Donnerstag, 25. April 2024

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Fox News und Trump
Ende der Harmonie?

Was passiert gerade bei Fox News? Der populistische TV-Kanal galt immer als Zentralorgan von US-Präsident Donald Trump. Doch jetzt scheint die Harmonie zu bröckeln. Mehrmals stoppte der Sender Live-Übertragungen aus dem Weißen Haus.

Text: Nina Magoley / Bettina Köster im Gespräch mit Brigitte Baetz | 10.11.2020
Donald Trump im Fernsehsender Fox News
Donald Trump im Fernsehsender Fox News (imago / Zuma / Brian Cahn)
Mitten in der Pressekonferenz des Trump-Teams am Montag (09.11.2020), die Fox News eigentlich live zeigen wollte, dreht der Sender die Übertragung ab. Trump-Sprecherin Kayleigh McEnanyam hatte gerade zuvor behauptet, Wahlsieger Joe Biden unterstütze den vermeintlichen Wahlbetrug. "Wenn sie nicht mehr Details hat, um das zu belegen, kann ich Ihnen das nicht mit gutem Gewissen weiter zeigen", erklärt Fox-Moderator Neil Cavuto den Zuschauern kurzerhand. Ganz neue Töne bei Fox News.
Für jeden Trump-Fan war es bislang beruhigende Gewissheit: Wer gute Nachrichten über den Präsidenten sehen wollte, der musste nur Fox News einschalten. Hier wurde Trump seit seiner Ernennung als Held gefeiert. Mehr noch: Der Sender brachte Geschichten, die den Hass des Präsidenten auf den "Sumpf" in Washington, die Warnung vor Einwanderern und sein Misstrauen gegenüber der schwarzen Bevölkerung plausibel zu machen schienen, seine Hetze geradezu folgerichtig erscheinen ließen. Und schreckte dabei auch nicht vor Fakenews zurück.
Das Bild zeigt die amerikanische Flagge, Dossier zur US-Wahl 2020 
Alle Beiträge zur US-Wahl in unserem Dossier (picture alliance / Wolfram Steinberg)
Dreamteam Fox News und das Weiße Haus
Jederzeit konnte sich der Präsident der Unterstützung und Verehrung von Star-Moderatoren des Senders wie Tucker Carlson oder Sean Hannity sicher sein. Er bezeichnete Fox-Moderatoren als "Freunde", einige Mitarbeiter bekamen Jobs im Weißen Haus.
Mit Erfolg: Die enge Begleitung der schillernden Person Donald Trumps bescherte dem Sender gigantische Einschaltquoten und die höchste Zuschauerzahl aller US-Fernsekanäle. Auch die Homepage zählt mit 160 Millionen Besuchern pro Monat zu den erfolgreichsten in den USA.
Tucker Carlson in seiner TV-Show, in einem Spruchband steht "Sie haben viel über 'systematischen Rassismus' gehört."
Bis heute treuer Trump-"Freund": Fox News-Moderator Tucker Carlson (Imago Images / Zuma Wire)
Auch Fox News zählt jetzt Trumps Twitter-Lügen
Doch in den Tagen seit der US-Wahl ist etwas passiert bei Fox News. Nicht nur, dass ausgerechnet Trumps Haussender den für ihn wichtigen Staat Arizona schon den Demokraten zuschrieb, bevor es andere Sender taten. Als CNN schließlich am Samstag Joe Biden als "president-elect" ausrief, kam dieselbe Bestätigung auch bald von Fox News. Und um für Michigan die Demokraten als Sieger bekanntzugeben, unterbrach der Sender eine Pressekonferenz des Trump-Anwalts und glühenden Trump-Anhängers Rudy Giuliani. Obwohl Trump zur gleichen Zeit Twittersalven in die Welt schoss, in denen er sich selber zum Sieger - "haushoch" - erklärte, die Wahl als gefälscht und die Demokraten als Betrüger bezeichnete.
Mittlerweile zählt auch Fox News die Lügen Trumps auf Twitter: 12 mal innerhalb von 60 Stunden habe Twitter die "Tiraden" des Präsidenten als irreführend markiert, meldete der Sender am Sonntag auf seiner Homepage. Donald Trumps einstiger Haussender scheint auf Distanz zu ihm zu gehen.
