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Früh übt sich

Mit 16 das Abitur, mit 18 den Studienabschluss und mit 22 den Doktortitel, das können hochbegabte Schüler in einem sogenannten Frühstudium erreichen. 51 Universitäten und 28 Fachhochschulen bieten diese Ausbildung inzwischen an.

Von Susanne Lettenbauer | 17.03.2010
    Das Frühstudium braucht mehr Öffentlichkeit, mus bekannter gemacht werden, so lautete die Forderung von Bayerns Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch heute Morgen auf dem Münchner Symposiums zum Frühstudium. Längst überfällig sei ein größeres Augenmerk auf die Förderung von Hochbegabten. Der Notendurchschnitt liege derzeit nicht 1,0, sondern bei 1,77, so Johannes Schlarb von der Telekomstiftung, die mit 500 000 Euro für Fahrtkosten, Infomaterialien und Betreuungen Frühstudierende in Deutschland unterstützt. Harsche Kritik übte Ulrich Halbritter von der Uni Köln vor allem an den Schulen. Noch immer würden gerade Schulleiter ein Frühstudium ihrer Schüler blockieren:

    "Da sind solche Widerstände, die sind sehr privater Natur, nach dem Motto, das konnte ich früher auch noch, oder meine Kinder können das auch nicht, oder auch noch schlimmer, ich brauche den Schüler in meinem Unterricht, sonst geht es nicht weiter."

    Die Schüler seien abgelenkt von der Schule, lautet ein weiterer Kritikpunkt. Außerdem bedeute es einen nicht leistbaren Mehraufwand für die Klassenlehrer. Alles Ausreden meint Halbritter. Die Verantwortung werde vor allem den Schülern überlassen. Er fordert die Schulen deshalb zu mehr Flexibilität auf:

    "Es ist kein Aufwand, das muss man ganz eindeutig sagen. Die Schüler gehen ja einfach nur aus der Klasse und sind dann nicht da. Für die Schule ist es die grundsätzliche Erwägung, lassen wir den Schüler raus oder nicht. Die Notenfindung kann schwieriger werden, denn wenn sie nicht im Unterricht sind, muss man sie trotzdem benoten, aber wir wollen ja nur diejenigen, bei denen das kein Problem ist. Das ist mehr ein Vorwand mit der Arbeit die die Leute machen."

    Dass sich das Frühstudium steigender Beliebtheit bei den Schülern erfreut, wie Ulrich Halbritter feststellt, kann Eva Stumpf von der Uni Würzburg nur bestätigen. In ihrer Studie über die bislang 260 Frühstudierenden in Würzburg, die überwiegend aus der Umgebung stammen, gibt es nahezu keine Studienabbrecher:

    "Also ich halte die Gefahr, Jugendliche mit dem Frühstudium zu überfordern für sehr gering. Sie bleiben ja in ihren Familien, die Eltern behalten einen Blick auf sie und außerdem kann man ja jederzeit aufhören, wenn es mir zu viel wird, kann ich entscheiden, ich gehe morgen nicht mehr hin."

    Doch wer ist geeignet für ein Frühstudium? Bei dieser Frage scheiden sich die Geister. Die Studie von Eva Stumpf zeigt:

    "Da sieht man interessanterweise, dass für die Fortsetzung nach dem ersten Semester die Zeugnisnoten eine wichtige Rolle spielen, aber für langfristige Erfolge spielen die intellektuellen Fähigkeiten eine wichtigere Rolle."

    Sylke Wyschnevski, die Leiterin des Otto-von-Taube-Gymnasiums Gauting hat keine Probleme mit ihren Frühstudierenden. Seit sieben Jahren gibt es einen Hochbegabtenzweig in Gauting und seit diesem Schuljahr in Zusammenarbeit mit der TU München ein eigenes TUM-Kolleg für Schüler aus den zehnten Klassen. Sieben Jungen und sieben Mädchen studieren in diesem Kolleg jeden Montag an der TU München. Probleme bei den Mitschülern gebe es nicht. Problematisch sei eher, dass ihre Schule bislang die einzige in der Nähe von München sei, die ihre Schüler auf diese Weise fördert.

    "Was ich gut fände,wäre, wenn es kein singuläres Teil wäre, sondern eine avantgardistische Funktion. Wir testen das jetzt mal aus. Ich denke schon, wenn wir das gymnasiale Profil stärken wollen, dann müssen wir die Gymnasien wieder enger an die Hochschulen bringen. Die substanzielle Unterstützung vom Kultusministerium haben wir aber, auf jeden Fall."