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Forschung im Dienste des Ballsports

Fausto Cereti leitet in Viterbo den ersten italienischen Masterstudiengang in Grasforschung. Die angehenden Rasenexperten wollen die zarten Halme auf Fußballplätzen den harten Lebensumständen anpassen. Dafür haben sie unter anderem eine Maschine entwickelt, die Fußballspieler imitiert.

Von Thomas Migge |
    Fausto Cereti ist Landwirt. Aber der bullig wirkende Mann kümmert sich um viele Hektar Grünfläche, auf denen nichts zum Ernten wächst. Kinder dürfen auf den von Cereti kultivierten Wiesen nicht spielen und auch Golfer haben Zutrittsverbot. Ceretis Wiesen sind pure Experimentierfelder für ihn und seine Studierenden. Sie sind nur für den wissenschaftlichen Gebrauch gedacht. Fausto Cereti ist Professor für Grünflächenforschung an der Universität Viterbo:

    " Gras ist als Nutzpflanze für die unterschiedlichsten Anwendungen geeignet. Wir haben uns hier in Viterbo darauf spezialisiert vor allem Fußballwiesen für die verschiedensten Klimazonen zu entwickeln und zu testen. Unsere Forschungen begannen nach der Fußballweltmeisterschaft 1990, bei der es viele Probleme mit Grasflächen gab. "

    Cereti leitet den ersten italienischen Masterstudiengang in Grasforschung. Er existiert seit 2004 und dauert zwei Jahre. Der Master wendet sich an Studierende aus ganz Europa. Voraussetzung ist, dass sie Italienisch sprechen. Ziel des Masterstudiengangs ist es, zum Rasenexperte zu werden, erklärt die Studierende Francesca Pini, die bereits ein Diplom in Landwirtschaft besitzt:

    " Wir studieren zunächst sämtliche auf dem Globus vorkommenden Typologien von Gras und auch Wiesen. Wir testen die hier im Institut für Landwirtschaft gezüchteten Sorten auf die Einwirkung von Feuchtigkeit und Sonneneinstrahlung. "

    Cereti und die anderen Dozenten legen besonderen Wert darauf, dass alle Studierenden - insgesamt sind es 20 pro Studienjahr - an allen Testreihen vor Ort mitbeteiligt sind. Theorie und Praxis gehen eine seltene Symbiose ein.
    Francesca Pini:

    " Ceretis Arbeiten konzentrieren sich vor allem auf Experimente, an denen wir konkret teilhaben. So testen wir die Belastung der einzelnen Grassorten mit verschieden großen Gewichten. Muss eine Grasfläche ein Fußballspiel aushalten, müssen die einzelnen Pflanzen sehr robust sein. "

    In Italien existieren rund 17.000 Fußballplätze. Das Gras für einen Bolzplatz in Bozen muss andere klimatische Bedingungen aushalten als das Grünzeug für ein Fußballfeld in Palermo. So entwickelten Cereti und seine Studierenden Testreihen unter Feldbedingungen, um für jedes Klima und jede Beanspruchung resistente Grasflächen heranzuzüchten. Einen besonderen Stellenwert bei diesen wissenschaftlichen Test nehmen zwei Maschinen ein, die die Studierenden mitentwickelt haben.

    Sie simulieren das Auftreten von laufenden Fußballspielern sowie den Aufprall von Bällen. Ihre Aufgabe besteht darin, Grashalme zu malträtieren und dann zu beobachten, wie lange die einzelnen Halme benötigen, um sich wieder aufzurichten. Das Gerät ist eine viereckige Box, aus der ein Ball rund 10 Meter in die Höhe geschossen wird. Eine eingebaute Kamera filmt, wie der Ball auf den Rasen fällt. Sie zeichnet auf, wie die Grashalme dabei beschädigt werden und filmt die Grasfläche auch in den folgenden Tagen. So können die Studierenden im Zeitraffer nachvollziehen, wie lange das Gras braucht, um sich vom Ballkontakt zu erholen. Das zweite Gerät imitiert bolzende Fußballer, die den Rasen malträtieren.

    Die Studierenden des Gras-Masters kommen während ihres Studiums auch in Kontakt mit Unternehmen und anderen Interessenten an hochstrapazierfähigen Rasensorten. Dazu der Studierende Matteo Napolitano:

    " Ich bin eigentlich Architekt , aber mich interessiert die Gestaltung von Grünflächen, deshalb bin ich hier und mir gefällt, dass wir während des Masters neben der Theorie und unsere Experimenten auch mit möglichen zukünftigen Arbeitgebern in Kontakt kommen. Zum Beispiel mit Fußballclubs und anderen Unternehmen, die mit der Welt des Grases zu tun haben. "

    Grasforschung im Dienst der Kunden - für Fußballclubs und Kirchengemeinden, die für ihre Versammlungsorte unter freiem Himmel resistentes Grün suchen, für Parkflächen in Städten mit besonders heißem Wetter, wie auch für Dächer. Professor Cereti hofft, dass seine Studierenden in Italien und woanders Arbeit als Grasexperten finden werden. Zum Beispiel bei großen Fußballclubs, die sich von Grasexperten beraten lassen wollen. Oder bei Architekten, die sich auf die Gestaltung von Innenstädten oder Parkanlagen spezialisiert haben.