
"Seit 1725 gibt's uns Kienles als Bauern in Leitz. Ich bin jetzt die 10. Generation auf dem Betrieb und eigentlich gelt'ich als Hofnachfolger und ich nehm's auch gern entgege."
Vor dreißig Jahren hat es der heutige Altbauer Konrad schwer gehabt, seinem Vater den Hof abzuringen. Jetzt macht er es seinem Sohn Philipp auch nicht leicht. Dessen neue Konzepte für den Traditionsbauernhof findet er nicht überzeugend. Landwirtschaft ist inzwischen nicht mehr allein die Sache des Bauern. Für jede kleine Veränderung ist Geld nötig und damit die Unterstützung der Bank.
"Ich han so hohe Erwartungen gehebt an meinen Banker. Er hat die schlechten Zahlen der letzten Jahre in der Schweinemascht gesehen und war der Meinung, dass ich da aufhören soll mit diesem Betriebszweig."
Fremdgesteuerte Landwirtschaft
Die Landwirtschaft, das merkt man gleich bei dem Gespräch mit dem Banker, das wir belauschen dürfen, ist inzwischen fremdgesteuert. Nicht mehr die Vorlieben des Bauern oder seine Visionen spielen die Hauptrolle, auch nicht mehr die Liebe zum Landleben oder der Einklang mit der Natur. Jungbauer Philipp will zwar alles anders machen, hat aber noch nicht die Verbindung zu den Traditionen verloren. Auch Umweltbedenken sind ihm nicht fremd.
"Wenn man jetzt überall nur noch Mais anbaut, dann wird der Parasitendruck irgendwann steigen. Das heißt verschärft Chemie, Insektizide. Das macht der Boden nicht mit. Das macht die Natur nicht mit. Das isch Ausbeutung praktisch. Einfach nur Kohle mache."
Regisseur Tobias Müller hat in seiner Langzeitdokumentation eine schwäbische Familie dabei beobachtet, wie sie zwischen Tradition und Moderne aufgerieben wird. Bestimmte Bereiche wie die Milchwirtschaft lohnen sich in den Zeiten der Globalisierung überhaupt nicht mehr. Andere sehr spezialisierte Segmente sind schwer neu aufzubauen.
Solange der Hof nicht genügend abwirft, hat Phillip noch zwei andere Jobs zusätzlich, einen davon im Stahlwerk. So wird die Landwirtschaft zum Nebenerwerb, fast zu einem besonders anstrengenden Hobby. Aber irgendwie kann es so wenigstens weitergehen, auch wenn die Arbeit dem jungen Mann manchmal über den Kopf wächst. Natürlich arbeiten die Alten noch mit, aber ihr Anteil am Hoferhalt wird immer geringer. Die tagtägliche schwere Arbeit hat sie ausgelaugt. Ohne Phillips achtstündigen Nebenjob kämen sie nicht über die Runden.
Auch die Möglichkeiten für den jungen Mann, eine Frau zu finden, sind arg eingeschränkt. Wer kann sich schon die Mehrfachbelastung in der Landwirtschaft einschließlich Ausmisten, Melken und die Angst vor der Pleite als Lebensperspektive vorstellen?
"Bauer sucht Frau"-Romantik schnell passé
Doch dann lernt der Jungbauer Manuela kennen, die tatsächlich zu ihm auf den Hof zieht. Weil sie sich aber mehr für Kunst und Kultur interessiert als für den täglichen Überlebenskampf gegen den Schuldenberg, stellt sich schnell die Existenzfrage für diese Beziehung. Da ist die "Bauer sucht Frau"-Romantik schnell passé.
Der Film ist formal konventionell gedreht, aber grundehrlich. Zudem beleuchtet er ein wenig beachtetes Segment unserer Gesellschaft. Ein Heimatfilm der besonderen Art. Regisseur Tobias Müller hat ganz offensichtlich das Vertrauen seiner Protagonisten gewonnen, die sich seinen Fragen mehr und mehr öffnen. Er schafft es, in der ästhetischen Tradition des Fotografen August Sander aus dem vorigen Jahrhundert den harten Alltag der Kienles in markanten Bildern einzufangen.
Der Film beschönigt nichts, und trotzdem beschwört er den schönen Schein der Dämmerung in fast ausgebleichten Kinobildern herauf. Auch die heiteren Aspekte des Landlebens den gütigen Mut dieser Helden des Alltags versteht er herauszukitzeln. Zwischen bäuerlichem Alltag und ökonomischem Umbruch werden aber auch die Bruchkanten und Risse zwischen den Generationen sichtbar. Der Maschinenpark ist überaltert und erfüllt oft seinen Zweck nicht mehr. Das Ideal der "Eigenreparatur" lässt sich bei den moderneren Maschinen kaum mehr durchhalten. Und dann schwappt fast ein wenig selbstironische Philosophie in diesen Film.
"Ich sag immer, die Ente ist das beschte Tier zum Beispiel. Die kann fliegen, schwimmen, laufen. Die kann alles aber hat auch net so wirklich gut."