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''Frisch vom Markt'' im Oktober:

''Ich hätte gerne einen Kürbis, für eine schöne Kürbissuppe."

Carolin Hoffrogge |
    ''Da empfehle ich ihnen doch den roten Delicius hier, der hat gleich einen schönen Sahnegeschmack dazu."

    Kundin Grete Grobstieg steht vor dem riesigen Berg Kürbisse, den Marktfrau Marion Marzett liebevoll auf Strohballen aufgetürmt hat. Knallig rote, leuchtend orangene, zart eige, hell gelbe:

    "Wir haben die Gartenkürbisse, zu denen gehören auch die Halloween-Kürbisse und der gelbe Zentner, den fast jeder im Garten hat und auch noch kennt. Dann haben wir den roten Zentner oder auch rouge vive de tempt, der ist aus einem Vorort von Paris. Dann haben wir noch die grauen und die blauen aus Australien, Neuseeland, das ist der Queensland Blue, der sieht aus wie ein Gugelhupf. Dann den Hubbard aus Nordamerika, den gibt es gewarzt und ungewarzt. Dann haben wir die Bananenförmigen, sind halt sehr beliebt in Kalifornien. Die wachsen in Gladebeck, kann man wunderbar besichtigen, paar liegen noch auf dem Feld."

    Landwirtin Marion Marzett zieht 2000 Kürbisse auf den Feldern in Gladebeck im Landkreis Northeim. In den vergangenen Jahren hat sie sich in den Kürbis verliebt: in die Vielfalt des Geschmacks, in die Variationen bei Form und Farbe. Schließlich gibt es weltweit mehrere Hundert Kürbissorten. Denn schon 4000 bis 9000 vor Christus bauten die Indianer in Mexiko die Frucht an. Damit gehört der Kürbis zur ältesten Kulturpflanze der Welt, weiß Dr. Brigitte Fiebig, Leiterin des Neuen Botanischen Gartens in Göttingen:

    "Der Kürbis wurde ja schon von den Indianern züchterisch bearbeitet, also die Spanier haben keine Wildpflanze Kürbis mit nach Europa gebracht, sondern gezüchtete Sorten und der Mensch ist ja bekanntlich sehr an Größe interessiert. Es wurde schon immer nach Größe selektiert."

    Besonders die nordamerikanischen Züchter lieben die Größe. So haben sie die Sorte Dill`s American Giant schon bis zu sage und schreibe 500 Kilogramm schwer gezüchtet. Diesen Riesenkürbis ernten sie mit einem Frontlader. Dagegen wächst der Hokaido Kürbis aus Japan eher klein und zierlich. Handballgroß ist er mit seiner dunkelorangenen, glatten Schale eine Augenweide. Im Geschmack ist der Hokaido kräftig nussig, lässt sich deftig als Kürbisschnitzel oder süß als Kürbismarmelade zubereiten. Als einer der wenigen Kürbisse kann man beim Hokaido die Schale gleich mitessen. Also kein lästiges Schälen. Aber er lässt sich auch anders zubereiten, schwärmt der Göttinger Johannes Pritz:

    "Wir höhlen den aus und benutzen das Gehäuse als Topf und kochen da mit viel Sahne Kürbissupppe drin. Man muss zwar aufpassen, dass es nicht ausläuft und genug Wand stehen lassen. Schmeckt gut und ist schön auf dem Tisch anzusehen. Da nehmen wir Hokaido, der schmeckt am Besten. Käse kommt da rein und Sahne hauptsächlich und ein bisschen würzen. Sonst nichts."

    Ältere Menschen kennen den Kürbis noch aus der Nachkriegszeit, süßsauer eingelegt, das war die klassische Zubereitung, so Brigitte Fiebig. Aber der Kürbis bietet ihr als Frucht einfach alles, hat sie sogar schon mal Kürbiswein gekeltert. Außerdem backt die Mittvierzigerin jetzt im Herbst Kürbisbrot und Kürbiskuchen. Sogar eine Kürbislasagne schmeckt. Das Schöne dabei, so Botanikerin Fiebig, der Kürbis ist unglaublich gesund. Mit seinem hohen Anteil an Carotinoiden fängt er freie Radikale im Körper ab, schützt somit vor Lungen- und Gebärmutterkrebs, aber auch vor Tumoren im Verdauungstrakt:
    "Er hat viel Vitamin A, vor allem die dunklen gelben haben sehr viel Vitamin A, aber auch Vitamin E ist sehr viel vorhanden, und beides stärkt das Immunsystem. Darüber hinaus gibt es noch Vitamin C und B, immerhin mit 12 mg pro 100 Gramm ganz gut vertreten und er ist sehr Mineralien reich, also Kalium allen voran mit 380 mg von daher sehr gesund. Er hat auch Ballaststoffe, also fördert die Verdauung und ist dabei fettarm. Neben dem Kürbisfleisch, was sehr gesund ist, sind ja auch die Kürbiskerne sehr gesund. Die positive gesundheitliche Wirkung erstreckt sich hauptsächlich auf Blase oder bei den Männern auf die Prostata."

    Soviel Gesundheit für sowenig Geld. Bei Marktfrau Marion Marzett kostet das Kilo Kürbis – je nach Sorte - zwischen 50 Cent und 1 Euro. Damit erzielt sie den durchschnittlichen Verkaufspreis für Kürbisse. Erst seit 2 Jahren erfasst die Zentrale Markt- und Preisberichtstelle, ZMP in Bonn, die Speisekürbisse. Bis jetzt ist ihr Anteil am gesamten Gemüsemarkt mit 0,3 Prozent Umsatz noch sehr gering. Dabei hat der plattrunde, hellorangene Gelbe Zentner auf dem Deutschen Kürbismarkt die größte Bedeutung. Er kann bis zu 50 Kilogramm schwer werden und einen Meter Durchmesser erreichen. Die Obst und Gemüse- Absatzgenossenschaft Bruchsal in Baden-Württemberg vermarktet 850 Tonnen Gelben Zentner im Jahr. Darin enthalten sind auch die Mengen für die verarbeitende Industrie, die aus ihm süß saure Konserven einlegt. Um nicht nur den Gelben Zentner in Deutschland küchenfähig zu machen, lässt sich Marion Marzett aus aller Welt Samen mitbringen oder schicken. Diese Sorten baut sie dann auf ihren Feldern in Gladebeck an:

    "Ein Fahrer von einem Obst- und Gemüsegroßhandel, der kommt aus Marokko, der Achmed, der bringt mir einen mit. Also von manchen Sachen, die besonders sind, kriegt man schwer Samen, da muss man eben zusehen, dass man Leute kennenlernt, die einem mal was mitbringen. So möchte ich noch einen Faton aus Thailand, in Gladebeck gibt es einen, der ist mit einer Thailänderin verheiratet, die hat mir schon Koriander mitgebracht, dann soll sie mir auch so `n Kürbis mitbringen, das muss ich bloß erst verständlich machen. Aus Kasachstan haben wir auch schon Samen und aus Polen muss auch noch welcher dazukommen. Kürbisse braucht man nicht importieren, die wachsen hier.