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Fleischwirtschaft
Fonds fürs Tierwohl beschlossen

Der Bauernverband hat gemeinsam mit dem Lebensmittelhandel und der Fleischwirtschaft eine Tierwohlinitiative gegründet. Nutztierhalter sollen Prämien bekommen, wenn sie etwas für das Tierwohl tun - über gesetzlichen Vorschriften hinaus. Die Produkte von Tieren, die von der Initiative profitieren, sollen nicht eigens gekennzeichnet werde.

Daniela Siebert im Gespräch mit Jule Reimer |
    Drei Schweine stehen in einem Stall und gucken in die Kamera.
    Wenn Schweine im Stall Beschäftigung finden, dann ist die Gefahr geringer, dass sie sich gegenseitig anknabbern. (dpa/picture alliance/Bernd Wüstneck)
    Jule Reimer: Fleisch ist hierzulande um vieles billiger als in anderen Ländern gemessen daran, was die Deutschen durchschnittlich verdienen. Viele kleinere Schweinehalter können da nicht mehr mithalten, weil sie nicht wie Großbetriebe ihre Produktion durchrationalisieren konnten. Schweine wollen jedoch unterhalten werden, und sie brauchen Bewegung. Steht beides nicht zur Verfügung, fangen sie an, sich anzuknabbern, zum Beispiel am Schwänzchen, das hat dann möglicherweise böse Entzündungen zur Folge – weshalb die Züchter Schweineschwänze kupieren und bei Geflügel die Schnäbel kürzen. Mehr artgerechte Tierhaltung würde die Kosten erhöhen, doch wer zahlt dafür? Der Bauernverband hat eine Tierwohlinitiative gemeinsam mit dem Einzelhandel gegründet, die jetzt reif für die Umsetzung ist. Daniela Siebert, was ist das Bemerkenswerte daran?
    Daniela Siebert: Das Bemerkenswerteste daran ist wohl, dass es eine freiwillige Initiative ist, die die ganze Produktions- und Vertriebskette abdeckt. Sie soll Schweinen, Masthähnchen und Puten zu Gute kommen.
    Die Initiative sei im Gespräch zwischen Bauernverband, Lebensmittelhandel und Fleischwirtschaft entstanden sagt Bernhard Krüsken, der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes. Zweieinhalb Jahre habe es gedauert von der ersten Idee bis heute das Konzept steht und von allen Teilnehmern abgenickt wurde.
    Über das Motiv für die Initiative bekommt man die größte Klarheit, wenn man sich diese Äußerung von Heinrich Dierkes von der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands vor Augen führt. Zitat:
    "Wir zeigen hiermit klar, dass wir als Branche in Sachen Tierschutz und Tierwohl freiwillig und auf breiter Basis vorangehen. Ich fordere insbesondere die Politik auf, dieses bei ihren zukünftigen Entscheidungen zu berücksichtigen. Mit Freiwilligkeit ist dem Tierschutz und Tierwohl mehr gedient als mit starren politisch ideologischen Vorgaben."
    Man tut also lieber selbst freiwillig etwas fürs Tierwohl als durch Gesetze verpflichtet zu werden.
    Über gesetzliche Vorschriften hinaus
    Reimer: Was soll die Initiative konkret bringen?
    Siebert: Geplant sind Prämien für Tierhalter, die über die gesetzlichen Vorschriften hinaus etwas fürs Tierwohl tun. Angedacht ist beispielsweise mehr Stroh in den Ställen, mehr Platz pro Tier, mehr Tageslicht, Spielzeug mit dem sich die Tiere beschäftigen können. Bernhard Krüsken vom Bauernverband sagt dazu.
    "Das geht hin bis zu Stallkonzepten, die dann mit Offenhaltung, mit Stroh arbeiten oder die Verzicht auf das Kupieren von Schwänzen beinhalten und da gibt es eine Palette von Möglichkeiten, die jeder Landwirt in Abhängigkeit von seinen betrieblichen Gegebenheiten eben umsetzen kann oder auch nicht umsetzen kann."
    90 Prozent der deutschen Lebensmittelhändler wollen die Initiative durch Zahlungen in einen Fonds unterstützen, sagt Krüsken. Er hofft dass ein Viertel der Nutztierhalter von Anfang an mitmachen werden, jedenfalls hätten so viele Interesse bekundet. Auch Bio-Bauern und ausländische Züchter könnten am System teilnehmen. Für die Initiative wird ein eigenes Auditierungssystem mit Kontrollen in den Ställen geschaffen.
    Kein besonderes Kennzeichen
    Reimer: Was werden die Verbraucher von all dem merken?
    Siebert: Wenn es gut läuft, gar nichts, denn die Fleischprodukte von Tieren, die von der Initiative profitiert haben, werden nicht eigens gekennzeichnet. Es gibt kein Etikett oder Logo, das auf die Tierwohlmaßnahmen hinweist.
    Wenn es schlecht läuft, werden die Preise steigen, weil der Handel seine Investitionen über die Preise an die Verbraucher weitergibt.
    Reimer: Wann kommt die Tierwohl-Initiative konkret in den Ställen an?
    Siebert: Eigentlich steht das Konzept, und der Handel und seine Mitstreiter könnten sofort damit loslegen. Die wollen aber erst noch grünes Licht vom Bundeskartellamt haben. Mit dem habe ich gestern telefoniert und erfahren: Dort habe bislang aber noch keinerlei Unterlagen von der Initiative erhalten. Das Amt könne in dieser Angelegenheit ohnehin nur beratend tätig werden, eine Genehmigungspflicht gebe es für eine derartige Initiative nicht, sie müsse nur diskriminierungsfrei gestaltet sein, kein "closed shop", der andere Wettbewerber ausschließt.