
Die von UEFA-Präsident Aleksander Ceferin wohlwollend kommentierte dauerhafte Einführung von Finalturnieren im Fußball-Europapokal stößt auf Widerstand. Die britische "Times" zitiert einen Vertreter der einflussreichen Klub-Vereinigung ECA mit den Worten: "Wir wollen mehr Spiele, nicht weniger. Wenn wir die Anzahl der Spiele reduzieren, würde das einen Verlust der Einnahmen bei den Tickets und TV-Rechten bedeuten."
Ceferin hatte mit Blick auf die Finalturniere der Champions League und Europa League in Lissabon und Nordrhein-Westfalen der Nachrichtenagentur "AP" gesagt, das Format mit einem Duell pro Begegnung ab dem Viertelfinale erscheine "interessanter".
Terminschwierigkeiten drohen
Zwar sei es "ziemlich kompliziert, ein Final-8 im Kalender unterzubringen. Aber wir haben gesehen, dass die Menschen spannende Spiele wollen, dass in einem Spiel jedes Team in der Champions League oder Europa League jedes Team schlagen kann." Deshalb werde eine Reform "in Erwägung" gezogen. "Ich denke, im September oder Oktober müssen wir anfangen, ernsthaft zu sprechen", sagte der Slowene.
Vor den Finalturnieren der Königsklasse in Lissabon und der Europa League in Nordrhein-Westfalen hatte Ceferin derartige Gedankenspiele noch ausgeschlossen. Der bislang bekannte Modus ist bis 2024 weitgehend festgeschrieben.
Vor den Finalturnieren der Königsklasse in Lissabon und der Europa League in Nordrhein-Westfalen hatte Ceferin derartige Gedankenspiele noch ausgeschlossen. Der bislang bekannte Modus ist bis 2024 weitgehend festgeschrieben.
"Wie eine Bombe einschlagen"
Auch Bayern-Vorstand Oliver Kahn erklärte zuletzt, dass das Format aus seiner Sicht einen "Reiz" habe: "Ein Spiel – und danach hast du eine Entscheidung", sagte der Ex-Nationaltorwart, wollte sich aber nicht festlegen, ob er dies "wirklich besser" finde.
Der Münchner Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge hatte bereits vor dem Start vermutet, dass der Modus "wie eine Bombe einschlagen" werde. Es brauche "kluge Entscheidungen" bei einer Reform, damit "der Hunger auf die Champions League größer" werde, forderte der international gut vernetzte Funktionär.

"Extrem begeistert" von den Alles-oder-Nichts-Duellen
Oliver Mintzlaff von Halbfinal-Teilnehmer RB Leipzig hatte den geänderten Modus zwiespältig bewertet. "Ich finde das Format auch super. Es hat auch nochmal einen anderen Charakter", sagte der Vorstandschef der Sachsen. "Aber es vergessen die einen oder anderen, wenn du Hin- und Rückspiel hast, hast du zwei Spiele, die im TV übertragen werden, und dann hast du andere TV-Einnahmen."
UEFA-Chef Ceferin berichtete, dass ihm viele "Freunde aus dem Fußball" geschrieben hätten und "extrem begeistert" von den Alles-oder-Nichts-Duellen seien. Das Argument, dass die Einnahmen möglicherweise sinken könnten, versuchte der Slowene zudem zu entkräften. "Auch wenn es weniger Spiele sind, wäre ihr Wert höher, wenn sie richtig vermarktet werden."
"Für eine Woche im Zentrum der Aufmerksamkeit"
Bei einer Änderung des grundlegenden Europapokal-Ablaufs müsste diskutiert werden, ab welcher Runde ein mögliches Finalturnier starten könnte. Acht Teams an einem Ort könnten aufgrund des zu erwarteten Fan-Ansturms – bei einer Rückkehr von Zuschauern nach der Coronavirus-Pandemie – schwer zu bewältigen sein.
So wäre ein Final-Four-Format ab dem Halbfinale möglicherweise praktikabler. "Man wäre für eine Woche im Zentrum der Aufmerksamkeit der ganzen Welt und dies wäre fantastisch, aber wir müssen sehen", sagte Ceferin. "Ich denke, es ist ein interessantes Format, über das wir vorher noch nicht nachgedacht haben und jetzt ist es in unseren Köpfen."
Ausgleich für die wegfallenden Spiele?
Die maximale Anzahl der Spiele eines Klubs in der Königsklasse liegt normalerweise bei 13, Triple-Gewinner FC Bayern absolvierte in der gerade abgeschlossenen Corona-Saison elf. Inwieweit Ceferin bei seinen Überlegung an einen Ausgleich für die wegfallenden Spiele in der K.o.-Runde - wie beispielsweise die Wiedereinführung einer Zwischenrunde - gedacht hat, ist offen.
Reformen des mit Abstand wertvollsten Klub-Wettbewerbs waren in der Vergangenheit immer wieder ein Streitthema. Wegen der Coronakrise ruhte die öffentliche Diskussion zuletzt. Die ECA vertritt über 200 Vereine in Europa, darunter alle Top-Klubs.