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Fortuna Köln
Fußball für Nostalgiker

Kommerz, galaktische Transfersummen, Kunden statt Zuschauer - das ist der moderne Hochglanzfußball. Den Gegenentwurf zu dieser Entwicklung findet man im Kölner Süden, bei Fortuna. Der Drittliga-Verein bietet zwar weniger Glamour - aber in den Augen der Fans mehr Romantik und Gemütlichkeit.

Von Daniela Müllenborn | 17.04.2017
    Fortuna Köln gegen Sportfreunde Lotte im Kölner Südstadion.
    Fortuna Köln gegen Sportfreunde Lotte im Kölner Südstadion. (imago sportfotodienst)
    "Herzlich Willkommen im Kölner Südstadion, zum Meisterschaftsspiel des SC Fortuna gegen die Sportfreunde Lotte."
    Knapp 1600 Zuschauer sind gekommen. Ins Kölner Südstadion. Das über 15.000 Plätze verfügt und über das die Fans sagen, es habe den Charme einer Bezirkssportanlage. Womit sie natürlich auch Recht haben. Denn die Heimat der Fortuna ist eine Bezirkssportanlage, mit mehreren kleinen Plätzen drum herum und einer Sporthalle. Im Stadion selber ist der Rasen von einer blassroten Laufbahn eingerahmt und überdacht ist nur die Haupttribüne, mit ihren alten roten Plastiksitzschalen. Willkommen im Wohnzimmer der Fortuna-Fans.
    Familiäres Umfeld und Gemütlichkeit
    "Wie zu Hause. Das ist Gefühl." - "Dieses familiäre Umfeld, die netten Leute." - "Das ist vielleicht auch ein Stück Familie." - "Ja, das ist natürlich das Südstadion an sich. Ist alles familiärer, klar könnte ein neues Stadion ein bisschen mehr Stimmung mit sich bringen, aber hier ist es einfach gemütlich und mit meinem Sohn macht das auch immer Spaß." - "Das finden Sie beim FC nicht."
    Und so kommt es, dass selbst Fans des 1. FC Köln hier vorbei schauen. Obwohl ihr eigener Klub einige Kilometer weiter, im Kölner Westen, an diesem Nachmittag auf der großen Fußball-Bühne aufläuft und gegen Borussia Mönchengladbach spielt. Das rheinische Derby - eine Erstliga-Begegnung und für viele das Spiel des Jahres.
    "Ich bin dem Derby-Trubel entflohen, mit meinem Sohn, weil das zu nervenaufreibend ist und da haben wir gesagt, da gehen wir in die Südstadt zur Fortuna. Das ist auf jeden Fall ehrlicher und es gerät auch völlig aus den Fugen, was da finanziell so abgeht in der ersten Liga, in der Champions League und von daher ist das hier der ehrlichere Fußball, ist bodenständiger, das muss man ganz klar sagen."
    Rückzugsgebiet für Fußball-Romantiker
    Fortuna Köln - der kleine Südstadtklub. Rückzugsgebiet für echte Fußball-Romantiker. Auch auf den nicht überdachten Stehplatzrängen gegenüber der Tribüne, wo die Fanklubs stehen, die ihre großen Fahnen schwenken, die Mannschaft zur Halbzeitpause musikalisch in die Kabine begleiten und sich schon auf das gemeinsame Kölsch mit den Spielern nach Spielende freuen.
    "Es ist vielleicht auch 'ne gewisse Stimmung zwischen Mannschaft und Fans. Der Kontakt ist ein bisschen enger. Man geht ja danach noch ins Vereinsheim, da trinkt man noch was, da kommen die Spieler durchgelaufen."
    "Wenn jemand ne Frage hat, kann man jederzeit den Trainer ansprechen. Das ist der Dorfverein, der im Profifußball unterwegs ist."
    Drittliga-Fans kommen sich wie Randfiguren vor
    Sozusagen der Gegenentwurf zum glitzernden Milliardengeschäft Fußball, wo das Stadion Arena heißt, die Prominenz nicht mehr auf Ehrenplätzen, sondern in der VIP-Loge sitzt und aus dem Spiel ein "Event" geworden ist. Wo sportliche und Sponsorentermine eng getaktet sind und sich Fans des Drittligisten Fortuna Köln vorkommen wie eine Randnotiz.
    "Ein bisschen bitter, wenn man jetzt den gesamten Fußball sieht, dass man da ein immer kleineres Rad ist."
    Und man sich bei immer größer werdender Schlagzahl der Spiele und Wettbewerbe und der zunehmenden Zersplitterung eines einzigen Bundesligaspieltages in der 3. Liga schon auf die wildesten Anstoßzeiten einstellt. So dürfen ja zum Beispiel in der kommenden Saison fünf Bundesliga-Partien sonntags um 13.30 Uhr angesetzt werden. Was sich dann auch auf den Beginn der Spiele in den unteren Ligen auswirken könnte. Die Fortuna-Fans nehmen es mit Galgenhumor.
    Galgenhumor gegen widrige Anstoßzeiten
    "Es wird schwierig für einen einfachen Mann, um zehn Uhr mit dem Trinken anzufangen, wenn um 11 Uhr das Spiel los geht."
    Aber auch das würden sie mitmachen. Hauptsache, ihre Fortuna bewahrt sich ihren manchmal vielleicht etwas schrulligen, auf jeden Fall aber ursprünglichen Charme.