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Feuerwehr evakuierte Studenten aus Wohnheim

Das Hochwasser an der Neiße vom Wochenende hat für große Schäden in den anliegenden Orten gesorgt. Zittau und Görlitz wurden in der Nacht zum Sonntag von der Flutwelle eines gebrochenen Staudamms auf polnischer Seite überrascht. Das Hochwasser hat auch die Hochschule Zittau-Görlitz schwer getroffen.

Von Ulf Walther | 11.08.2010
    "Das sieht zwar noch gehörig nass aus, aber es müsste gehen. Mit Licht kann ich jetzt natürlich nicht dienen. Diesen Raum müssen Sie sich mal ansehen."

    Der Rektor der Hochschule Zittau-Görlitz Friedrich Albrecht watet durch das Untergeschoss des Lehrgebäudes für Tourismus, Kultur und Management in Görlitz.

    Schlamm und große Wasserlachen bedecken den Fußboden. Gegenstände liegen wild in den Gängen rum, das Wasser ist aber zum großen Teil schon abgepumpt:

    "Das ist natürlich das totale Chaos. In diesem Bereich ist einfach Komplettsanierung angesagt. Der Architekt war schon da und hat gesagt: 'So was hat er noch nie erlebt'."

    In einem Seminarraum liegen wild übereinander Tische, Stühle, Ständer – es sieht aus wie auf einer Müllhalde. Es riecht nach Schlamm, die Wände sind feucht. Das komplette Untergeschoss ist in der Nacht zum Sonntag überschwemmt worden.

    "An diesem Pult hat nur noch der Monitor herausgesehen. Und was hier unten alles ist – die Technik, die können wir aus meiner Sicht vergessen. Die ist mit Sicherheit endgültig defekt."

    Etwa zehn Jahre alt ist das Gebäude, circa 20 Meter entfernt fließt die Neiße. Im Aufzugsschacht tropft es wie in einer Höhle.

    Am anderen Hochschulstandort in Zittau wurden nicht nur die Lagerräume der Mensa überflutet. Ulrich Dreßler vom Studentenwerk Dresden ist zuständig für die Technik in den Mensen. Er war bereits am Sonntagmorgen in Zittau und schildert seine Eindrücke:

    "Eigentlich ein Bild der Verwüstung. In der Mensa in Zittau sind auch die Büros mit drin, die Mensaleitung und Lagerbüro. Im BAföG-Amt waren sämtliche Akten durcheinander geflogen, die Regale umgekippt. Alles war mit Schlamm bedeckt – es war grauenvoll."

    Auch die Haustechnik in Zittau ist hin. Deshalb wird es einige Tage dauern, bis die Mensa wieder Essen ausgeben kann. Und im Keller der Mensa befindet sich ein Magazin der Hochschulbibliothek mit Fachbüchern und -zeitschriften. Auch hier ein Bild der Verwüstung. Immerhin: Die Dresdner Uni-Bibliothek hat zur Rettung der Bücher ihre Hilfe angeboten.

    Besonders dramatisch war die Situation auch in den Wohnheimen. Vom Hochwasser überrascht wurden etwa zehn Wohnheimbewohner in Zittau und Görlitz. Student Daniel Benkendorf wohnt in einem Wohnheim direkt an der Neiße. Er bemerkte gegen 23 Uhr das Hochwasser - zunächst nur eine Pfütze im Erdgeschoss, die aber schnell größer wurde:

    "Dann haben wir uns erstmal nach oben verkrochen, dann ist auch gleich der Strom ausgefallen, haben überall geklopft und eben rausgefunden, wie viel wir im Haus sind. Und zu dem Zeitpunkt, wo wir dann eben alle zusammengetrommelt haben und dann unten nachgeschaut haben, war es an der Tür draußen schon über eineinhalb Meter nach oben gestiegen."

    Die Feuerwehr evakuierte die zu diesem Zeitpunkt anwesenden fünf Bewohner. Ob das Wohnheim weiter genutzt werden kann, untersucht derzeit ein Statiker.

    Seit Montag versuchen die Hochschulmitarbeiter fast rund um die Uhr, das Chaos zu beseitigen. Stühle und Tische sowie die Zimmer werden gereinigt, sagt Rektor Friedrich Albrecht:

    "Wir waren zwei Tage alle Mitarbeiter, was mich besonders auch gefreut hat, war: Es gab studentische Aktivitäten. Die haben sich organisiert die Studenten. Ich hatte gleich am nächsten Tag eine Email: Wie können wir helfen, wie können wir unterstützen? Das fand ich ganz toll."

    Einer der Studenten, die von Anfang an mit anpackten, war Christian Blankenburg. Er sah schon am Sonntag nach seiner Hochschule:

    "Am Montag bin ich hingefahren, weil ich geahnt habe, dass es da mit den Aufräumarbeiten losgehen würde. Und da habe ich mit angepackt. Was konnten wir machen? Wir haben die ganzen Stühle rausgeräumt und aufgeschraubt und sauber gemacht. Studenten waren es vielleicht ungefähr zehn. Es war so auf Freiwilligenbasis. Es wurde halt Kaffee und Kuchen angeboten."

    Inzwischen gibt es in vielen der betroffenen Gebäude wieder Strom. Heute wird in einigen Büros wieder gearbeitet. Läuft alles nach Plan, dann soll es am Standort in Görlitz schon ab Montag wieder Mensa-Essen geben und die Bibliothek wird wieder öffnen. Glück im Unglück: Die Lehrveranstaltungen beginnen erst in zwei Monaten. Den Semesterstart sieht der Rektor nicht gefährdet, wenn auch etwas improvisiert werden müsse. So wird es bis auf Weiteres kaum möglich sein, Multimedia-Präsentationen anzubieten. Wie hoch die Schäden an Gebäuden und Technik sind, kann im Moment noch nicht beziffert werden. Frühestens nächsten Montag ist mit einer konkreten Schadensbilanz zu rechnen.