaserung sichtbar bleibt. Kruse:

    Das Stichwort in diesem Zusammenhang ist ein sehr populäres, es ist nämlich Nanotechnologie. Wir sind in der Teilchengröße einfach unter der Wellenlänge des optischen Lichtes geblieben, anders wäre es gar nicht zu lösen gewesen.

    Der Ingenieur verwendete Chemikalien, deren Teilchengröße so winzig klein ist, dass sie Licht nicht mehr reflektieren. Auf diese Weise bleibt der Lack durchsichtig. Bis zur Markteinführung ist aber noch jede Menge zu tun, sagt Klaus Schwarz, der bei der Rüttgers Organics für Forschung und Innovation zuständig ist. Das Mannheimer Unternehmen will jetzt witterungsbeständige Beschichtungen für hölzerne Außenfassaden sowie rutsch- und abriebfeste Anstriche für Parkett-Fußböden entwickeln. 2005 sollen erste Produkte im Verkaufsregal stehen:

    Man wird vorbeschichtetes Holz kaufen können. Das andere geht dann über den Fachhandel, über den Maler, über den Anstreicher, der dann diese Materialien vor Ort auf der Baustelle im Sanierungsfall einsetzen kann.

    Die feuerfeste Holzbeschichtung eignet sich für Neubauten als auch - nachträglich aufgetragen - für historisches Fachwerk. Und sollte tatsächlich einmal ein Feuer ausgebrochen sein, lässt sich die aufgequollene Schutzschicht einfach abschleifen. Danach kann das Holz neu versiegelt werden. Einfacher geht's nimmer.