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Flieg, Maikäfer, aber nicht in Massen!

Für viele Menschen ist er nur ein hübscher Käfer, der sich nur selten und wenn, dann höchstens im Mai blicken lässt. Für viele Winzer und Förster in Hessen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz hat sich der Maikäfer aber in den letzten Jahren immer mehr zu einem Albtraum entwickelt. In diesen Bundesländern haben sich die braunschwarzen Tiere seit den achtziger Jahren so rasant vermehrt, dass ihnen inzwischen ganze Wälder und Weinberge zum Opfer fallen. Zwar können die Bäume den Kahlfraß an ihren Blättern durch die erwachsenen Käfer noch relativ gut kompensieren. Doch der Wurzelfraß der Larven, der so genannten Engerlinge, macht ihnen sehr zu schaffen. Wieso die Bäume darunter seit ein paar Jahrzehnten besonders leiden, erklärt Joachim Ruther, Insektenforscher am Institut für Biologie der Freien Universität Berlin:

Von Christine Westerhaus |
    Für viele Menschen ist er nur ein hübscher Käfer, der sich nur selten und wenn, dann höchstens im Mai blicken lässt. Für viele Winzer und Förster in Hessen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz hat sich der Maikäfer aber in den letzten Jahren immer mehr zu einem Albtraum entwickelt. In diesen Bundesländern haben sich die braunschwarzen Tiere seit den achtziger Jahren so rasant vermehrt, dass ihnen inzwischen ganze Wälder und Weinberge zum Opfer fallen. Zwar können die Bäume den Kahlfraß an ihren Blättern durch die erwachsenen Käfer noch relativ gut kompensieren. Doch der Wurzelfraß der Larven, der so genannten Engerlinge, macht ihnen sehr zu schaffen. Wieso die Bäume darunter seit ein paar Jahrzehnten besonders leiden, erklärt Joachim Ruther, Insektenforscher am Institut für Biologie der Freien Universität Berlin:

    Während die Wälder früher damit zurecht gekommen sind, gibt es jetzt dort Probleme. Wir haben jetzt eine Grundwasserabsenkung, so dass also nicht nur die Wurzeln geschädigt sind, sondern auch grundsätzlich das Wasser sehr viel schlechter zu erreichen ist für die Pflanzen, für die Bäume, die dort wachsen.

    Um die Bäume vor dem Absterben zu retten, griffen die Förster früher meist zur chemischen Keule. Doch inzwischen darf das wirksamste Mittel gegen Maikäfer, die synthetische Phospor-Verbindung Rubitox, nur noch mit einer Sondererlaubnis versprüht werden. Denn wie viele andere Schädlingsbekämpfungsmittel tötet Rubitox auch nützliche Insekten und hinterlässt giftige Rückstände im Boden. Deshalb suchen Joachim Ruther und seine Kollegen seit fünf Jahren nach einer Möglichkeit, die Maikäfer biologisch zu kontrollieren. Sie planen, einen natürlichen Feind der Insekten in ihrem Verbreitungsgebiet anzusiedeln:

    Ein Ansatz, den wir jetzt verfolgen, ist die so genannte Catch and Infekt Methode ein- zusetzen. Also Fallen, mit denen wir die Männchen fangen, sie infizieren, und zwar mit einem Pilz, der sich auf die Infektion von Maikäfern spezialisiert hat. Wir wollen jetzt also die Männchen dazu nutzen, Sporen dieses Pilzes in den Fallen zu übernehmen und sie zum Beispiel bei der Kopulation auf die Weibchen übertragen und die Weibchen diese Sporen bei der Eiablage im Boden verteilen, in dem sich ja die Larven der Käfer, also die Engerlinge entwickeln.

    Um die Männchen in diese Pilzsporen-Fallen zu locken, nutzen die Forscher den Sexual-Trieb der Tiere aus. Denn bei der Partnersuche verlassen sich Maikäfer ganz auf ihr Geruchsorgan, die Antennen:

    Wir haben herausbekommen, dass sich die Maikäfer-Männchen bei der Partnersuche anhand von Duftstoffen orientieren, die von Pflanzen abgegeben werden, wenn diese Maikäfer an den Pflanzen fressen.

    Weil der Geruch von angefressenen Blättern aber auch von anderen Insekten stammen könnte, parfümieren sich die Maikäfer-Weibchen noch zusätzlich mit einem Sexuallockstoff ein. Damit bringen sie die Männchen auf die richtige Spur:

    Dieses Sexual-Pheromon wirkt allein kaum attraktiv auf die Männchen. Wenn man aber Kombinationen anbietet von den GLV und dem Pheromon, dann bekommen wir eine deutliche Verstärkung der Reaktion der Männchen auf diese Duftstoffe, wenn man es vergleicht mit den Blattduftstoffen allein.

    Diese Kombination aus weiblichen Lockstoffen und grünen Blattdüften setzen die Forscher zum Maikäferfang ein. Binnen einer halben Stunde versammeln sich bis zu 500 Männchen in einer derart duftenden Falle. Damit die Tiere die Pilz-Sporen anschließend unter das Maikäfervolk bringen können, werden sie wieder freigelassen. Wie gut das funktioniert, müssen Joachim Ruther und seine Kollegen allerdings erst noch im Freiland ausprobieren. Viel Zeit bleibt ihnen dabei nicht:

    Wir haben also pro Jahr nicht mehr als vier bis sechs Wochen Zeit, an Maikäfern zu arbeiten. Und dann verschwinden die Populationen und brauchen dann wieder je nach Standort zwischen drei und vier Jahren, bis die nächste Generation herangewachsen ist. Und innerhalb dieses kurzen Zeitfensters haben wir ja auch pro Tag nur etwa eine halbe Stunde, um unsere Versuche zu machen, denn das ist die Zeit, in der dieser Schwärmflug stattfindet.

    Für die Forscher hat es aber nicht nur Nachteile, dass die Maikäfer nur für eine kurze Zeit schwärmen: Denn auf Dauer könnte vermutlich selbst der abgehärtetste Wissenschaftler den Gestank der Tiere nicht aushalten:

    Er riecht jedenfalls ziemlich penetran,t jedenfalls, wenn er in den Dichten vorkommt, die wir in der Rheinebene haben. Am Ende der Saison sind wir dann alle froh, wenn wir diesen Geruch nicht mehr ertragen müssen.