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Franz Liszt - ein Europäer in Weimar

Der Freistaat Thüringen feiert seinen Liszt im Jubiläumsjahr. Franz Liszt, 1811 geboren, 1886 gestorben, war von 1843 bis 1861 Kappellmeister in Weimar. Einen "Europäer in Weimar" nennt ihn die Ausstellung der Klassik Stiftung Weimar. Eine Ortsbegehung im Schillermuseum und im Schloss-Museum.

Von Claus Fischer | 24.06.2011
    Eine überdimensionale Landkarte empfängt die Besucher, sie zeigt Europa in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Mehr als 100 Städte sind durch blaue Kreise markiert, Lissabon die westlichste, Konstantinopel, das heutigen Istanbul, die östlichste. Überall ist Franz Liszt gewesen, zu einer Zeit, in der das Reisen für weite Kreise der europäischen Bevölkerung noch absolut nicht alltäglich war ...

    Aus den zahlreichen Kreisen der Landkarte ragt einer optisch hervor, er markiert natürlich Weimar, wo Liszt nach seiner exzessiven Reisetätigkeit zumindest zeitweise einen Ruhepunkt fand, und wo er ab November 1842 Hofkapellmeister war. Die Schau, so betont Detlev Altenburg, einer beiden Kuratoren, zeichnet das Bild eines Künstlers ...

    "…der durch ganz Europa zieht, überall seine Anregungen aufsammelt und in Weimar dann versucht, das alles in ein großes Konzept zu bringen. Das ist eigentlich unser Anliegen, das einem breiten Publikum nahezubringen, und dabei insbesondere auch musikalisch nachvollziehbar werden zu lassen, woher Franz Liszt seine Anregungen zieht."

    Auf einem weißen Band am Fußboden, versehen mit stilisierten Postkutschen, können die Besucher die wichtigsten biografischen Stationen Liszts abschreiten. Man erfährt, dass er in seinem Geburtsort Reiding, der damals im ungarischen Teil der KuK-Monarchie lag und heute zu Österreich gehört, bei seinem Vater ersten Klavierunterricht bekam, dass er in Paris seine ersten Kompositionen veröffentlichte und dass er dann schließlich, so Kurator Detlev Altenburg, zum reisenden Virtuosen mutierte. Durch seine Auftritte versetzte er ein mehrheitlich weibliches Publikum in Begeisterung, ja zuweilen sogar in Ekstase.

    "Also das was an Faszination ausgeht, schlägt sich nieder in einer regelrechten Fankultur. Schon 1826 vertreibt man im Umfeld seiner Konzerte lithografierte Porträts."

    Neben diesem "Vorläufer der Autogrammkarte" sind zahlreiche weitere Liszt-Devotionalien und sogar auch - in Anführungszeichen - Reliquien zu sehen, betont die zweite Kuratorin der Thüringer Landesausstellung Evelyn Liebsch:

    "Tassen mit dem Porträt Franz Liszts, mal am Klavier, mal ohne, die verschiedensten Büsten und Medaillons, kleine Statuetten in verschiedenen Formen - oft weiß man den Künstler gar nicht. Haare von Liszt natürlich, die von Schüler zu Schüler gereicht wurden, die amerikanischen Schüler sammelten sehr gern Liszts Haare und so weiter."

    Herzstück der Schau bilden allerdings Originalhandschriften des Komponisten

    "Wir wollen natürlich besondere Exponate, die wir auch aus dem Ausland holen konnten, zeigen, die man sonst nicht sieht. ZUM BEISPIEL sehen wir hier - gerade in Weimar! - die Faust-Sinfonie, die ja in Budapest aufbewahrt wird in der Nationalbibliothek im Autograf, wir sehen aus Berlin die Dante-Sinfonie Autograf in Liszts eigener Handschrift."

    Dass eine "Landesausstellung" nicht nur musikalische Fachleute im Blick hat, liegt in der Natur der Sache. So werden die Exponate ergänzt durch die Präsentation von rund 20 Tasteninstrumenten des 19. Jahrhunderts. Die Besucher können während des Betrachtens auch deren Klang an Hörstationen erleben. Besonders interessant, so Kuratorin Evelyn Liebsch, ist ein Flügel der französischen Firma Boisseleau.

    "Den möchte ich deshalb hervorheben, weil es das Arbeitsinstrument, das Komponierinstrument Franz Liszts war. Das war lange nicht zu sehen, war im Magazin der Klassikstiftung und wir wollten es wieder spielbar machen."

    Doch das ist aus Sicht der Experten leider derzeit nicht möglich. Evelyn Liebsch:

    "Daraufhin ist der Gedanke entstanden, einen Nachbau produzieren zu lassen. Und dieser Nachbau, der von einem amerikanischen Klavierbauer in Tschechien hergestellt wurde, der steht jetzt neben dem originalen restaurierten Instrument. Und der Nachbau wird in unseren Führungen und Konzerten erklingen."

    So wird das Liszt-Erlebnis auch für musikalische Laien zum Genuss.