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Fünf Jahre nach Opel-Aus
"Wir sind eine Ermöglicherstadt"

Nach monatelangen Streiks und Protesten stellte Opel Ende 2014 die Autoproduktion in Bochum ein. Rund 6.000 Arbeitsplätze gingen verloren. Doch kurz danach eröffneten sich neue Perspektiven. DHL siedelte sich auf dem Gelände an, andere folgten - und das lag auch am Engagement der Stadtverwaltung.

Von Vivien Leue | 16.07.2019
Das Opel-Werk in Bochum wird endgültig geschlossen.
Die dunklen Wolken über dem ehemaligen Opel-Gelände haben sich mittlerweile verzogen (dpa/picture alliance/Bernd Thissen)
"Wir schauen jetzt auf DHL. DHL war unser erster Investor, der hier auf der Hauptfläche das erste Grundstück gekauft hat."
Jürgen Schauer zeigt aus dem Fenster im fünften Stock des ehemaligen Opel-Verwaltungsgebäudes in Bochum auf ein weitläufiges Gelände. Dieser denkmalgeschützte Verwaltungsbau ist eines der wenigen Gebäude, die hier - auf dem ehemaligen Opel-Produktionsgelände - noch an den Autobauer erinnern.
"Es war für uns wesentlich, dass DHL das so früh gemacht hat, das war auch signalgebend für andere Investoren."
Der Sprecher der "Perspektive Bochum 2022", der Gesellschaft, die dieses Gelände aktuell managt und entwickelt, sagt das nicht ohne Stolz. Schon Mitte 2015, nur wenige Monate nachdem in Bochum die letzten Autos produziert wurden, unterschrieb DHL den Kaufvertrag für diese Teilfläche des Geländes. Mittlerweile steht hier nun das Gebäude für ein hochmodernes Paketzentrum. Zurzeit wird die Technik eingebaut.
Im kommenden Jahr soll die Anlage an den Start gehen, mit bis zu 700 Beschäftigten. Hinzu kommen noch einmal ähnlich viele Menschen in anderen neu angesiedelten Betrieben und Institutionen, erklärt Rolf Heyer, Geschäftsführer der "Bochum Perspektive 2022".
"So dass wir im Sommer nächsten Jahres schon davon ausgehen können, dass wir zwischen 1.500, 1.600 Arbeitsplätze auf dem Gelände haben werden."
Trauerarbeit der Stadtgesellschaft
Es sind noch nicht so viele wie damals bei Opel, aber trotzdem ist Heyer zufrieden, denn das sei ja erst der Anfang. Der Städteplaner sitzt etwa zehn Autominuten vom ehemaligen Opel-Gelände entfernt in einem Büro in der Bochumer Innenstadt.
"Als nach Nokia auch Opel sagte: Ich mache zu, war das schon eine depressive Stimmung, und es musste sowas wie Trauerarbeit auch von einer Stadtgesellschaft geleistet werden."
Etwa 6.000 Arbeitsplätze fielen allein durch Opel damals weg. Rolf Heyer und sein Team haben es allerdings schnell geschafft, die Stimmung zu wenden:
"Also von diesem Bedauern: Da geht einer, hin zum: Oh, das kann ja auch eine Chance sein."
In einem ersten Schritt wurde das Gebiet umbenannt. Es heißt jetzt Mark 51°7, in Anlehnung an die geografischen Koordinaten der Fläche. Und es soll, anders als bisher, kein geschlossenes Betriebsgelände mehr sein, sondern offen zugänglich.
"Wir werden die 70 Hektar, die wir auf Mark 51°7 haben, auch nicht wieder zu 97 Prozent versiegeln. Fast 40 Prozent der Fläche werden Grünfläche werden. Aber es wird natürlich auch darum gehen, dass Sie bestimmte Infrastrukturen auf dem Gelände haben. Das reicht vom Fitnessstudio, zum Bolzplatz, eine Betriebskindertagesstätte."
Vielfältige Arbeitsplatzchancen
Neben DHL werden sich Unternehmen aus dem Dienstleistungsbereich, dem Handel, der Produktion und der Forschung hier ansiedeln. Auch die Ruhr-Uni-Bochum will auf dem Gelände präsent sein.
"Was wir an Arbeitsplätzen erwarten, das reicht von den Menschen, die bei DHL an der Sortieranlage stehen, bis zu Forschern im Max-Planck-Institut, die Weltniveau haben."
Dass sich das Gelände so gut und relativ schnell entwickelt, liegt laut Heyer unter anderem daran, dass die gesamte Stadtspitze diese Entwicklung mitträgt.
"Dazu gehört auch, dass die Bauanträge zügig bearbeitet werden. Die Stadtverwaltung insgesamt ist so, dass sie sagt: Wir sind eine Ermöglicherstadt. Das spüren die Investoren."
Einer dieser Investoren ist Norbert Hermanns, Geschäftsführer des Aachener Projektentwicklers Landmarken AG.
"Diese Aktivität ist ein Symbol eigentlich, wie das Ruhrgebiet heute mit sich umgeht. Man packt die Dinge an, und man will einfach was in Bewegung setzen."
Die Landmarken AG hat unter anderem das ehemalige Opel-Verwaltungsgebäude gekauft, außerdem noch weitere Flächen auf dem Gelände. Das Unternehmen vermietet die neuen Gewerbeeinheiten, unter anderem an die Ruhr-Uni oder den Onlinehändler Babymarkt.de.
"Es ist alles auch nicht nur einfach. Die Herausforderungen im Ruhrgebiet sind schon erheblich. Aber ich glaube, das Wichtigste ist, dass man nach vorne schreitet."