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Für bessere Chancen am Arbeitsmarkt

Das abgeschlossene Hochschulstudium von Migranten wird in Deutschland so gut wie nie anerkannt. Das wollen die beiden Universitäten Duisburg/Essen und Regensburg nun ändern. Zugewanderte Akademiker können sich dort im Rahmen eines Pilotprojekts in kürzester Zeit weiterqualifizieren.

Von Stephanie Kowalewski |
    "Es gibt eine Studie die besagt, dass wir in Deutschland ungefähr 500.000 Menschen mit Migrationshintergrund haben, die über einen Hochschulabschluss verfügen. Die arbeiten aber nicht in akademischen Berufen, weil ihre Abschlüsse hier nicht anerkannt werden."

    Die meisten von ihnen, sagt Wolfgang Rohe, Leiter des Kompetenzzentrums Wissenschaft an der Stiftung Mercator, sind deshalb unterqualifiziert beschäftigt oder sogar arbeitslos. Auch Ruta Peci hat durch ihre Zuwanderung nach Deutschland den beruflichen Absturz erlebt.

    "Ich komme aus einer akademischen Familie. Ich habe in Littauen einen Status gehabt. Und als ich nach hier gekommen bin, ich war nix."

    Die 39-Jährige hat in Litauen ihren Bachelor in Business Administration gemacht, kam vor 15 Jahren als Au-Pair ins Ruhrgebiet um Deutsch zu lernen und den Master zu machen. Doch ihr Abschluss wurde hier nicht anerkannt und ein komplett neues Studium konnte sie sich nicht leisten. Eine seit Jahrzehnten herrschende Bildungsungerechtigkeit sei das, urteilt Ute Klammer, Prorektorin der Universität Duisburg/Essen.

    "Damit mißachten wir diese Migranten und gleichzeitig nutzen wir ihre Qualifikation auch nicht für den Fachkräftemangel, der ja eigentlich in aller Munde ist."

    Um das zu ändern entwickelte sie gemeinsam mit Kollegen der Uni Regensburg das Pilotprojekt ProSalamander. Der Name steht für:
    Programm zur Stärkung ausländischer Akademiker/-innen durch Nachqualifizierung an den Universitäten Duisburg-Essen und Regensburg.

    Ein Programm, in dem Akademikerinnen wie Rossana Szalaty so nachqualifiziert werden, dass sie in bestenfalls drei Semestern einen deutschen Hochschulabschluss machen können. Die 37-jährige Brasilianerin kam vor sechs Jahren nach Deutschland.

    "Der Liebe wegen. Mein Mann ist Deutscher. Und ich habe alles hinter mir gelassen und bin nach Deutschland ausgewandert."

    Rossana Szalaty ist Rechtsanwältin, hat in Brasilien sechs Jahre in einer Bank gearbeitet, sie zum Schluss geleitet. In Deutschland fand sie aber weder einen Job als Juristin, ihr Abschluss zählt hier nämlich nichts, noch wollte irgendeine Bank sie einstellen. Letztlich arbeitete sie mehr als vier Jahre an einer Supermarktkasse, bis sie jetzt die Zusage für ProSalamander bekam.

    "Ich möchte gerne mein berufliches Leben hier aufbauen. Ich habe kein Problem, wieder klein anzufangen, aber ich muss auch offene Türen finden, Leute, die bereits sind, mir eine Chance zu geben."

    ProSalamander ist ihre große Chance sagt sie strahlend, nun endgültig in Deutschland, ihrer neuen Heimat, anzukommen. So wie sie sehen das wohl alle 25 Teilnehmer, die in der ersten Projektphase nun an den Unis Duisburg-Essen und Regensburg ihr Studium aufgenommen haben. Dazu wurde zunächst bei jedem geschaut, welche Leistungen aus dem Studium im Heimatland anerkannt werden können. Neben der fachlichen Nachqualifizierung, bekommen die Teilnehmer, die zwischen 24 und 49 Jahre alt sind, auch Hilfe beim Erlernen der jeweiligen deutschen Fachsprache und bei ersten Kontakten mit potentiellen Arbeitgebern.

    "Es ist sehr aufwändig und das kann auch nur rechtfertigt werden, weil dieses Projekt einen Pilotcharackter hat."

    Räumt die Prorektorin der Uni Dusiburg-Essen, Ute Klammer, ein.

    "Wir wollen auch an die Politik stärker herantreten, hier weitere Anerkennungsverfahren zu entwickeln und wir hoffen hier auch Erkenntnisse zu gewinnnen, die wir später auch anderen Universitäten zur Verfügung stellen können."

    Das alles ist Neuland für die Unis. Und es ist teuer. Deshalb unterstützt die Stiftung Mercator das Projekt in den kommenden vier Jahren mit 2,5 Millionen Euro. Davon werden zum Beispiel an der Uni Duisburg/Essen fünf halbe Stellen bezahlt. Außerdem erhält jeder Teilnehmer bis zu 800 Euro monatlich, betont Wolfgang Rohe von der Stiftung Mercator.

    "Man muss Stipendien geben, weil die Leute sich sonst in aller Regel das notwendige Studium dann gar nicht leisten könnten."

    Stimmt, sagen auch die beiden Stipendiatinnen Ruta Peci und Rossana Szalaty. Doch noch wichtiger als das Geld sei die Unterstützung durch die Hochschulmitarbeiter.

    "Hier in Deutschland, berufliches ich musste immer alleine kämpfen. Und jetzt bin ich nicht mehr alleine. Und das ist sehr schön./ Die Hauptsache für mich war diese ganze Betreuung, weil hier ist alles mir zu groß. Ich fühle mich an der Uni hier wie ein Kind. Aber diese große Unterstützung von dem Team ist total schön. Und jetzt sehe ich echt ein ganz kleines Licht am Ende des Tunnels."