Donnerstag, 16. Mai 2024

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"Floor on Fire" in Hellerau
Ballett, Breakdance und Modern im Wettstreit

Breakdancer gegen Ballettsolisten, Modern gegen Spitzentanz: Bei den "Floor of Fire" in Hellerau treffen unterschiedliche Tanzstile aufeinander - und inspirieren sich gegenseitig. Am Wochenende tobte der Wettbewerb wieder, diesmal mit Profitänzern aus Leipzig, Görlitz und Dresden.

Von Heike Schwarzer | 09.11.2015
    Es braucht nicht lange, dann brennt die Luft im großen Saal:
    Links und rechts vom kreisrunden Tanzboden liegen die Startpunkte für die Tänzer der vier Teams; das Publikum sitzt so nah, jeder Schweißtropfen, jedes Zittern, jeder lupenreine Salto – alles ist zu sehen. B-Boy Kelox:
    "Floor on fire, das Format ist für uns Breaker sehr spannend."
    Kelox, alias Alexander Miller: klein, drahtig mit Nerdbrille, ein Meister der Körperfaltung, ein Dresdner, geboren in Kasachstan und weltweit für Sachsen mit der B-Boygruppe "The Saxonz" unterwegs;
    "Egal, welche Battles wir alle mitgemacht haben, auf dieses Format kannst du dich nicht vorbereiten, es ist unberechenbar: Es ist musikalisch unberechenbar, du hast keine Ahnung worauf du tanzen wirst, du weißt nicht, gegen wen und vor allem nicht, mit wem du tanzen wirst."
    Bewegungen anderer Tänzer aufnehmen, wiederholen, sich auch berühren – im Modern Dance, auch im Klassischen gehört das zum Konzept – aber nicht im originalen Breakdance-Battle:
    "Wir haben in den Battles bei uns die Regel: no touching! Sobald du den Gegner berührst, hast du verloren. Aber hier musst du zusehen, dass du mit deinem Gegner auch gut umgehst und vor allem auch mit deinem Partner."
    Kelox und seine drei B-Boys zumindest wissen, was sie erwartet beim Battle of styles in Hellerau. Anders als die meisten Tänzer aus Leipzig, Görlitz oder Dresden, die am Samstagabend zum ersten Mal in diese tosende Arena steigen. Laura und Nikolaus vom Leipziger Ballett.
    - Laura: "Das ist ein bisschen stressig, denn wir wissen nicht was auf uns wartet. Aber ich komme mit Spitzenschuhen. Und mal sehen was passiert."
    - Nikolaus: "Ich habe etwas gesehen auf Youtube und finde es toll, aber es ist komplett anders. Ich sehe heute abend, was passiert. Ich hoffe, alles geht gut, aber ..."
    Nicht die Choreografie, das perfekte Timing, die gute Vorbereitung sind bei diesem Battle gefragt, sondern der flexible Profi, die Persönlichkeit mit Teamgeist – egal, in welchem Tanzstil:
    "Auf jeden Fall, aber das ist die schöne Herausforderung."
    Johanna Roggan aus dem Team Contemporary aus Dresden.
    "Dass man sich immer gegenseitig beeinflussen und auch inspirieren kann. Schön zu sehen, wenn die Gruppe eine Gruppe ist, aber wenn man sehen kann, wenn die Tänzer offen sind, sich was reinzuholen von den anderen. Das ist super, auch befriedigend auch fürs Publikum, wenn ein Tänzer nicht immer das gleiche macht."
    Selbstverständlich ist das nicht, aber genau das sind die vielen ganz starken Momente des Abends: Wenn ein klassischer Tänzer wie Nikolaus von der Oper Leipzig auf den Boden geht, im Posing eines B-Boy seine Gegner herausfordert. Wenn Laura von B-Boys getragen durch die Luft fliegt. Wenn Moderndancer Christian Novopavlovski scheinbar alles kann, sogar Komik zwischen Machogehabe und Spitzentanz. Kelox:
    "Seitdem es "Floor on fire" gibt, sind wir mindestens einmal im Monat in der Semperoper, schauen uns viele zeitgenössischen Produktionen an, sind viel vernetzter. Das ist ein starker Nährboden und man weiß nicht, was sich daraus noch entwickelt."
    Mut zum Wagnis, damit sind The Saxonz gerade zum zweiten Mal deutsche Meister geworden:
    "Ja, Breakdance auf die Fresse, das ist aber langweilig. Der Tanz bietet so viel mehr als nur zack rein und Moves, Moves, Moves, Saltos. Auf jeden Fall ist es ein Wagnis. Wenn man immer nur das macht, was man kann, dann wird man nie die Grenzen ausloten von dem, was man tut."
    Nach gut zwei Stunden und drei Finalrunden standen die Sieger fest. Völlig egal, wer es war. Alle hatten Spaß beim Battle of styles. Auch der Intendant von Hellerau, Dieter Jaenicke:
    "Großartig die Tänzer, die ganz unterschiedliche Herkünfte haben, so auf Augenhöhe von einander zu lernen und so ganz anders miteinander umzugehen, als man das sonst gewohnt ist. Toll!"