Erste Risse in der Beziehung hatten sich schon mit dem großen Sommerinterview im Juli 2020 angedeutet. 60 Minuten lang konfrontierte Fox-Moderator Chris Wallace Trump darin mit Kritik, mit dessen falschen Behauptungen und Zahlen. Trump schwitzte sichtlich und blaffte Wallace an: Er sei "kein großer Fan von Fox News". Später schrieb er verärgert auf Twitter, Fox News sei nicht mehr der Sender, der er einmal war, nicht mehr "watchable". Und er schrieb: Der Sender habe wohl "vergessen, wer ihn dorthin gebracht hat, wo er jetzt ist".
Kontakt zum zukünftigen Präsidenten nicht verderben
Beobachter sehen bei Fox News eine neue politische Agenda - spätestens seitdem der Ausgang der US-Wahl klar ist. "Man positioniert sich dort jetzt für die Zeit nach Trump", sagt der Amerikanist und Medienwissenschaftler Michael Butter von der Uni Tübingen dem Deutschlandfunk im Gespräch. Würde der Sender weiter Trumps Position unterstützen, könne das von großem "strategischen Nachteil" sein, wenn erst Joe Biden Präsident im Weißen Haus ist. "Fox News will sich eine gute Beziehung zu Biden erhalten", sagt Butter, "will sich wichtige Informationsquellen künftig nicht verschließen".
Denn eins sei klar, sagt Butter: So leicht wie in der Trump-Zeit würden Medienvertreter im Weißen Haus künftig nicht mehr an Informationen kommen. Trump sei ein Präsident gewesen, den Korrespondenten auch mal spontan auf dem Flur für ein knackiges Statement stoppen konnten. Weder unter Obama war das möglich, noch sei es unter Biden zu erwarten.
"Auch seriöse Journalisten bei Fox News"
Und etwas anderes werde auch oft übersehen, sagt der Medienwissenschaftler: Fox News sei nicht so "monolithisch", wie oft angenommen. In dem Sender arbeiteten durchaus auch sehr gute Journalisten, "die an seriösen Journalismus glauben". Die Macht habe zwar bisher bei lauten Trump-Anhängern wie den Moderatoren Hannity und Carlson gelegen, doch derzeit verschiebe sich diese "Balance der Macht".
Schließlich gebe es auch noch ein anderes Argument für Fox News, die politische Agenda Richtung Biden zu erneuern - und das heißt "Trump TV": Man müsse davon ausgehen, "dass Trump sich nicht in eine künftige Sender-Struktur bei Fox News einbauen lässt", meint Butter. Vielmehr könne es sein, dass er und sein Team planten, nun einen eigenen TV-Sender aufzumachen. "Vielleicht alleine, um ihn aus dem Weißen Haus heraus zu kriegen."
Modell Fox News: Umsatz oder Demokratie?
Und dennoch, sagt die Medienjournalistin Brigitte Baetz im @mediasres-Gespräch: Bisher treten weiterhin republikanische Politiker wie Ted Cruz, Senator von Texas, oder Leute wie Newt Gingrich, einst mächtiger Sprecher im Repräsentantenhaus, bei Fox News auf und verbreiten ihre Sicht der Dinge: nämlich, dass die Sache noch nicht ausgestanden sei, dass es sich um Betrug, um "fraud" handele. Und weiterhin verbreite der Sender Verschwörungstheorien aus obskuren rechten Internetforen.
Und Star-Moderatoren wie Sean Hannity, glaubt Baetz, würden von dieser Linie auch in Zukunft wohl kaum abweichen. Sie seien größtenteils überzeugte Anhänger einer Ideologie, die besage: Allein Donald Trump und die Republikaner könnten die USA vor einer alten, korrupten Elite beschützen.
Letztlich sei Fox News für den mächtigen Inhaber und Medienmogul Rupert Murdoch eine "Gelddruckmaschine", sagt Baetz. Und die Murdoch-Familie müsse sich nun entscheiden, ob ihr diese "Gelddruckmaschine" wichtiger sei als die Demokratie der USA.